PR TB 187 Duell Der Unsterblichen
ich konnte den gellenden Schrei
hören, mit dem der Mann in die Tiefe stürzte.
Er schlug dumpf auf, ein halbes Dutzend Meter von mir entfernt.
Einen Augenblick lang war es totenstill, dann schrien alle
durcheinander.
„Licht her!" brüllte eine sich überschlagende
Stimme. „Los, leuchtet, ich will sehen, wer den Fürsten
ermordet hat."
Ich hütete mich, meinen Standplatz zu verlassen. Noch hatte
mich außer Urlinna niemand gesehen, und selbst das konnte eine
Täuschung von mir gewesen sein.
Die Fackelträger folgten dem Befehl.
Im Licht der Fackeln sah ich, was ich längst erwartet hatte.
Es war Curran, der auf dem Boden lag. Zwei Meter neben ihm lag die
Armbrust, mit der er den tödlichen Bolzen auf seinen Vater
abgefeuert hatte.
„Erlebt noch!"
Nur der drängende Impuls des Extrahirns hinderte mich daran,
zu Curran zu eilen.
Er wußte, wer mein Gegner war. Er hatte diese Revolte
angezettelt und nicht geahnt, daß sein Partner ihn betrügen
wollte. Aber wer war dieser Partner?
Ich sah nur die Rücken der Soldaten, ihre mit metallenen
Schienen bedeckten Unterschenkel. Dazwischen, gerade noch zu
erkennen, sah ich den Kopf des Abgestürzten. Curran lebte noch,
aber es war klar, daß er diesen Sturz nicht überleben
würde.
„Los", wurde er angeherrscht. „Rede, du Lump! Wer
hat dich angestiftet, deinen Vater zu töten?"
„Als ob es dessen bedurft hätte", kommentierte das
Extrahirn.
Der Sterbende produzierte ein verächtliches Grinsen. Ich sah,
wie sich seine Lippen bewegten. Die Beinschienen der Soldaten
reflektierten das Licht der Fackeln, und in dieser schwachen,
unsicheren Beleuchtung sah ich, wie Curran etwas sagte, lautlos, weil
ihm der Atem ausblieb, und er konnte auch die letzten Buchstaben
nicht mehr mit den Lippen bilden. Sein Kopf fiel zur Seite. Er war
tot.
Ich rannte wie besessen.
Ohne mich umzusehen, stürmte ich den Stollen zurück.
Jede Sekunden zählte, jeder Augenblick war wichtig. Endlich
wußte ich, was ich hatte erfahren wollen.
Ich erreichte die Treppe, hastete die Stufen hinauf. Eine
ungeheure Hitze schlug mir entgegen, als ich den Saal erreichte.
Auch dieser Teil des Palasts stand in Flammen.
Durch das züngelnde Feuer, die lodernden Polster, Vorhänge,
Teppiche wankte ich zum Fenster. Mit dem Schwert schlug ich die
Scheiben aus der Fassung. Das verschaffte dem Feuer zwar Sauerstoff
und ließ es noch heftiger auflodern, aber es verschaffte mir
auch den Ausweg aus diesem Inferno.
Ich sah einen Baum, ein Stück höher als mein Standort
und mit etwas Glück für mich erreichbar, wenn ich meine
Kräfte anspannte. Ich ging einige Schritte zurück, nahm
Anlauf - und sprang.
Ich flog einige Meter weit durch die Luft; die Hände hatte
ich ausgestreckt, um das Astwerk des Baumes ergreifen zu können.
Der plötzliche Wechsel der Beleuchtung blendete mich, ich
verfehlte mein Ziel. Ich prallte auf die Krone des Baumes, die Äste
gaben unter dem Aufprall nach, bogen sich, brachen, und ich stürzte
in die Tiefe.
Ich landete auf einem Strauch, der meinen Sturz so weitgehend
milderte, daß ich mir keine Knochen brach und auch nicht das
Bewußtsein verlor. Statt dessen bohrte sich ein halbes Hundert
kleinfingerlanger Dornen in meinen Körper, und dieser Schmerz
brachte mich schnell wieder zur Besinnung. Ich raffte mich auf.
Gehetzt sah ich mich um.
Noch immer war der Kampf in vollem Gang. Mir war ein Rätsel,
woran sich die Parteien erkannten. Es konnte mir auch gleichgültig
sein.
Ich rannte los.
Mein Schwert hatte ich verloren. Ich brauchte es auch nicht mehr.
Mein weißes Haar war Ausweis genug. Der größte Teil
der Soldaten, der mir begegnete, wich erschrocken zurück, als er
mich heranstürmen sah. Ich erreichte das erste Tor des Palasts,
durchquerte es.
„Die Stadttore sind in unserer Hand", hörte ich
jemanden rufen. „Die Wüstenleute sind ausgesperrt."
Das bewahrte Hylan vor einem furchtbaren Schicksal. Mir konnte das
nur recht sein.
Am zweiten Tor versuchte ein Mann, sich mir in den Weg zu stellen.
Mit zwei harten, gutgezielten Handkantenschlägen schaffte ich
ihn aus dem Weg, seinen Freund beseitigte ich mit einem Hüftwurf.
Mein Atem ging keuchend. Ohne den Zellaktivator wäre ich zu
dieser Leistung nicht fähig gewesen. Mein Puls raste, denn ich
konnte mir keinerlei Rast, keinerlei Schonung gönnen. Zuviel
stand auf dem Spiel.
Ich hatte hoch gespielt, und jetzt stand die Partie kurz vor dem
Ende. Verlor ich sie, war auch das Solare Imperium verloren.
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