PR TB 220 Die Macht Des Götzen
suchten ihn am nächsten
Morgen mit einigen Begleitern auf. Der Exo-Achäologe überstürzte
jedoch nichts, sondern führte ihnen zunächst nur die Filme
über den Tempel und die nebensächlichen Reliefs und
Skulpturen vor.
Das allein reichte schon aus, um in diesen Frauen und Männern
Staunen und Begeisterung zu wecken. Sie steigerten sich fast ins
ungemessene, als dann die Kolossalfigur des Kyntyros selbst im Bild
erschien. Der vollständige Triumph Narrimans über alle
Widersacher stand fest, die Bewilligung beträchtlicher Summen
zur weiteren Erforschung der alten Kultur war ihm sicher.
Doch darauf kam es dem „obersten Priester" erst in
zweiter Linie an. Nun holte er den Riesenrubin hervor, zeigte ihn den
Besuchern und ließ ihn dann von Hand zu
Hand gehen. Sofort begann der Stein wieder zu leuchten, wenn auch
längst nicht so intensiv wie am Tage zuvor im Tempel. Trotzdem
reichte seine magische Wirkung vollkommen aus, um alle Anwesenden in
seinen Bann zu zwingen; auch sie hörten in ihren Hirnen die
Botschaft des Götzen und waren, als sie wieder aus ihrer
Erstarrung erwachten, seine fanatischen Anhänger geworden.
Nach diesem großartigen Auftakt hatte es für Selim
Narriman und seine „Adepten" keinen Zweifel mehr daran
gegeben, daß die restlose Unterwerfung ganz Caryngas unter die
Herrschaft des Kyntyros nur eine bloße Zeitfrage war. Er hatte
die volle Unterstützung des Ministers und des Dekans und sprach
mit ihnen sofort das weitere Vorgehen ab. Sie waren sich einig, daß
zuerst die Intelligenzschicht des Planeten „bekehrt"
werden mußte, die es dann übernehmen sollte, die übrige
Bevölkerung zu missionieren.
Alle Medien wurden sofort mit dem nötigen Bildmaterial
versorgt, die Aufnahmen aus dem Tempel gingen noch am selben Abend
zur besten Sendezeit über den Videofunk. Die wichtigste Maßnahme
war jedoch, daß das „Lebensauge" des Götzen im
großen Hörsaal der Universität ausgestellt wurde, für
alle Studenten und sonstigen Interessenten frei zugänglich. Sie
erschienen auch in Scharen, der Rubin strahlte und wurde
herumgereicht - doch der Erfolg blieb gleich null!
Die Menschen waren zwar beeindruckt und bestaunten das Juwel mit
seiner blutroten Aura, aber das war auch alles. Nur ganz wenige
vernahmen die „Stimme" des Kyntyros und verfielen ihrem
Einfluß, alle anderen verließen den Saal, als wäre
nichts geschehen. Das schockierte Selim Narriman und sein Gefolge,
und als sich auch in den nächsten Tagen nichts änderte,
waren sie vollkommen ratlos. Weshalb reagierten alle ausgebildeten
Wissenschaftler und ein großer Teil von hochgestellten Personen
auf die magischen Ausstrahlungen es Götzenauges, die große
Masse dagegen nicht?
Die erste Euphorie der „Missionare" verflog restlos,
als dunkle Elemente in der zweiten Nacht versuchten, den Edelstein zu
rauben. Das gelang ihnen natürlich nicht, denn der
Polizeipräfekt Carrins - unbeeinflußt und deshalb nüchtern
und logisch denkend - hatte vorgesorgt. Die Alarmanlage sprach an,
energetische Fesselfelder legten sich um die drei Einbrecher, und sie
wanderten ms Gefängnis.
Aber auch der „zweite Weg" zur Einflußnahme des
Götzen auf die Menschen von Carynga verfehlte seinen Zweck.
Hunderte von Gleitern mit Schaulustigen waren inzwischen zu dem alten
Tempel geflogen, und niemand hatte sie daran gehindert. Selim
Narriman erwartete es als selbstverständlich, daß die
magischen Kräfte der Statue des Kyntyros auf sie einwirken und
ihm gefügig machen würden, doch auch das geschah nur in
ganz seltenen Fällen. Weshalb nicht...?
Eine simple Computeranalyse erst brachte die Lösung dieses
doppelten Rätsels: nur jene Bewohner Caryngas, die eine gewisse
Anzahl von Hypnoseschulungen durchgemacht hatten, waren empfänglich
für die „Stimme" der Statue und des Edelsteins! Deren
Zahl war jedoch gering, denn auf diesem Planeten bediente man sich
ausschließlich der konservativen, natürlichen
Lernmethoden. Positronisch gesteuerte Hypnoschüler kosteten ein
kleines Vermögen, und die chronisch angespannte Haushaltslage
Caryngas erlaubte ihre Anschaffung einfach nicht. Deshalb war das
Gros seiner Bevölkerung „normal" geblieben und nur
ein kleiner Kreis, der auf Terra oder anderen Welten seine Ausbildung
erfahren hatte, reagierte auf die magischen Impulse.
Wie kam es dann aber, daß auch Reya Dengor und Edna Porges
zu den Beeinflußten gehörten, obwohl keine der beiden
jungen Frauen je unter einer Schulungshaube gesessen
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