PR TB 165 Nomaden Des Meeres
der
Gebirgsriegel, halt sie in Gubal an. Die Bauern vertreiben sie von
den Feldern, also kommen sie hierher in die Stadt. Dank des Goldes,
das der Pharao schickt, können wir sie verköstigen und
arbeiten lassen. Ihre Söhne werden Häuser in Gubal besitzen
und Kaufleute, Kapitäne und Händler sein.«
»Ich sehe es deutlich«, sagte der Bote, als wir von
Baustelle zu Baustelle weiterfuhren und Siren und ich die Planungen
erläuterten. »Ka-aper wird versuchen müssen, alle
jene zu sammeln, die ein Handwerk beherrschen.«
Ich nickte; dieser Einfall war nicht gerade neu.
»Als ich hierher kam, gab es nur wenige wirklich gute
Fachleute. Inzwischen haben sich aus der gesichtslosen Masse der
Zuwanderer einzelne Talente hervorgetan. Aber erst dann konnte dies
geschehen, als wir genügend Menschen hier hatten, an die
bestimmte Anforderungen gestellt wurden. Inzwischen gibt es
schwächere und stärkere Begabungen. Ka-aper hätte vor
zwei Monden wenig Glück gehabt.«
»Dies denke ich auch, Gaufürst.«
Wir kamen auf das kurze Stück der befestigten Straße
und rasten, immer schneller werdend, zwischen den Türmen des
Landtores hinaus. Überall war Grün, kleine Bäche
rauschten, die teilweise befestigten Bauernhäuser lagen weit
verstreut zwischen Olivenbaumhainen, Feigenbäumen, Zedern,
Tannen und Zypressen. Schafe und Rinder weideten auf den saftigen
Weiden. Wir donnerten auf die Stelle zu, an der die Steinmetze, die
Pechkocher und die Erdschaufler an der Wasserleitung arbeiteten und
am versteckten Auffangbecken.
»Die Aufgabe von Ka-aper wird es auch sein, durch Tausch,
Kauf und Gegenkauf größere Felder zu schaffen«,
schrie ich durch das Klappern von zwölf Hufen und den bronzenen
Felgen.
»Es wird ihn nicht lange aufhalten. Braucht ihr Soldaten?«
Ich wiegte den Kopf.
»Nicht, um Ordnung zu halten. Das schaffen wir selbst ohne
Mühe. Aber sie wurden uns entlasten, weil wir ununterbrochen
Zusammenstöße mit Nomaden haben. Unsere Arbeit wird häufig
unterbrochen und gestört.«
»Ich werde dies notieren und dem Pharao vortragen«,
schrie Neb-Nefer zurück.
Einige Stunden später hatte er alles gesehen, was es zu sehen
gab. Auch ich spürte tief in meinem Innern, daß es wenig
Grund zum
Pessimismus gab. Wir hatten unendlich viel Reserven. Es galt nur,
eine gewisse Gesetzmäßigkeit in alles zu bringen und
Spezialisten herauszubilden.
»Der Pharao hat den Wunsch geäußert, einen Tempel
zu errichten, sobald es möglich ist. Er wird Priester der Isis
senden, wenn du es verlangst.«
Wir fuhren in einem großen Bogen durch bäuerliches
Land, das tiefen Frieden und die satte Ruhe des Wohlstands ausatmete,
zurück zum Landtor.
»Zuerst brauchen wir feste Hauser gegen die Stürme und
die Kälte des Winters. Und wenn alle Leiber versorgt sind,
werden wir für das Ka, die Seele, sorgen. Habt Geduld im
Nilland! Wir sind hier nur ein Spucknapf, verglichen mit Busiris oder
Sakkara!«
Neb-Nefer nickte mir zu.
»Dies scheint auch mir die richtige Reihenfolge zu sein,
Gaufürst!«
Ich machte mir keinerlei Illusionen, denn vom Bericht dieses
unbestechlichen Boten mit seinen scharfen Augen und dem kalten
Verstand, der an Regierungsaufgaben in einem durchorganisierten
Staatswesen geschult war, hing das Wohlwollen des mächtigen
Pharao ab. Solange Gubal nicht aus sich heraus leben konnte, waren
wir auf die Launen Sesostris oder seines Nachfolgers angewiesen. Ein
Befehl dieses Gottkönigs konnte uns vom Erdboden hinwegfegen wie
damals, vor Jahrhunderten, als die Stadt niederbrannte. In zwanzig
Jahren vielleicht war Gubal-Byblos selbständig und reich genug,
um unabhängig zu sein. Ich legte meine Hand auf die Schulter des
Boten.
»Du bist zufrieden mit dem, was deine Augen gesehen haben?«
Er lächelte zurückhaltend und fuhr mit zwei Fingern
mehrmals über seine Hakennase.
»Ich bin es, und Sesostris wird auch zufrieden sein. In
einem Jahr werden wir Byblos oder Gubal nicht wiedererkennen.«
»Das verspreche ich dir!« betonte ich.
Als wir durch die Stadt zurückfuhren, hielt Siren immer
wieder an und schrie zu den Arbeitern, den Handwerkern, den Wirten
und den Mädchen hinunter, daß sie sich alle am Hafen
einfinden sollten. Diese Nacht würde ein Fest gefeiert werden.
Seine Botschaft wurde mit begeistertem Geschrei aufgenommen. Es würde
Braten geben und Wein für alle. Rund fünftausend Menschen
waren hier. Hunderte Feuer, an denen sich junge Schweine, mit Brot
und Gewürzen gefüllte Hammel, allerlei Vögel
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