PR TB 219 Bote Des Unsterblichen
Techniker überfällt. Gib ihm ein paar Stunden
Zeit, seine Vorbereitungen zu treffen. Zwei Stunden von jetzt wäre
der früheste Zeitpunkt, zu dem er angreifen kann. Ich schlag
vor, du alarmierst deine Leute und legst sie in der Nähe der
Schachtausgänge auf die Lauer. Mit ihren Waffen...“
„Wir besitzen keine Waffen“, unterbrach ihn Nerquin.
Hors-Tanathor starrte ihn verblüfft an.
„In dieser Burg besitzt nur derjenige eine Waffe, dem
Erequoth bedingungslos vertraut.“ Er machte eine Geste der
Ungewißheit. „Dazu gehören wir Techniker offenbar
nicht.“
„Ich habe von den Attentätern vier Strahler erbeutet“,
sagte Hors-Tanathor. „Aber das reicht nicht.“ Er dachte
nach. „Es bleibt euch nichts anderes übrig, als zu
fliehen. Es gibt weite, unbewohnte Abschnitte im Innern der Burg.
Dort irgendwohin müßt ihr euch zurückziehen, ohne
eine Spur zurücklassen, damit Erequoth euch nicht findet.
Inzwischen nimmt jemand Verbindung mit Zaphoor auf und macht ihm
klar, daß sein Sohn zum Tyrannen geworden ist.“
Nerquin war verwirrt. „Warum sollten wir alle fliehen? Warum
nicht nur Irica und ich?“ „Beantworte dir die Frage
selbst. Oder besser roch: Irica, was wird Erequoth tun, wenn er weder
dich noch Nerquin findet?“
„Er wird wüten wie ein Wahnsinniger. Wer ihm dann in
die Quere kommt, ist des Todes.“
„Und als erste kommen ihm deine Techniker in die Quere“,
hieb Hors-Tanathor in die Kerbe. Er durfte dem Mann keine Zeit zum
Nachdenken lassen. Das Gelingen seines Plans hing davon ab. „Wie
rasch kannst du deine Leute auf die Beine bringen?“
„In längstens einer Stunde“, antwortete Nerquin
wie im Traum. „Aber sollen wir wirklich alles das verlassen?
Die große Plattform? Das technische Gerät? Die Fülle
der Daten? Wer soll jemals ein Raumschiff bauen, wenn wir es nicht
tun?“
„Eure Abwesenheit ist nur vorübergehend“,
versuchte Hors-Tanathor, ihn zu beruhigen. „Sobald Zaphoor von
Erequoths Untaten erfährt, wird er dafür sorgen, daß
die Dinge wieder ins Lot gerückt werden.“
Nerquin schwieg und dachte über den Vorschlag des Fremden
nach. Er hatte Vertrauen zu dem Unbekannten, der Herr über
unheimliche Kräfte war und ein so umfangreiches Wissen besaß.
Es war mehr dieses Vertrauen als die Logik der eigenen Überlegung,
das ihn überzeugte, er könne nichts Klügeres tun, als
dem Vorschlag HorsTanathors zu folgen.
Er stand auf. „Wer soll es übernehmen, sich mit Zaphoor
in Verbindung zu setzen.“ „Das mache ich“, sagte
Hors-Tanathor entschlossen.
Irica hatte ihm einen Weg gewiesen, auf dem er zu Zaphoors
Quartier gelangen konnte, ohne unterwegs Erequoth und seinen
Briganten in die Hände zu laufen. Er glitt durch den
Antigravschacht abwärts bis zur Ebene der großen
Plattform. Dort drang er auf einem breiten Korridor ins Innere der
Burg ein, bis er die Batterie von Schächten erreichte, die
parallel zur Längsachse des großen Turmes in die Höhe
führten.
Überall bereiteten sich die Techniker - Männer, Frauen
und Kinder - auf den Abmarsch vor. Nerquin hatte nicht viel Zeit,
lange Erklärungen abzugeben. Vielleicht wollte er auch gar
nichts erklären; denn sonst hätte er sagen müssen, daß
achtzig Techniker sich mitten in der Nacht auf der Flucht befanden,
nur weil er Erequoths Braut bei sich
beherbergt hatte. Die Gesichter, die Hors-Tanathor zu sehen bekam,
waren ernst und sorgenvoll. Niemand wußte genau, was los war.
Nur daß Gefahr drohte, war jedermann klar.
Hors-Tanathor, gefolgt von Sikkim, betrat einen der nur noch
notdürftig erleuchteten Schächte und ließ sich
langsam in die Höhe treiben. Er stand im Begriff, sich seines
Auftrags zu entledigen. Nur diese Nacht noch, und es würde keine
Gefahr mehr bestehen, daß die Nachkommen der Freibeuter
Raumschiffe bauten, sich das technische Erbe Murcons aneigneten und
den Mikrokosmos verließen. Die Existenz des Raumes, in dem sich
die Burgen der sieben Mächtigen befanden, würde ein
Geheimnis bleiben bis zu jenem Tag, an dem der Plan Jener Hinter der
Materiequelle in Kraft trat. Denn niemand konnte den Mikrokosmos von
außen entdecken, und diejenigen, die sich in ihm befanden,
waren in ihm gefangen.
War der Bote des Unsterblichen stolz auf seine Leistung? Er war es
nicht. Eine tiefe Traurigkeit hatte sich seiner bemächtigt, und
er kam sich wie ein Verräter an den Wesen vor, deren Sicherheit
ihm angeblich so sehr am Herzen lag. Er schickte Nerquin und seine
Leute in die Verbannung,
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