PR TB 156 Der Löwe Von Akkad
Krieger mit
Wurflanzen, Bögen, kleinen Schilden und ledernen Panzern eine
Treppe. Die Männer blickten starr an uns vorbei, als wir
weitergingen. Es roch nach Myrrhe. Die letzte Stufe brachte uns auf
den Boden eines rechteckigen Saales, der einen glänzend
polierten Steinboden hatte, aus dem vier Reihen von Granitsäulen
wuchsen. Sie waren mit leuchtenden Glasurkacheln bedeckt, auf denen
sich Krieger, Löwen, Fabelwesen und blumenumrankte
Früchte abzeichneten. An den Wänden der Halle, vor den
schweren Vorhängen, standen steinerne Würfel mit Kissen
darauf und Löwenfellen. An den Säulen sahen wir die
Halterungen für Fackeln.
„Hierher, Attalan-shar!" sagte die Stimme, die so
bestimmend war wie ihr Besitzer. Ich wandte den Kopf. Die Rückwand
der Halle vor dem riesigen Band aus Elektrum, Gold und
Halbedelsteinen war in drei Absätzen erhöht. Die unterste
Plattform war die größte. Sie bestand aus Basaltquadem,
die wie Glas poliert waren. Darauf, etwas kleiner, eine Plattform aus
unbekanntem Kalkgestein. Die letzte Ebene bestand aus einem
unbekannten roten Gestein. Darauf stand ein prunkvoller Sessel, Holz,
Leder, Felle und kostbare Intarsienarbeit schmückten den
Steinklotz. Auf ausgebreiteten Fellen, die wie ein Wasserfall vom
Sessel auf die Steine und bis fast zu meinen Füßen fielen,
saß Sharrukin. Neben ihm, auf einem anderen Sessel, hatte
Kar-shattar Platz genommen. Sie saß unbeweglich da, wie eine
Statue.
„Du bist Attalan-shar? Und das ist dein mutiger Freund
Rhai-ghur?" fragte Sharrukin. Ich nickte und merkte, daß
an allen möglichen Stellen hinter Säulen oder Torbögen
Diener oder Sklaven standen und warteten.
„So ist es, Herrscher", sagte ich. „Du hast
gerufen, wir sind da."
Er sprach, als müsse er lange nachdenken, ehe er seine
Gedanken formuliert hatte.
„Das große und ruhmreiche Land Akkad hat viele
Bewohner. Es hat ungeheure Reichtümer und Schätze. Seit ich
herrsche, arbeiten alle Menschen und zahlen mir Tribut. Es hat viele
Städte, eine schöner als die anderen. An den Grenzen
herrscht Ruhe. Aber Akkad hat wenige Männer, die anführen
können. Wenige, die mitreißen und planen können, die
mich nicht zu betrügen versuchen. Ihr seid Semiten?"
„Nein, Geliebter der Ishtar und anderer Frauen",
erklärte Rhai-ghur im Tonfall glaubhafter Unterwürfigkeit.
„Wir kommen von weither. Aus einem Land jenseits der
Silberberge. Keine deiner bewaffneten Karawanen war jemals dort. Aber
du weißt, daß wir alle Sitten des Landes kennen,
einschließlich der Nomadensitten, eine Karawane zu überfallen."
Lauernd blickte mich Sharrukin an, aber wir fühlten deutlich,
daß er wenige Freunde hatte. Echte, unabhängige Freunde,
die ihn nicht hofierten.
„Kar-shattar sagt, du bist Arzt, ein teuflisch guter
Kämpfer, und du kannst eine Stadt bauen? Sie sagt, du kannst
alles?"
Ich schüttelte den Kopf und entgegnete ruhig:
„Nein. Ich kann nicht alles. Ich kann viel. Die Große
Göttin Ishtar schenkte dir ihre Gunst. Zusammen mit deinem
Auftrag, meinen Plänen, vielem Geld und der Arbeitskraft von
Zehntausenden wird es gelingen, eine Stadt zu errichten. Ihr Glanz
wird den der anderen Städte überstrahlen wie das Licht von
Schamasch!"
„Du hast schon solche Arbeiten ausgeführt,
Attalan-shar?"
Ich dachte an das Theben der weißen Tempel am Nil und an
Uruk, unweit von hier, aber in einer anderen Zeit.
„Ich baute zwei Städte für Könige, die du
nicht kennst. Es wurden Orte der Schönheit, die den Namen und
die Macht des Herrschers über Grenzen und Zeit hinweg
verkünden."
„Willst du meine Stadt bauen? Sie soll Akkade heißen,
und sie soll schöner werden als Babylon!"
„Ich will. Aber wir werden lange sprechen und viele Pläne
machen müssen, Herrscher!" sagte ich. „Und ich
wiederum brauche Männer, die Brücken, Häuser und
Stadtmauern bauen können und schon viele davon gebaut haben!"
„Es gibt sie im Land Akkad. Ich werde sie dir schicken. Was
verlangst du für deine Dienste?"
Er sprach mit herrscherlicher Würde. Ein Wink von ihm konnte
unser Leben kosten. Aber hinter der strahlenden, dunklen Fassade
schien ein furchtsamer Mann zu kauern. Ein Androide mit Skrupeln?
„Ich muß alle die Rechte haben, die du hättest,
wenn du dein eigener königlicher Baumeister wärst. Ich
brauche keine Bezahlung, denn ich bin reich genug, um leben, Sklaven
zu kaufen und Diener bezahlen zu können. Dasselbe gilt für
Rhai-ghur. Ich will eines, und es hängt von dir ab, ob du
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