PR TB 180 Das Goldland
nach, wie wir durch das Zwielicht aus roter werdender
Glut und silbernem Mondlicht zur HATHOR gingen. Bei den Schiffen
sahen wir viele der Tänzerinnen und Tänzer, die in der
Brandung standen und sich gegenseitig die Farbe von den Körpern
wuschen.
„Ganz allein! Es ist völlig neu für uns, Atlan!"
Wir streiften Schmuck und Kleidung ab und schwammen ein bißchen.
Dann gingen wir zurück zur HATHOR, kletterten ins Heck und
legten uns dort auf unser Lager. Hatte Henenu das alles auch erlebt?
Oder fand er die Stämme und die Sitten
abstoßend, fremd und unverständlich? Wir jedenfalls
wußten, daß es unser Leben bereichern würde.
Falls uns nicht jemand die Erinnerung raubte, dächte ich,
aber die Zärtlichkeit Ne-Tefnachts lenkte meine Gedanken
erfolgreich ab.
Ptah-Sokar stand am Strand, hatte einen seiner längsten
Pfeile auf der Sehne, zog den großen Bogen mühelos bis
hinter das Ohr aus und öffnete den Griff seiner drei Finger. Der
Pfeil schnitt heulend zweihundert Schritte über den Strand und
schlug mit einem berstenden Geräusch durch eine drei Finger
dicke Platte aus Holz. Als ich näher kam, sah ich unterhalb der
Platte eine Menge zersplitterter Holzpfeile. In der Scheibe steckten,
einen halben Finger tief, Pfeile mit Steinspitzen, die einen
kläglichen Eindruck boten. Einer unserer Handwerker zog den
Pfeil heraus, nicht ohne Mühe, und brach das letzte Stück
ab. Er zeigte die leicht verbogene und stumpf gewordene Spitze
Dekka-Munda und den Häuptlingen samt ihren Leibwachen oder
Paddlern. Dann kauerte er sich nieder, bettete die Spitze in ein
Stück Holz ein und begann, die Bronzespitze auf dem Schärfstein
abzuziehen. Er brauchte nicht lange dazu, dann grinste er und zeigte
den Männern die drei blitzend geschliffenen Doppelkanten und die
Spitze. Die Kanten waren schärfer als zuvor.
„Das ist eine Spitze, die ihr zehnmal zehn Pfeilen aufsetzen
und dann immer noch gebrauchen könnt. Wir wollen dafür Gold
haben. Soviel. Oder ist es zuviel? Nicht für diese Spitze der
Götter, ihr Freunde, die ihr euch von der Jagd ernährt!"
schrillte Nebamums Stimme über den Strand.
Kapitäne und viele Imraguen scharten sich um die Ruderbank,
die auf Holzböcken stand. Der kleine Mann mit den grauen
Augenbrauen lächelte verschmitzt und teilte einen Haufen
Goldstaub, etwa zwei Handvoll, in einzelne Mengen ab. Schließlich
einigten sich die Feilschenden auf ein Verrechnungsmaß. Ein
paar Krüge wurden aus den Schiffen geholt, und die Schreiber
mischten ihre Tusche mit Wasser, um notieren zu können. Spitze
um Spitze verschwand, und Krug um Krug füllte sich mit Gold.
Geschickt achtete Nebamum darauf, daß sich die Dunkelhäutigen
nicht übervorteilt fühlten.
Lachend wandte ich mich an Ptah-Sokar und nickte anerkennend. Er
grinste zurück und sprach dann einen gräßlichen
ägyptischen Fluch aus.
„Ausgerechnet dir, Freund der bellenden Vierbeiner und der
großbrüstigen Fischerin von gestern nacht, soll Dheko, der
gebratene Hund, nicht geschmeckt haben?" erkundigte ich mich
scheinheilig. Niemand hörte zu, sein Gesicht blieb gewahrt.
„Niemals mehr, Horus des eingeschränkten Horizonts,
werde ich wieder einen Scherz über Hunde machen!" versprach
er. „Das ganze gute Bier lief aus mir heraus. Aber nicht
dort...", er winkte ärgerlich ab. „Jedoch sind die
Frauen dieses Stammes von Fischfängern eine Freude für
jeden Bogenschützen."
„Auch für Speerwerfer und Steuermänner, denke
ich", sagte ich und ging weiter. Wahkare, einer der Kapitäne,
stand mit nachdenklicher Miene vor einem Stück Holz, das von
drei Eingeborenen gerade mit wütenden Schlägen ihrer Äxte
mit steinernen Klingen bearbeitet wurde. Ein anderer Mann zählte
mit.
„...einundzwanzig, zweiundzwanzig..."
Beim vierundzwanzigsten Hieb brach der knapp schenkeldicke Stamm
auseinander. Man hob das längere Stück auf und legte es
wieder auf die Unterlage. Dann spuckte Wahkare in beide Hände,
murmelte etwas Unverständliches und holte mit aller Kraft aus.
Wieder zählten die Umstehenden laut mit. Bei jedem der
hervorragend geführten Schläge mit dem langgeschäfteten
Bronzebeil ertönte ein lauterer Schrei. Diesmal trennte der
sechste Schlag das Holz in zwei Hälften. Auch
die Schnittflächen waren glatter und breiter; die
Überlegenheit des neuartigen Werkstoffs wurde sehr deutlich.
Als einer der Imraguen die Schärfe der Bronzeschneide mit dem
schwieligen Daumen prüfte, schnitt er sich. Hier wurden Beile
gegen Traglasten von
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