PR TB 217 Das Mittelmeer Inferno
langsamer wurden, aus dem Wegen und hob
die Hand, als er auf mich zulief.
„Ist es wahr, daß ihr nach Atlantis segelt, nach
Stronghyle?"
„Wenn uns nicht ein wütender Sturm vom Kurs abbringt",
bestätigte ich und warf einen Blick in den grauen, rosageäderten
Himmel, der völlig wolkenlos war. „Du kommst vom König?"
Er vertraute mir an:
„Minoos wünscht, daß ihr in Frieden von Knossos
fortzieht. Grüße die Herrscherin von ihm. Sie soll euch
unterstützen und Gastfreundschaft gewähren, solange ihr
dort bleiben wollt. Dies hat er der Charis versprochen. Eure
Warnungen wird er beherzigen. Er wird seine Boten überall
dorthin senden, wo die Wogen Inseln und Ufer erreichen. Zieht weiter
und warnt, sprecht die Worte des Orakels laut aus. Hier, nimm den
Ring."
Er gab mir einen auffallenden Ring, der das Zeichen der Doppelaxt
trug. Das herrscherliche Zeichen des Minoos, dazu eine barbrüstige
Göttin und einige Schriftzeichen.
„Jeder kleine Herrscher, der an Minoos Tribut zahlt,
anerkennt das Zeichen. Es liegt Minoos einiges daran, seine
Herrschaft zu erhalten. Da ihr ihm helft zu überleben, hilft er
euch auch." Ein Pragmatiker im Labyrinth von Knossos, flüsterte
der Extrasinn.
„Gehe zu Minoos zurück", sagte ich und streifte
den breiten Goldring über den Mittelfinger. „Sage ihm, die
Umhergetriebenen des Orakels danken ihm. Wir versuchen, seine
Herrschaft
zu sichern und das Leben seiner Völkerscharen zu retten."
Wir wechselten einen knappen, harten Griff um die Handgelenke.
Dann ging der Mann zurück um Wagen. Das Gespann wendete mit
rasselnden Rädern auf dem steinernen Pflaster und stobt in
vollem Galopp davon. Ich löste den Knoten der Schlinge und rief:
„Ihr habt alles verstanden? Wir segeln mit Minoos' Segen
nach Stronghyle!"
Inzwischen hatten wir erfahren, daß der erste König der
Insel Knossos Minos oder Minoos geheißen hatte. Alle seine
Nachfolger nannten sich ebenso. Wieder wurde eine der zahllosen Sagen
und Legenden der Barbarenwelt ins eigenständige Leben gerufen.
Ich sprang an Bord. Wir setzten uns an die Riemen und ruderten die
CHARIS vom Kai rückwärts weg, dann drehten wir nach Nestors
Kommandos das Schiff über Grund auf der Stelle, und während
das Segel hochgezogen wurde, ruderten wir aus der Bucht von Knossos
hinaus. Die Blätter de Riemen hinterließen im unbewegten
Wasser scharfe Eindrücke. Ein ablandiger Wind füllte,
sobald wir den Bereich der Hügel verlassen hatten, das
dunkelrote Segel. Weit vor uns am Horizont tauchte die pilzförmige
Wolke eines kleinen Vulkans auf. Das Licht der aufgehenden Sonne
leuchtete die Ränder der Thrombe scharf aus, und langgezogene
Dunstwolken zerschnitten die gigantische, rosafarbene Kugel, die in
diesen Momenten flachgedrückt schien.
Ein herbstlich kühler, kräftiger Wind von achtern schob
die CHARIS durch die flachen Wellentäler und durch die kurzen,
harten Wellenberge.
Nestor nahm seinen Helm ab, zog den Mantel über die Schultern
hoch, bis sein Rand einen Wulst in seinem Nacken bildete und sagte zu
mir:
„Die Götter mögen uns beistehen. In Wirklichkeit
beginnen wir erstjetzt unsere Fahrt, um die Menschen zu warnen.
Vielleicht treffen wir auf unserem Weg die weiße Bireme."
„Was du sagst", antwortete ich mit leichter Beklemmung,
„ist richtig. Was hat es mit dem weißen Doppelruderer auf
sich?"
„Ein Schiff, das wenige gesehen haben. Ein seltsamer Pirat,
den niemand kennt. Und dennoch sprechen alle von den schauerlichen
Überfallen. Es heißt, die Herrscherin von Stronghyle
schickt die Bireme aus, um den Einfluß von Kef tiu und Minoos
zu stärken. Dies verstehe, wer mag."
Die fünfzig jungen Männer, die einschließlich
Nestor die Besatzung der CHARIS bildeten, hatten sich in den wenigen
Tagen auf Keftiu als mutige Krieger, hervorragende und besonnene
Seeleute, als klug und wenig abergläubisch erwiesen. Sie waren
untypisch für den Menschenschlag, den wir kennengelernt hatten.
Aber auch die CHARIS war alles andere als typisch: das Schiff war
sicherlich eine Schöpfung von ES. Das Holz, aus dem es erbaut
war, schien viel zu dünn. Das stehende und laufende Gut der Taue
und Enden sah aus, als bestünde es aus künstlichen Fasern.
Obwohl die Riemen, das Steuer-Doppelruder, sämtliche Verbände
und Spanten viel zu klein dimensioniert waren, durchschnitt die
CHARIS das Wasser wie ein hochmodernes Boot. Selbst die Farben, in
denen die riesigen Augen und die Galionsfigur gehalten waren,
leuchteten stärker und
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