PR TB 204 Söhne Der Liga
seine Seele tun will. Sie denken sich immer neue Kulte aus,
damit sie uns das Geld aus der Tasche locken können.«
»So ist es!« bestätigte Herford Cithol mit
schwerer Zunge. »Lumpen, alle miteinander.«
»Bis jetzt habe ich nur einen Verein kennengelernt, von dem
man fast meinen möchte, daß er aufrichtig ist.«
Cithol sah auf. Trotz seiner Trunkenheit war er interessiert.
»Und wer ist das?«
»Die Söhne der Urmutter aller Intelligenz.«
»Noch nie gehört«, murmelte Cithol. »Hier
in Trade City?«
Langlon sah auf die Uhr.
»Drei Straßen von hier entfernt, heute abend ist eine
Besprechung. Wollen Sie mitkommen?« ,\ v
»Besprechung? Was für eine Religion ist das, die mir
mit Besprechungen zum Seelenheil verhelfen will?«
»Der Glaube an die Urmutter ist nicht wirklich eine
Religion, eher eine mit psychologischen Überlegungen durchsetzte
Philosophie. Eines steht jedenfalls fest: An die Urmutter werden Sie
keine Spende entrichten müssen.«
Herford Cithol stand auf. Er schwankte ein wenig.
»Klassisch, mein Freund, das hört sich gut an«,
sagte er. »Aber ich hab' einen kleinen Affen, wird das etwas
ausmachen?«
Langlon schüttelte den Kopf.
»Auf keinen Fall. Die Leute dort haben Verständnis.«
»Klassisch«, wiederholte Cithol, und Langlon fragte
sich, ob er das Wort so oft gebrauchte, weil er betrunken war,
oder ob er womöglich einen kleinen Wort-Tick habe, wie man ihn
oft bei unausgeglichenen Menschen findet.
Von denen, die im Dienst der SOLEFT standen, wußten nur
wenige, wer die Charta des Unternehmens ausgearbeitet hatte, aus der
hervorging, welchen Aktivitäten sich die Firma widmete, wer sie
leitete, wie sie ihre Gewinne und Verluste verteilte und so weiter.
Und von diesen wenigen hatte höchstens Cromwell Shliffer eine
Ahnung, auf wen der fundamental blödsinnige Satz zurückging,
der in der Präambel der Charta prangte:
Sons of the League of Free Terrestrians (SOLEFT), In-corporated,
widmet sich dem Schutz terranischer Interessen überall in der
Galaxis mit gewinnerzielenden Mitteln sowie der Verbreitung des
Glaubens an die gemeinsame Urmutter aller Intelligenzen mit Mitteln
des zuvor erzielten Gewinns.
Der Zweck der Formel lag indes auf der Hand: Wer in die Versuchung
geriet, SOLEFT für einen ernstzunehmenden Nachrichtendienst zu
halten, dem sollte anhand der Präambel klargemacht werden, daß
er es in Wirklichkeit mit einer Schar von Narren zu tun hatte. Auf
diese Weise wahrte die SOLEFT ein harmloses Gesicht und konnte ihren
eigentlichen Aufgaben ungestört nachgehen. Die Instanzen, die
der SOLEFT Aufträge erteilten, taten dies, ohne vorher die
Präambel der Unternehmenscharta zu lesen.
Die Baracke, zu der Langlon Brak seinen Begleiter führte, war
von Louisa und Humbert am Nachmittag gemietet und in aller Eile so
hergerichtet worden, daß der Urmutter-Kult keinen allzu
schlechten ersten Eindruck auf Herford Cithol machte. Das kleine
Gebäude lag in einer Seitenstraße. Cithol hatte der
Spaziergang
in der frischen Luft gutgetan. Er war schon fast wieder nüchtern
und begann, sich nach Langlons
Namen und Herkunft zu erkundigen. Langlon nannte ohne Bedenken
seinen Namen, aber was den Rest der Informationen anging, so war er
froh, daß das Auftauchen der Baracke ihm die Möglichkeit
gab, Herford Cithol auf später zu vertrösten.
Das Innere des kleinen Bauwerks war in zwei ungleich große
Räume eingeteilt. In dem vorderen, größeren, den man
durch die Eingangstür betrat, war ein Tisch mit mehreren
bequemen Sesseln hergerichtet worden. In der Ecke stand ein kleines
Büfett mit Erfrischungen. Louisa war soeben beschäftigt,
sich ein Getränk einzugießen. Bei ihrem Anblick blieb
Herford Cithol wie angewurzelt stehen.
»Klassisch, mein Freund!« sagte er. »Diesem Kult
möchte ich auch angehören.«
Gegenüber den Tänzerinnen der Feuergöttin Iridya
bot Louisa Quantor in der Tat einen hinreißenden Anblick.
»Wir empfinden das Sehnen des Menschen, mit sich selbst ins
reine zu kommen, zu einem integren Wesen zu werden und die
Zusammenhänge zwischen sich und dem Universum zu verstehen. Wir
wissen auch, daß der Verwirklichung dieses Sehnens zumeist der
sehnende Mensch selbst im Weg steht, mit seinen Kümmernissen,
seinen Unzufriedenheiten, seinen Sorgen, seinen Fehlkonzeptionen von
der Welt, die ihn umgibt. Um ihn an das Ziel seiner Wünsche zu
bringen, müssen wir ihn daher zuerst veranlassen, daß er
zumindest sich selbst offenbart, an welchen Gebrechen des
Weitere Kostenlose Bücher