PR TB 156 Der Löwe Von Akkad
Baumreihen hindurch, auf das weit offene Tor zu. Arbeiter und
Soldaten sahen uns kommen und sprangen schreiend zur Seite. Die
Tortürme mit den farbigen Siegesdarstellungen. Hindurch. Dann
klapperten die Hufe auf der Prunkstraße. Hier arbeiteten,
standen und redeten viele Stadtbewohner. Sklavinnen ließen ihre
Lasten fallen, Männer fluchten, aber es bildete sich eine Gasse
vor den drei Halbeseln, die mit aufgerissenen Mäulem,
hochgeworfenen Köpfen, gequält schreiend und rollenden
Augen heranstürmten. Nomadon lenkte das Gespann geradeaus und
auf die langen Stufen des Palasts zu. Ich sah, was er vorhatte, zog
meinen Dolch und schnitt den Gurt durch, der mich festhielt. Der
Wagen vor uns fuhr in einem aberwitzigen Zickzack zwischen den Bäumen
hindurch, rammte ein paar Stützstangen um, schnitt tiefe Rillen
in die Grasnarbe und scheuerte dann mit der linken Felge an den
behauenen Steinblöcken der untersten Stufe entlang. Kreischend,
nach einem sprühenden Funkenregen, kam er zum Stillstand, als
Nomadon brutal an dem Zügel riß und die drei Tiere sich
auf ihre Hinterhand setzten und die Vorderfüße
einstemmten. Mit einem weiten Sprung hechtete Nomadon aus dem Wagen
und begann, die Stufen aufwärts zu hetzen.
Er trägt am rechten Arm dein Dolchband! schrie das Extrahim.
Ich packte mein Kampfbeil und sprang aus dem Wagen. Von allen
Seiten rannten Soldaten auf uns zu. Sie würden sich um den
Lenker kümmern. Ich holte Luft und sprang die Treppen aufwärts.
Ich war der Verfolger, und Nomadon wußte, daß er um sein
Leben rannte. Ich spannte meine Muskeln und schleuderte mich förmlich
die vielen hellen Stufen aufwärts. Vierzehn Stufen über mir
verschwand Nomadon keuchend zwischen zwei der schwarzen, glänzenden
Säulen der Kolonnaden vor dem Palast.
„Du willst zu Sharrukin!" knurrte ich. Jetzt fühlte
ich nichts anderes mehr als abgrundtiefen Haß. Was immer aus
diesem Abenteuer kommen würde, es war mir gleichgültig. Ich
hatte Sharrukin gewarnt, mehrmals sogar. Ich wußte nicht, warum
er angeordnet hatte, daß Nomadon mich ermorden sollte. Jetzt
erreichte ich die Säulen und sah, wie sich, abermals mit
etwas Vorsprung, Nomadon an den Palastwachen vorbeischwang, einem
der vier Männer das Kampfbeil aus den Armen riß und
weiterrannte. Abermals waren Treppenstufen vor uns.
„Zur Seite! Er will Sharrukin ermorden!" schrie ich und
rannte zwischen ihnen trepp aufwärts. Nomadon schlug den Weg zum
Thronsaal ein. Eine schwere, von oben bis unten verzierte
Zedemholztür, die er aufriß, hielt ihn auf, aber er war zu
schnell. Ich sprang ihn an, als er die Tür zuschlagen wollte;
ihr Gewicht war zu groß. Mein Schlag ging ins Metall, die Tür
dröhnte auf. Dann rannte er weiter, auf dem polierten Stein
rutschend. Ich holte auf und hatte ihn fast erreicht, als die
schweren Vorhänge jenseits der zierlichen Säulen der
Vorhalle sich im Luftzug bauschten.
„Bleib stehen, du Feigling aus den Bergen!" keuchte
ich. Er schlüpfte unter dem Vorhang durch. Ich warf mich zu
Boden, zog die Knie an und rutschte an einer anderen Stelle über
den spiegelglatten Boden. Die Schneide der Axt riß knirschend
einen mannslangen Kratzer in den Stein. Ich war augenblicklich auf
den Beinen und griff an.
„Sharrukin!" schrie Nomadon auf. Der Schrei hallte
durch den riesigen, leeren Saal. Aber er hob das Beil und kam auf
mich zu.
„Du Dieb!" schrie ich, parierte seinen Schlag mit der
Schneide, wirbelte das Beil herum und führte einen waagerechten
Hieb. Er krümmte sich nach vom und sprang gleichzeitig nach
hinten. Zwei Fingerbreit vor seinem Magen schnitt die Doppelklinge
durch die Luft. Ich nutzte den Schwung aus und ließ mich von
der Waffe zur Seite ziehen, sprang wieder vor und legte meine ganze
Kraft in den rechten Arm. Die Waffe war schwer, aber ich versuchte,
sie wie einen Knüppel zu führen. Ich hämmerte mit
kurzen Kreuzschläge auf ihn ein, von oben nach unten und wieder
aufwärts. Er ging rückwärts und mußte die
Schläge abwehren. Ich dachte einen Moment lang an den
Lähmungsdolch, aber meine Wut war zu groß. Ich wollte
Nomadon totschlagen.
„Wo hast du meine Löwin, du Schakal?" fragte ich.
Er lachte keuchend auf und schrie mir ins Gesicht:
„Ich habe ihr befohlen, in den Fluß zu springen - bei
Hochwasser!"
Ich trieb ihn rückwärts durch den Saal. Irgendwo hörte
ich, halb im Unbewußten, laute Stimmen und hallende Schritte.
Die Plattformen des Throns kamen näher. Ich würde ihn hier
abschlachten, auf den
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