PR TB 190 Die Kinder Von Saint Pidgin
St. Pidgin vor sich ging. Er wollte sie - und vor
allem Denert Le-Barsand - darauf aufmerksam machen, daß eine
fremde Macht um sie war, die die Menschen von dieser Welt vertreiben
wollte, um den Rest zu versklaven und die Herrschaft zu übernehmen.
Aber er brachte nur ein unverständliches Gestammel zustande.
„Ich kann dich nicht beugen, aber ich kann dich zerstören,
Niki", hörte er den Käp'ten sagen.
„Wie heißen Sie?" fragte Denert Le-Barsand.
„Niki...", sprudelte Niki hervor. Er wollte hinzufügen:
„Erinnern Sie sich nicht mehr an mich, Le-Barsand? Sie wollten,
daß ich ihnen das im Kälteschlaf befindliche Insektenwesen
bringe. Es befindet sich im Kühlraum meines Shifts. Sie müssen
mich kennen, Le-Barsand!"
Aber diese Worte kamen nicht über seine Lippen. Vermutlich
hätte sich der Ära ohnehin nicht an ihn erinnert. Sein
Gedächtnis war längst schon präpariert worden. Das war
Niki inzwischen klar.
„Niki - und wie noch?" wollte Antor Marton wissen.
Wie noch? Wie noch? hallte es in Nikis Kopf. Er wußte es
nicht. Er hatte seinen Nachnamen nie gekannt. Seine Eltern hatten ihn
als Kleinkind in den Korkwäldern ausgesetzt. Dort hatten ihn
Bürger der Kinderkolonie gefunden und bei sich aufgenommen. Er
war zusammen mit dem um ein paar Jahre älteren Hidden
aufgewachsen. Hidden - der es bis zum Präsidenten der
Kinderrepublik gebracht hatte und erst vor kurzem an einer
unheilbaren Krankheit gestorben war. Und er, Niki, hätte
vielleicht sein Nachfolger werden können. Aber da war die
Katastrophe über sie hereingetroffen. Eine Macht aus fremder
Dimension hatte nach St. Pidgin gegriffen...
„Saint Pidgin...", sprudelte Niki hervor. Zu mehr
reichte es nicht.
„Niki Saint Pidgin?" wunderte sich Antor Marton. „Kann
man so heißen?"
Denert Le-Barsand stieß ihn an und flüsterte ihm zu:
„Es wäre besser, den jungen Mann nicht länger mit
Fragen zu quälen. Er scheint -zumindest sehr verwirrt."
„Ich weiß schon, was du sagen willst, Denert",
sagte der Kommandant der ARARAT. „In Ordnung, Niki. Du brauchst
uns nichts mehr zu sagen. Wir geben dir eine Kabine. Dort kannst du
bleiben, bis wir auf der Erde sind. Komm, mein Junge."
„Sie halten dich für anomal", hörte Niki die
Stimme des Käp'tens, während er von zwei Männern der
Mannschaft zu den Unterkünften geführt wurde. „Aber
das ist erst der Anfang. Dein Geist wird sich immer mehr zersetzen,
bis er am Ende in Umnachtung versinkt. Du wirst deine Erinnerung und
deine Persönlichkeit verlieren. Du wirst dich permanent
zurückentwickeln, bis du nur noch die Intelligenz eines kleinen
Kindes besitzt. Merkst du es, wie mein Zerstörungswerk
fortschreitet? Es ist wie eine Kettenreaktion und dem Kollaps
ähnlich, den die Schiffer hatten, bevor wir hier Schiffbruch
erlitten. Und irgendwann wirst auch du den Punkt erreicht haben, da
du dich nicht mehr weiter zurückentwickeln kannst. Dann wirst du
dich selbst aufzehren, wirst dich geistig spalten und immer wieder
teilen, bis du ausgebrannt bist. Das kalte Feuer der progressiv
voranschreitenden Psycho-Explosion wird dich verbrennen."
Niki wollte seine Begleiter auf die drohende Gefahr aufmerksam
machen. Aber er konnte sich nicht artikulieren, und deshalb versuchte
er, sich durch Gestikulieren verständlich zu machen.
Doch die Männer mißverstanden das.
„Gewalttätig willst du werden?"
Sie überwältigten ihn und brachten ihn in Fesselfeldern
in eine Isolierzelle.
„Seht ihr die Schatten nicht!" schrie Niki und wunderte
sich selbst, daß er diese Worte über die Lippen brachte.
Einer der Männer tippte sich gegen die Stirn. Der andere
nickte beipflichtend.
„Schatten!" schrie Niki. „Überall Schatten!
Schatten, die euch bedrohen! Die euch eures Willen berauben!"
Er verstummte. Die Männer hatten keine Schatten mehr.
Das Schott der Isolierzelle fiel zu.
Niki war allein. Wirklich allein. Denn er konnte nicht einmal die
Anwesenheit der fremden Macht spüren. Der Käp'ten war fort.
Aber er hatte seine giftige Saat in ihm zurückgelassen. Niki
spürte es, wie etwas wie ein unsichtbares Ungeheuer in ihm nagte
und sich immer weiter ausdehnte, immer mehr Besitz von ihm nahm.
Das Ungeheuer war in seinem Kopf. Es fraß sich rasend
schnell durch alle Bereiche. Es war von unersättlicher Gier. Und
es wuchs im gleichen Maß, wie Nikis Geist degenerierte.
Es gab Momente, da war sich Niki seiner Situation vollauf bewußt.
Er sah dann alles klar. Aber gleich darauf machte sich das
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