PR TB 205 Der Schrecken Der Freihandler
mir nichts dabei
und war voll der Hoffnung, daß es noch ein vergnügter Tag
mit Sarah werden konnte. So hieß das Mädchen, wenn ich
mich recht erinnerte.
Doch kaum hatte ich sie erreicht, da funkelte sie mich an und
schrie:
“Blaubart! Sklavenhändler! Seelenverkäufer! Das
ist für die arme Annemy, die du verschachert hast!”
Und dann klebte sie mir eine, daß mir Hören und Sehen
verging. Ohne mir eine Chance zur Rechtfertigung zu geben, rauschte
sie davon, und. ich hörte nie mehr
wieder etwas von ihr.
In der folgenden Nacht begannen meine Alpträume. Sie drehten
sich stets um Annemy, die mal in den Folterkammern der Inquisition
darbte, oder an Bord eines Frachters mit tausend anderen Sklaven
aneinandergekettet war und ein anderes Mal wieder auf einem
Sumpfplaneten unter Schwärmen von Moskitos Reis erntete. Und
stets war ich der Bösewicht, der sie quälte, ob als
Folterknecht, Sklavenhalter oder Gefangenenwärter.
Allein diese Alptraumbilder waren schon die Hölle. Aber dann
hörte ich auch noch bösartige Stimmen, die mir
einsuggerierten:
“Du hast Annemy auf dem Gewissen. Du hast sie in den Tod
getrieben. Dir verdankt sie, daß sie das Leben einer Verdammten
führen muß. Du hast sie bei der USO verleumdet und an die
Springer verschachert. Du, Anselm, du allein. Gestehe und sage die
Wahrheit, denn ich bin dein Richter.”
Solches und ähnlich konfuses Zeug sagte die Stimme, die ich
für meine innere hielt. Ich wachte dann schweißgebadet auf
und hörte mich verzweifelt schreien: “Nein! Nein! Ich war
es nicht. Ich habe nichts getan ...”
Zumeist dauerte es bis zum Morgengrauen, bis ich mich wieder
beruhigt hatte. Ich suchte wieder einmal Vergessen bei der holden
Weiblichkeit.
Da war Diana - oder war es Rosalinde? Egal, sie war eine Wucht.
Fast so groß wie ich und Muskeln so hart wie Stein. Sie hätte
mir mit zwei Fingern das Handgelenk brechen können, aber sie
hatte das Gemüt eines Engels.
Ich führte sie in mein Lieblingslokal aus, das “Nostalgie”
auf der obersten Plattform des höchsten Videoturms von Terra, wo
noch die hohe Kunst der alten Gastronomie gepflegt wird und Roboter
in Frack und mit Bioplastgesichtern servieren. Ich war hier Stammgast
und “Jean” war mein Lieblingskellner. Ein Zehner
Trinkgeld in seinen Einwurfschlitz programmierte ihn auf die
speziellen Wünsche des Gastes, und was ich wollte, das war in
seinen Speichern längst verankert.
Jean pflegte dann Kerzen ins Separee zu stellen und mit einer
alten Geige -angeblich einer Amati - aufzuspielen, während ich
mit meinerjeweiligen Gespielin Martinis nippte und Zitronenscheiben
von Mund zu Mund saugte. Um mit einem alten Irrtum aufzuräumen,
Küsse mit Zitronengeschmack sind alles andere als sauer. Das
Hauptgericht servierte Jean stets mit geschlossenen Lidern und einem
Liebeslied im Lautsprecher.
Diesmal war Jeanjedoch wie ausgewechselt. Er hatte die Serviette
vor das Gesicht gebunden, statt über den Arm gelegt. Die
Martinis waren versalzen, statt Zitronenscheiben schwammen
Butterwürfel darin, und sein Geigenspiel hörte sich wie
Katzengejammer an. Beim Servieren des Hauptgerichts drehte er
vollkommen durch. Er bewarf uns mit den Speisen und schrie bei jedem
Wurf:
“Das ist für die arme Annemy, und das auch ...”
Diana (oder Rosalinde) konnte
auch energisch sein. Und das wurde sie, bevor Jean noch seine
Tangonummer abziehen konnte. Sie ergriff ihn, stemmte ihn in die Höhe
und ließ ihn zu Boden knallen. Dabei verlor der Robotkellner
sein Gesichtstuch, und ich blickte in die Biomaske von Walty
Klackton. Jawohl, Jean hatte statt seines vornehmen Butlergesichts
Klack-Klacks lächerliche Visage. Während ich noch vor
Verblüffung sprachlos dastand, zerschmetterte meine enttäuschte
und in Rage geratene Begleiterin die Überreste des Roboters auf
meinem Rücken. Zum Glück bestehen diese Robotkellner nicht
aus Metall, sondern aus weicher Formplastik. Nur diesem Umstand
verdanke ich mein Leben.
Durch diesen Zwischenfall kam ich zum erstenmal auf den Gedanken,
daß Walty Klackton hinter den Aktionen gegen mich stecken
konnte. Auch die Alpträume zeigten sich mir nun in einem anderen
Licht. Nur konnte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen,
was er eigentlich bezweckte, wo eigentlich er der wahre Schuldige an
Annemys Tod war.
Es kam noch zu weiteren Zwischenfallen. So wurde ich vom Vater
eines Mädchens, mit dem ich mal ausgegangen war, öffentlich
geohrfeigt und der Notzucht beschuldigt. Noch ehe ich
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