PR TB 220 Die Macht Des Götzen
Besuch drohte seine weitgespannten Pläne
zu durchkreuzen.
Und gerade von diesen Tagen der Jubiläumsfeiern hatte er sich
so viel versprochen...
Als bekannt geworden war, daß die Gouverneurin den
Großadministrator dazu eingeladen hatte, hatte er nur abfällig
gelächelt. Er war über die Schwierigkeiten des Solaren
Imperiums mit seinen abgefallenen ehemaligen Kolonien gut
unterrichtet. Deshalb hatte er auch den Optimismus Nelda Jones' nicht
geteilt und -falls man auf der Erde überhaupt reagierte -
bestenfalls mit der Entsendung irgendeines unbedeutenden Beamten
gerechnet.
Ein solcher hätte keine Gefahr für ihn und sein großes
Vorhaben bedeutet. Nun aber, wo Perry Rhodans Stellvertreter
persönlich erscheinen wollte, sah alles ganz anders und
ausgesprochen ungünstig für ihn aus.
Ganz gleich, wie ruhig und friedlich es allgemein auf Carynga
zuging, die Anwesenheit einer so hochgestellten "Persönlichkeit
mußte automatisch strenge Sicherheitsmaßnahmen nach sich
ziehen. Ganz Carrin würde in diesen Tagen von Polizei nur so
wimmeln, und das war genau das, was Narriman am wenigsten brauchen
konnte...
Er seufzte, stützte den Kopf in die Hände und bedeckte
seine Augen damit. Dann überdachte er noch einmal alles, was in
den letzten zwei Jahren um ihn herum geschehen war.
So lange war es nun schon her, seit er den uralten Tempel entdeckt
und den Götzen seines dritten Auges beraubt hatte. Erst später
war ihm bewußt geworden, daß das keineswegs aus seinem
eigenen Antrieb geschehen war. Kyntyros selbst hatte ihn dahingehend
beeinflußt, mit seiner magischen Kraft aus grauer Vorzeit, die
ihm einst die Beherrschung eines ganzen Volkes ermöglicht
hatte. Inzwischen war zwar nur noch ein kleiner Teil davon übrig,
doch dieser hatte immer noch ausgereicht, die Mitglieder der
Expedition nach New Africa unter seinen Willen zu zwingen.
Sie hatten in das blutrote Leuchten seines „Lebensauges"
geblickt, und von da an waren sie dem Götzen verfallen gewesen.
Die lautlosen magischen Impulse hatten in ihren Hirnen alles
überlagert, was bis dahin für ihr Leben bestimmend gewesen
war; der Drang, Kyntyros zu dienen und ihm zu neuer Herrschaft über
ihre Welt zu verhelfen, dominierte über alles andere. Ihr
Anführer war Narriman, von der „Gottheit" selbst zu
seinem obersten Priester bestimmt.
Doch Kyntyros hatte zuvor in seinem Bewußtsein gelesen und
dabei erfahren, daß Carynga nicht mehr äs Keltar von
früher war. Seine einstigen Untertanen, die Nachkommen
versprengter Lemurer, waren einer unbekannten Seuche zum Opfer
gefallen. Die jetzigen Menschen stammten zwar von derselben Rasse ab,
aber nur um einige Ecken herum, und ihre Mentalität war eine
völlig andere. Sie wußten nichts mehr von den Göttern
der längst vergessenen Vergangenheit, ein großer Teil von
ihnen hatte selbst die neuen Religionen schon wieder vergessen. Sie
lebten nur dem Diesseits.
Wie brachte man solche Leute dazu, eine Wesenheit zu verehren und
sich ihr ganz zu unterwerfen, die ihrer Meinung nach weiter nichts
als eine simple, wenn auch imposante Steinfigur war? Noch dazu eine,
die ihren Augen als besonders häßlich, ja abstoßend
erschien?
Diesen Zweck sollte vor allem das „Lebensauge" des
Kyntyros erfüllen, auf das keine dieser Definitionen zutraf. Im
Gegenteil, ein Juwel von solcher Größe und Reinheit wurde
auch in dieser Zeit noch immer als besonders schön und wertvoll
angesehen, und das nicht nur von Archäologen.
Die Nachricht von der großen Entdeckung auf dem
Sumpfkontinent mußte natürlich großes Aufsehen
erregen. Viele Menschen würden kommen, um das Auge zu sehen,
viele andere würden außerdem nach New Africa fliegen, um
den Tempel zu besuchen. Nach dem, was der Götze Narriman
mitgeteilt hatte, sollten beide Gruppen umgehend seinem Einfluß
verfallen, darunter vorzugsweise die Angehörigen der Oberschicht
des Planeten. Ihnen konnte es dann nicht schwerfallen, nach und nach
die gesamte Bevölkerung zu „bekehren". Die
Unterwerfung ganz Caryngas unter die Herrschaft des Kyntyros konnte
also höchstens das Werk weniger Monate sein.
In der Praxis wies dieser Plan jedoch, wie sich bald
herausstellte, einige beträchtliche Schönheitsfehler auf.
Natürlich hatte sich Selim Narriman nach seiner Rückkehr
nach Carrin beeilt, einen möglichst großen Kreis von
Menschen von seinem großartigen Fund zu unterrichten. Noch am
selben Abend rief er den Dekan der Universität und den
Wissenschaftsminister an, und beide
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