PR TB 165 Nomaden Des Meeres
und Kupfer, Holzkohle und Wein, Waffen und ausgesuchtes
Saatgut in mit Wachs versiegelten Krügen, Schmuck und
Eisenbarren, Seile aus Tiersehnen, Häute, Wolle und Sklaven,
Handwerker und Soldaten, Schminke und Bahnen gewebter Stoffe, seltene
Vögel in Käfigen, eine zahme Löwin und mehrere
prächtige Zuchthengste - das waren die Dinge, die sie mit sich
führten. Diese und noch einige mehr.
Diese Herrlichkeiten samt den Sklavinnen gehörten
fünfundzwanzig Handelsherren, von denen allein dreiundzwanzig
mitgereist waren.
Einer war unterwegs gestorben, ein anderer lag fiebernd auf einem
Wagen, die anderen zitterten seit einigen Monden um ihren Besitz.
Zwanzigmal waren sie überfallen worden.
Neunzehnmal hatten die Soldaten die Wegelagerer weggetrieben,
getötet, verwundet oder als Sklaven in den Zug eingereiht.
Einmal waren scheuende Pferde, ein Gespann und mehrere junge
Sklavinnen geraubt worden und auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Obwohl niemand wußte, wie weit sie von Gubal entfernt waren -
die Schätzungen gingen von einem Viertelmond bis zu drei Tagen
-, trieb sich der Zug sozusagen selbst vorwärts. Jetzt befanden
sie sich, wenigstens die ersten drei Wagen voller Soldaten, in einem
Teil des Landes, wo die Wüste in die Berglandschaft überging,
die sie vom Meer trennte. Der Karawanenweg, kenntlich an den Resten
zusammengebrochener Wagen, an Stangen, auf die weiße, im Wind
klappernde Totenschädel gesteckt waren, mündete hier in
eine Schlucht, jetzt nicht mehr als ein dreieckiger Spalt zwischen
mit dürrem, verbranntem Gras bewachsenen Hügeln. Weit
dahinter sahen die entzündeten Augen die Männer die grünen,
verheißungsvollen Wälder.
Was sie nicht sahen, waren zwei wichtige Dinge:
Der riesige Vogel, weiß und silbern, mit der Silhouette
eines riesigen Fischadlers, der seit zwei Tagen die Länge der
Karawane abflog und mit der trägen und geduldigen Neugierde
alles betrachtete, hin und wieder entschwebte und am Firmament große
Kreise zog.
Und die Gruppe der Nomaden, die an einer Stelle lauerte, an der
sich die mühsam aufrechterhaltene Ordnung schnell auflösen
würde. Dort entsprang in einer breit und mächtig
schüttenden Quelle der Bach oder Fluß Nar Jarka. In dem
Moment, da die Tiere und Menschen Wasser witterten und sahen, würden
sie kein anderes Ziel mehr kennen.
In einem halben Tag würde die Spitze des Zuges dort
eingetroffen sein.
Genau vierzig Tage und Nächte nach dem ersten Fest in Gubal
warteten wir jetzt hinter dem runden Hügel. Sechs Kampfwagen,
die uns der Pharao geschickt hatte, zugleich mit neunzehn seiner
besten Soldaten. Mit meinem eigenen Wagen waren wir sieben Gespanne
und einundzwanzig Männer. Wir wußten, was auf uns wartete,
denn ich hatte es ihnen erklärt. Horus, so nannte ich meinen
vollrobotischen Pseudo-Fischadler, hatte uns die Szene gezeigt, durch
zwei Hügel von uns getrennt. Seit einem halben Mond beobachtete
Horus die große Karawane.
»Siren«, sagte ich halblaut, »ich denke, es wird
ein schneller Sieg sein. Aber wenn die Nomaden die Karawane
überfallen, dann bricht das Chaos aus.«
Er sah mich zweifelnd an, dann hob er die Schultern und knurrte:
»Einundzwanzig Männer, darunter der größte
Feigling der Küste, werden die Nomaden zerfetzen wie Holzspäne
unter der Axt des Fällers. Herr, ich liebe dich, aber ab und zu
zweifle ich daran, daß Ra, herrsche er ewiglich, dir genügend
Verstand mitgegeben hat.«
Aufmerksam hörten die neunzehn Elitesoldaten zu. Sie waren
ausnahmslos mit den großen ägyptischen Bogen bewaffnet,
mit Streitkolben, Kampfbeilen und langen Dolchen. In jedem Kampfwagen
befanden sich zwei Lanzen mit eisernen Spitzen.
»Warte es ab, Siren«, sagte ich, kippte meinen runden
Schild und schaltete einen Kontakt in dem edelsteinbesetzten
Armschutz aus angeblicher Bronze. Das Mittelfeld des Schildes glühte
auf und zeigte genau das Bild, das die Augen des Vogels sahen, in
farblich und stereoskopisch korrekter Wiedergabe. Siren fuhr zurück,
als habe ihn eine Schlange gebissen.
»Werk der Unterwelt!« stöhnte er auf. »Ein
Zauberschild! Dies ist die Karawane?«
Seine allgegenwärtige Neugierde siegte schließlich. Ich
winkte einige Soldaten herbei. In den letzten Viertelmonden hatten
wir eine schlagkräftige kleine Truppe gebildet, die nichts
anderes zu tun hatte, als die Gegend um Gubal herum ruhig zu halten.
»Richtig. Die Karawane nähert sich der Quelle. Dort
lauern die Nomaden. Sie haben Feuer, Felsbrocken und wenige
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