PR TB 180 Das Goldland
hier. Ich hob den Kopf und starrte hinüber zum Gebirge.
„Das scheint die einzige Möglichkeit zu sein. Der Riß
selbst ist schnell geflickt!" meinte Ipuki. Ich zuckte mit den
Schultern.
„Bei Hathor! Nun, einverstanden. Bringen wir diesen Haufen
Feuerholz an Land. Vielleicht findet sich ein winziger Strand."
„Wir brauchen nicht viel Platz."
Wieder erschollen Befehle. Die HATHOR setzte sich vorsichtig vor
die PHARAO. Die Ruderer begannen zu arbeiten. Die PUNT rammte mit dem
Bug, um den man dicke Bündel Tauwerk geschlungen hatte, das Heck
der PHARAO, dann zogen und schoben wir das Schiff in die Richtung des
Gebirges. Das Beiboot des Havaristen wurde losgemacht und zu Wasser
gebracht. Die Haie umkreisten uns in noch geringerem Abstand. Ein
paar Bogenschützen schössen ohne jedes spürbare
Ergebnis mit Pfeilen auf die langgestreckten Körper, die durch
das Wasser schimmerten. Wir liefen das Ufer im spitzen Winkel an. Vom
Heck meines Schiffes aus versuchte ich einen winzigen Strand, eine
Bucht oder eine Sandfläche zu finden, aber an dieser Stelle
fielen die Felsen steil ab, und wenn sie flacher wurden, dann gab es
Felszacken und weiße Riffe vor den Hängen. Wir ruderten
weiter, fluchend und besorgt, denn von den letzten Schiffen der
Flotte sahen wir nur noch die Segel als helle Punkte am Horizont.
Ne-Tefnacht federte die Stöße des Schiffes mit den
Knien ab und fragte besorgt:
„Das kann uns aufhalten, nicht wahr?"
Nach meiner flüchtigen Berechnung hatten wir noch zwischen
zehn und fünfzehn Tagen zu segeln, entsprechend länger
würde die Fahrt dauern, wenn wir rudern mußten. Die
Vorräte würden wahrscheinlich reichen.
„Es dauert nicht sehr lange. Natürlich werden wir als
letzte ankommen."
„Und wir haben die Männer und das Schiff gerettet!
Sieh, die Haifische!"
Vorsichtig ruderten wir entlang der Felsen und Riffe. Das
vollgeschlagene Schiff war höllisch schwer zu bewegen, aber auf
der PUNT hatten sie das Segel gesetzt. Der Wind half den schwitzenden
Ruderern. Mehr als eine Stunde lang versuchten wir immer wieder, den
Felsen, Untiefen und Riffen ausweichend, einen Landeplatz zu finden.
Einige der Haie schienen verschwunden zu sein, aber drei oder vier
blieben unsere geduldigen Verfolger. Endlich fanden wir eine winzige
Bucht, die gerade dem Beiboot und dem halben Rumpf des Havaristen
Platz bot; eine halbmondförmige Fläche aus weißem
Sand und voller Schwemmgut und Treibholz.
Die drei Steuermänner und ich verständigten uns kurz.
Die HATHOR zog schräg davon, die PUNT schob weiter, und mit
Hilfe der Ruderer und des Beibootes gelang es uns, das Schiff mit dem
Bug auf den Sand zu setzen.
Dann legten wir an, schlugen mit den Riemen aufs Wasser und
vertrieben die Haie. Wir waren in Eile, denn ausgerechnet das
Flaggschiff blieb weit hinter der Flotte zurück. Das beschädigte
Schiff lag drei Schritt weit auf dem Strand; es war natürlich
gewaltig schwer und unbeweglich geworden. Die Ankersteine klatschten
ins Wasser. Wir gingen so nahe heran wie nur möglich. Ipuki
schaute nach der Sonne und fragte dann:
„Wann haben wir Ebbe? Es dauert sicher noch lange?"
Wir sahen, daß noch Flut herrschte. Obwohl die Gegensätze
der Wasserhöhe nicht sehr groß waren, würde uns der
Tidenfall helfen. Ich rechnete nach und sagte:
„Es ist günstig. In drei Stunden etwa fällt das
Wasser."
Das Beiboot brachte Männer und Werkzeuge aufs Land. Chutaui
zündete ein Feuer an, wir brachten Tauwerk aus, fädelten
Blöcke und Flaschenzüge ein, befestigten Seilschlingen an
den nächsten Felsen. Wir schoben runde Hölzer unter das
Schiff, gruben kleine Kanäle in den Sand und begannen dann, mit
vereinten Kräften die PHARAO höher auf den Strand zu
ziehen. Es war eine höllische Arbeit, denn der Koloß
voller Wasser bewegte sich nur um Handbreiten. Schließlich
gelang es uns, das Schiff ein wenig aufzurichten. Ein Teil des
eingedrungenen Wassers lief gurgelnd ab, aber damit waren unsere
Möglichkeiten erschöpft, bis die Ebbe einsetzte.
Wir besprachen mit den Handwerkern die Einzelheiten. Es stellte
sich heraus, daß einige Bronzeklammern gebrochen und einige der
eckigen Holzzapfen sich entweder gelockert hatten oder ebenfalls
abgebrochen waren. Wir mußten die Reparatur so gründlich
wie möglich ausführen, denn ausgerechnet an dieser Stelle
war die Belastung groß; der Kiel federte, und die Verbindungen
wurden ununterbrochen, seit zwei Jahren, bewegt und unter Wasser hart
gefordert. Es stank nach Erdpech,
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