PR TB 204 Söhne Der Liga
Geistes und
der Seele er leidet. Er kann diese Offenbarung auch uns gegenüber
tun, so daß wir ihn besser verstehen und ihm helfen können,
seine Sehnsucht zu verwirklichen.«
Humbert Graf Laton machte seine Sache ausgezeichnet. Er war
tadellos gekleidet wie immer, seine Stimme klang ernst und
aufrichtig. Er hatte sich als Besprechungsleiter vorgestellt und
Louisa als eine Elevin, d.h. eine, die bereits mehrere Besprechungen
hinter sich hatte und von der Erreichung der Integrität nicht
mehr weit entfernt war. Herford Cithol und Langlon Brak galten als
Novizen, die gekommen waren, um sich helfen zu lassen.
Cithol wandte sich an Langlon.
»Hört sich gut an«, sagte er ungezwungen, »und
das tun die alles umsonst?«
»Ja.«
»Klassisch, mein Freund. Und sie haben recht! Mir brennt
vieles auf der Seele, was heraus will. Ich sehne mich nach innerer
Zufriedenheit, aber ich kann sie nicht erreichen, solange mir so
viele Dinge im Weg stehen, die jedes für sich nahezu belanglos
sein mögen, in ihrer Gesamtheit jedoch eine unglaubliche Bürde
darstellen.« Er sah Langlon fragend an. »Ich muß
mit irgendjemand über meine Sorgen reden. Ist es Ihnen recht,
wenn ich den Anfang mache?«
»Nur zu«, forderte Langlon ihn auf. »Ich habe
der Sorgen ohnehin nicht allzu viele.«
Herford Cithol nahm den Spott nicht zur Kenntnis und begann:
»Ich bin Techniker. Ich liebe meinen Beruf, und meine Arbeit
macht mir Spaß. Das heißt, sie würde mir Spaß
machen, wenn man mich so arbeiten ließe, wie ich es für
richtig halte. Glauben Sie mir, ich bin kein Sturkopf. Ich weiß,
was ich tue. Ich habe die beste Ausbildung genossen, und die Leute,
die mir ins Zeug pfuschen, haben nicht halb soviel Ahnung von der
Materie wie ich.
Ich bin bei einem großen Unternehmen beschäftigt, das
alle möglichen Dinge herstellt. Ich selbst gehöre der
Abteilung Energietechnik an und habe die Verantwortung für die
Herstellung von Gamma-Wandlern, die in Nugas-Schwarzschild-Reaktoren
Verwendung finden. Vor knapp zwei Jahren habe ich ein neues Konzept
entwickelt, das die NSR-Technik revolutionieren könnte. In Kürze
werden wir die ersten Gamma-Wandler der neuen Fertigung liefern; aber
wenn Sie sie mit meinem ursprünglichen Entwurf verglichen,
könnten Sie kaum noch eine Ähnlichkeit erkennen.
Sind Sie technisch versiert? Wissen Sie, wie ein NS-Reaktor
funktioniert? Gut, dann will ich Ihnen von meinem Projekt erzählen
...«
8.
Herford Cithol sprach über zwei Stunden lang. Niemand, der
noch eine Spur von Nächstenliebe empfand, konnte seine
Geschichte anhören, ohne von der Einsamkeit des Menschenlebens,
das sich in Cithols Worten vor ihm entfaltete, berührt zu sein.
Niemand unterbrach Cithol, und wenn er streckenweise über Dinge
sprach, die nicht besonders interessant waren, dann wanderten Langlon
Braks Gedanken seitwärts, und er nahm sich vor, niemals mehr an
einem solch würdelosen Schauspiel teilzunehmen, bei dem unter
der Maske einer neuen, heilbringende Philosophie versucht wurde,
einem Ahnungslosen die Geheimnisse seiner Existenz zu entlocken. Die
SOLEFT mochte sich der Verbreitung des Glaubens an die Urmutter
verschrieben haben; er jedoch würde es in Zukunft ausschließlich
mit dem ersten Teil des Paragraphen halten, in dem von der Wahrung
terranischer Interessen die Rede war.
Humbert wahrte während Cithols Beichte die würdevoll
teilnehmende Miene; aber Langlon kannte seinen Mitarbeiter gut genug,
um zu wissen, daß er ebenfalls Unbehagen empfand. Louisa wagte
er erst gar nicht anzusehen. Sie war überaus sensibel, und
allein daß sie Herford Cithol bisher noch nicht unterbrochen
hatte, um ihm zu erklären, daß die Philosophie der
Urmutter eine Farce war, mußte ihr hoch angerechnet werden.
Wer übrigens erwartet hatte, von Cithol über geheime
Vorgänge im Innern des Unternehmens Cerropal zu erfahren, der
wurde enttäuscht. Cithols Kummer bezog sich fast ausschließlich
auf Dinge im administrativen Bereich: auf Vorgesetzte, die so oft
wechselten, daß er von einem nicht einmal den Namen behalten
hatte, auf Blues und Topsider, mit denen er zusammenarbeiten mußte
und die seine Mentalität und seine Methodik nicht verstanden,
auf Beförderungen, die verdient, aber nicht ausgesprochen worden
waren - auf das gesamte Spektrum des Berufslebens eines Mannes, der
glaubte, um in der Welt voranzukommen, müsse man nur sein Fach
verstehen und sonst nichts.
Die Ursache der Probleme, unter denen Herford Cithol litt, war
Herford Cithol
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