PR TB 157 Der Mann Aus Dem Nichts
Die Gebäude wurden nicht mehr benutzt, Ihre Fassaden
zerfielen.
Aus einer Seitenstraße kam ein helles Summen. Sanssouq blieb
stehen und blickte sich um. Ein Gleiter, Baujahr 3450, schoß
aus einer schmalen Gassehervor und bog mit heulenden Stabilisatoren
auf die Hauptstraße ein. Das altmodische Fahrzeug kam
geradewegs auf Sanssouq zu. Sanssouq wollte ausweichen, aber da hatte
ihn der Fahrer schon bemerkt und betätigte die Bremse.
Unmittelbar neben Sanssouq kam das Gefährt zum Stehen. Das Luk
fuhr nicht mehr selbsttätig auf. Der Fahrer mußte es mit
der Hand in die Höhe stemmen.
„Was hast du hier verloren?" fragte er verwundert.
Sanssouq blickte in ein bärtiges Gesicht, aus dem ein Paar
neugierige blaue Augen leuchteten. Das dunkelblonde Haar war zwar
ungepflegt, aber wenigstens kurz geschnitten. Alles in allem machte
der Selenger keinen unsympathischen Eindruck.
„Ich bin hier zu Besuch", antwortete Sanssouq knapp.
„Besuch?" äffte der Bärtige ihn nach. „Wen
besuchst du, Bruder?"
„Das ist meine Sache. Gibt es hier ein Hotel... oder etwas
Ähnliches?"
Von seiner Schulung her wußte Sanssouq, daß es im
Terra-Getto von Yeti keine Hotels mehr gab. Es bestand kein Bedarf.
Aber es wäre unklug gewesen, diese Kenntnis hier zum Besten
zu geben.
„Hotel?" Der Bärtige lachte. „Mann Gottes
... wo kommst du her? Hast du noch nicht gehört, daß wir
hier alle in einer Art Konzentrationslager leben?"
Sanssouq hielt es für angebracht, sich ein wenig umgänglicher
zu gebärden.
„Ich hatte keine Ahnung", erklärte er und gab
dabei vor, halbwegs entsetzt zu sein.
„Wo kommen Reisende hier unter?"
„Hier gibt es keine Reisenden", sagte der Bärtige
und schüttelte dazu den Kopf.
„Woher kommst du?"
„Von Enverding. Ich heiße Sanssouq."
Der Bärtige streckte die Hand durch das offene Luk.
„Du hast Mut, Sanssouq", bemerkte er anerkennend. „Ich
bin Jen Nimmick."
Sanssouq schüttelte die dargebotene Hand.
„Ich will sehen, ob der Alte Tohopah dich unterbringen
kann", sagte Nimmick.
„Komm, steig ein! Ich bringe dich hin."
Sanssouq warf sein Gepäck in den Wagen und kletterte
hinterher. Die Fahrt ging ein paar hundert Meter die leere Straße
entlang, dann bog Nimmick nach rechts ab. Allmählich zeigten
sich Spuren von Leben. Die Häuser hier waren niedriger und von
Gärten umgeben. Hier befand sich die Wohngegend von Yeti. Die
Leute, die sich auf den stillgelegten Rollsteigen am Straßenrand
bewegten, blieben stehen, wenn sie Nimmicks Fahrzeug sahen, und
winkten ihm zu.
Entweder, schloß Sanssouq, war Nimmick ein stadtbekannter
Mann, oder es hatte sich unter den Bewohnern des Gettos infolge ihrer
Notlage eine besondere Herzlichkeit entwickelt.
Nach ein paar Abzweigungen hielt Jen Nimmick vor einem niedrigen,
langgestreckten Gebäude mit altmodisch kleinen Fenstern.
„Hier sind wir", brummte er. „Warte hier. Ich
will erst sehen, was Tohopah von der Sache hält."
Er stieg aus und verschwand durch eine Tür, die er von Hand
betätigen mußte. Sanssouq drückte sich tief in die
Polster und beobachtete die Leute, die draußen vorbeigingen. Es
hätte ihn
nicht überrascht, niedergeschlagene und mißmutige
Mienen zu sehen. Aber die Menschen waren im Gegenteil guter Laune,
riefen einander quer über die breite Straße Grußworte
zu und benahmen sich, als ob es in ihrem Leben kaum eine Sorge gäbe.
Das macht, überlegte Sanssouq, die Gemeinsamkeit der Not. Er
ertappte sich dabei, daß er diese Leute beneidete. Es ging
ihnen schlechter als ihm. Sie hatten keine Bewegungsfreiheit und
verbrachten ihr Leben als Sklaven. Aber wenigstens waren sie nicht
allein!
Jen Nimmick kam zurück.
„Er will was dafür", knurrte er. „Womit
kannst du zahlen?"
„Ich habe ein paar Solar", offerierte Sanssouq.
Nimmicks Gelächter schallte weit die Straße entlang.
„Damit komme dem Alten Tohopah nicht, Bruder, sonst fährt
er an dieDecke! Mann ... der Solar ist hier keinen halben Atemzug
mehr wert. Wenn du weiter nichts hast, mußt du unten am Strand
schlafen!"
Sanssouq war darauf vorbereitet.
„Springergold ...?" fragte er vorsichtig.
Nimmick zog die Brauen in die Höhe. Auf seinem bärtigen
Gesicht erschien ein Ausdruck der Hochachtung.
„Bruder, damit stehen dir alle Türen offen ..."
sagte er staunend und zog das Luk auf, um Sanssouq beim Ausseigen zu
helfen.
Tohopah war ein uralter Mann mit dem runzligsten Gesicht, das
Sanssouq je gesehen hatte. Er maß kaum mehr als fünf Fuß
hoch,
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