PR TB 190 Die Kinder Von Saint Pidgin
ansah, machte er
„Aha!", und da sie ihn weiterhin anguckte, fragte er:
„Soll ich gratulieren?"
„Sei nicht albern, Niki. Es wird Zeit, daß wir wieder
etwas schaffen. Lassen wir deine Vergangenheit vorerst einmal ruhen
und beschäftigen wir uns mit den jüngsten Ereignissen.
Beginnen wir mit dem Tag, an dem du zur Erde gekommen bist. Würde
es dir Spaß machen, deine Eindrücke von deiner Ankunft und
dem Leben auf der Erde festzuhalten?"
„Nein."
„Zier dich nicht. Fang schon an."
Niki, dessen Nachnamen niemand zu kennen schien, war mit vielen
anderen Rückwanderern von St. Pidgin in einem Sammlerschiff zur
Erde gekommen. Da er keine Angehörigen zu haben schien und sich
auch niemand um ihn kümmerte, wurde er aufgrund seiner
offenbaren Geistesgestörtheit zur griechischen Halbinsel Athos
abgeschoben.
Auf Athos hatte die GEPAPH, die „Gesellschaft zur
Erforschung paranormaler Phänomene", ein Sanatorium
eingerichtet. Die Aufnahmebedingungen wurden dort sehr großzügig
gehandhabt, und die meisten der dort auf „Verdacht"
eingelieferten Patienten waren alles andere als paranormal veranlagte
Menschen, sondern Geistesgestörte.
Niki wurde in die Obhut von Euride Sirina gegeben, die sich vom
ersten Tag an fürsorglich um ihn kümmerte und ihn wegen
gewisser Symptome auf Schizophrenie und Paranoia behandelte.
Erst viel später, durch den Kontakt mit den aus der
Provcon-Faust stammenden Gäa-Mutanten Eawy ter Gedan, Dun Vapido
und Bran Howatzer, erfuhr sie, daß Niki tatsächlich
latente Parafähigkeiten besaß. Diese waren jedoch in
seinem chaotischen und desorientierten Bewußtsein verschüttet.
Euride hätte sich viel erspart, wenn sie von Anfang an gewußt
hätte, welche Bewandtnis es mit Niki hatte. Und vielleicht hätte
sie auch etwas zu seiner Heilung beitragen können.
Obwohl sie schon auf Athos herausgefunden hatte, daß Niki
nicht irgendein Patient war, sondern in gewisser Weise eine
Sonderstellung einnahm, hatte sie die Wahrheit nicht einmal erahnt.
Erst durch die Ereignisse der letzten Wochen und durch intensive
parapsychoanalytische Arbeit mit Niki hatte sie die volle Wahrheit
erfahren. Aber es gab noch genügend Geheimnisse um diesen
schwergewichtigen Jungen.
Es hatte sich herausgestellt, daß die GEPAPH keine
uneigennützige Institution war, die im Dienst der Allgemeinheit
stand. Sie war von einem Gäaner aus der Provcon-Faust gegründet
worden, der nichts anderes im Sinn hatte, als die Patienten für
seine Zwecke zu mißbrauchen. Er hieß Boyt Margor, war ein
Mutant mit überragenden parapsychischen Fähigkeiten und
wurde von Eingeweihten als „Parasensibler Motivlenker"
bezeichnet.
Seine herausragende Fähigkeit war es, Menschen, zu denen er
eine gewisse PSI-Affinität hatte, seinem Willen zu unterwerfen.
Diese „Paratender" genannten
Menschen waren nicht unbedingt willenlose Sklaven, keine geistigen
Zombies, die wie Roboter die Befehle ihres Meisters ausführten.
Sie waren sich zumeist durchaus ihrer Lage bewußt, nur konnten
sie ihr Verhältnis zu Margor nicht mehr objektiv beurteilen. Sie
gerieten durch die von Margor ausgenutzte PSI-Affinität in seine
Hörigkeit und damit in ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis.
Margor hatte über seine Paratender unbegrenzte Macht, und er
brauchte ihnen gar nicht erst seinen Willen aufzuzwingen, weil sie
von sich aus nur das taten, was in seinem Sinne war. Paratender waren
zu einem Teil von Margor geworden.
Und viele dieser Paratender rekrutierten sich aus ehemaligen
Patienten von Athos. Niki war einer von ihnen, doch, wie gesagt, er
nahm eine Sonderstellung ein.
Euride erinnerte sich, daß Boyt Margor Niki in seiner Klause
auf Athos nur dann aufgesucht hatte, wenn er sich in besonders
schlechter Verfassung befand. Margor war in solchen Phasen
unansprechbar und machte einen mitleiderregenden Eindruck. Er schien
die Kontrolle über sich und seinen Körper verloren zu
haben, war ein zitterndes, sinnlos stammelndes Bündel Mensch.
Nachdem er Niki konsultiert hatte, war er wie neugeboren, tauchte er
wie ein strahlender Phönix aus der Asche seines Körpers
auf. Der Vergleich schien deshalb treffend, weil es tatsächlich
so aussah, als würde sich Margor durch angestaute Psienergie
selbst verzehren, als würde er geistig verbrennen - und nur Niki
schien sein innerliches psionische Feuer löschen zu können.
Euride war nie dabeigewesen, wenn Margor Niki aufgesucht hatte.
Erst im Nachhinein hatte sie erfahren, was bei solchen
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