PR TB 221 Findelkinder Der Galaxis
fühlt sich an ein
Versprechen gebunden, das in Wirklichkeit gar keins ist. Denken Sie
einmal an das Schicksal der ausgesetzten Xisrapenkinder. Die Menschen
haben einige hundert von ihnen gefunden. In der ganzen Milchstraße
können es zehntausend oder noch mehr sein. Da liegt das
eigentliche Problem der Xisrapen. Und wir sitzen hier tatenlos herum
und tun nichts. Absolut nichts.«
»Ich verstehe Sie nicht ganz, Mrs. Chinnel.«
»Wenn Anton nicht redet, dann werde ich es tun, obwohl ich
nicht dabei war, als er Koff in der Xisrapenzentrale besuchte.«
»Du wirst jetzt endgültig den Mund halten«,
schimpfte Chinnel. »Du verstehst nichts von diesen Dingen, die
sogar mir in ihrer ganzen kosmischen Tragweite zu hoch sind.«
»Du bist ein einfacher Bürger, Anton Chinnel«,
brauste die Frau auf. »Sicher, ich bin es auch, aber das Gefühl
für ein ausgesetztes Kind kann ich besser nachempfinden als du.
Du hast es als schön und angenehm empfunden, eine Xisrapin
großzuziehen, aber hast du Calloberian wirklich geliebt? Hast
du dich mit dem erbarmungswürdigen Dasein dieser Lebewesen
wirklich auseinandergesetzt? Es ist eine Schande, daß unsere
Regierung nichts für die Xisrapen tut.« Sie senkte
plötzlich wieder ihre Stimme und drehte sich Bull zu.
»Zugegeben, Rhodan und Sie und alle anderen haben ihre Sorgen
um den Fortbestand einer freien Menschheit. Vielleicht konnten Sie
das Xisrapenproblem gar nicht sehen, zumal diese selbst an ihrem
Schicksal Mitschuld tragen.«
»Das darfst du nicht sagen.« Anton Chinnel sprang auf
und fuchtelte wild mit den Armen. »Du tust den Xisrapen
Unrecht.«
»Du tust Unrecht«, behauptete Sargia Chinnel. »Die
Xisrapen machen den Fehler, daß sie sich abkapseln und mit
ihren wahren Problemen gegenüber den Menschen Zurückhaltung
wahren. Du weißt mehr als jeder andere Mensch über sie,
denn du hast mit Koff darüber gesprochen. Hock dich wieder hin,
Anton! Und dann berichte Mr. Bull von der Begegnung mit Koff, auch
wenn dieser dich um dein Schweigen gebeten hat. Vielleicht ist es
eine Möglichkeit, den Xisrapen besser zu helfen, als ihnen auf
der Erde eine neue Heimat zu geben, eine Heimat ohne Eltern und ohne
Hoffnung auf eine Zukunft in einer Welt, die ihre wirkliche Heimat
ist.«
Chinnel blickte erst auf seine Frau und dann auf Reginald Bull.
Der Solarmarschall verzog keine Miene. Er wartete.
Schließlich setzte sich der Mann wieder auf seinen Stuhl.
»Es ist schon nach Mitternacht.« Er nahm einen Schluck
von dem Kaffee und verzog das Gesicht. »Kalt«, knurrte er
unwirsch.
»Du bist kalt, Anton Chinnel«, antwortete Sargia. »Ich
glaube, du wirst dich nach einem neuen Lebensgefährten umsehen
müssen.«
Der Mann bekam große Augen. Er hatte schon vier Eheverträge
hinter sich, die allesamt nicht von Erfolg gekrönt gewesen
waren. Erst bei Sargia hatte er das Gefühl gewonnen, eine
Familie und ein Zuhause zu besitzen. Sie hatten
einen Jungen namens Meckton, der auch eine enge Beziehung zu
Calloberian gehabt hatte.
Sargias Drohung, ihn zu verlassen, brach endgültig das Eis.
»Koff hat zu mir gesagt, daß er sich sicher wäre,
daß ich über das schweigen würde«, begann Anton
Chinnel leise zu sprechen, »was ich bei den Xisrapen gehört
habe. Ich glaube, sie sind ein stolzes Volk, das niemand mit seinen
Sorgen und Nöten belästigen will. Für sie ist es schon
wunderbar, daß sie auf der Erde eine Zufluchtstätte
gefunden haben. Ich weiß nicht, Mr. Bull, ob es richtig ist,
wenn ich die wenigen Dinge aus dem persönlichen Leben der
Xisrapen preisgebe, die ich erfahren habe.«
»Es ist richtig«, sagte Reginald Bull einfach.
Chinnel nickte. Man sah ihm an, daß er durch Bulls Aussage
etwas von der Verantwortung verlor, die er auf seinen Schultern
liegen sah.
»Man hatte mich damals zu den Xisrapen gebeten, um etwas
über den Verbleib von Calloberian zu erfahren. Allerdings wußte
ich weniger als seine Artgenossen, denn zu jenem Zeitpunkt hatte ich
noch nicht versucht, im Imperium-Alpha etwas zu erfahren. Auch
verstand ich anfangs Koff ganz falsch, denn ich glaubte, er wollte
mich maßregeln wegen der Art, in der wir Calloberian erzogen
hatten. Es ging ihm aber nur um Calloberian und ihr Verschwinden. Die
Xisrapen besitzen untereinander ein sehr großes
Zusammengehörigkeitsgefühl. Mit menschlichen Maßstäben
kann man das nicht vergleichen. Koff sagte, daß zwischen allen
Xisrapen, die auf einer bestimmten Welt leben, eine Art energetische
Verbindung besteht.
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