PR TB 225 Eiswelt Cyrglar
Behagens breitete sich in ihm aus. Das war ihm genug.
Allmählich sortierte sein geplagtes Bewußtsein die
Fülle der Informationen, die es von Otkod erhalten hatte, und
formte ein Bild, das der Verstand analysieren konnte, ohne es für
ein surrealistisches Hirngespinst halten zu müssen. Es war ein
Bild der eigenartigsten Zivilisation, die je in diesem Sektor des
Universums entstanden war -ein Bild der Symbiose zwischen den
Einen-Wahren, deren Vorfahren von Terra stammten, und den
Anderen-Wahren, von denen niemand wußte, woher sie kamen.
Die Eis-Elfen wurden sie auch genannt. Sie lebten in den Schrunden
und Klüften, in den Höhlen und Schluchten der Grellin - und
nirgendwo sonst auf diesem Planeten. Die Grellin bot ihnen Schutz und
alles, was sie zum Leben brauchten, was immer das sein mochte.
Niemand wußte, wie zahlreich das Volk der Eis-Elfen war. Ein
Eis-Elf war normalerweise unsichtbar, weil er aus Luft bestand; so
hatte Otkod gesagt. Langion war eher geneigt, zu glauben, daß
die Struktur der Anderen-Wahren auf reiner Energie beruhte. Die
Eis-Elfen gaben den Cyrglarern Ruhe und inneren Frieden, Wärme
und ihren Segen für das Gedeihen der Pflanzen, die sie anbauten.
Man spürte ihre Anwesenheit daran, daß einem wärmer
wurde und die Sorgen sich in ein Nichts auflösten. Die Eis-Elfen
sprachen nur, wenn es wirklich notwendig war; und selbst dann taten
sie es mit unhörbaren Worten, und sie konnten, wenn sie wollten,
bewirken, daß nur der, für den ihre Worte bestimmt waren,
sie hörte.
Der Geläufige Begriff Telepathie war viel zu mager und zu
sachlich, als daß er auch nur einen Bruchteil der
blumig-wortreichen Begeisterung hätte wiedergeben können,
mit der Otkod diese seltsame Gabe der Eis-Elfen geschildert hatte.
Die Eis-Elfen waren es, die die Cyrglarer das Geheimnis der
Tauhohlen gelehrt hatten - wie die Natur sie erschuf und wie der
Mensch die Natur nachahmen und seine eigenen Tauhohle erschaffen
konnte. Sie hatten den menschlichen Bewohnern der Schneewelt auch die
Samen längst vergangener Pflanzen gezeigt, die tief unter der
Eisdecke begraben lagen und infolge der Kälte ihre Keimkraft
bewahrt hatten. Sie hatten die Cyrglarer gelehrt, welche Pflanzen
sich zu welchem Verwendungszweck eigneten; und heutzutage beruhte
alles, was die Einen-Wahren produzierten, auf dem Wissen, das ihnen
von den Anderen-Wahren übermittelt worden war.
Die Eis-Elfen bewegten sich mit großer Geschwindigkeit über
das Land, falls sie die Wildnis der Grellin überhaupt je
verließen. Sie hinterließen keine Spur. Niemand konnte
einen Eis-Elf wahrnehmen, der nicht wahrgenommen werden wollte. In
jedem Wohnplatz gab es mindestens einen Eis-Elf, der sich als der
Beschützer der dortigen Sippe fühlte. Er heizte ihre Höhle,
machte die Pflanzen wachsen und heilte all ihre Sorgen. Gewöhnlich
hielt er sich in der Nähe des Anführers auf, der bei den
Flachblattbauern Ausschauhalter, bei anderen Sippen jedoch anders
genannt wurde. Manchmal waren auch mehrere Eis-Elfen zugleich
Beschützer eines Wohnplatzes.
Iff war der Schutzgeist des Wohnplatzes der Flachblattbauern. Er
befand sich stets in Otkods Nähe. Otkod hatte zu ihm gesprochen,
als er draußen auf der Bodenwelle lag und die herannahenden
Fahrzeuge beobachtete. Iff hätte auch Otkods Gedanken
verstanden; aber die Cyrglarer hatten sich angewöhnt, im
Gespräch mit den EisElfen auszusprechen, was sie dachten; auf
diese Weise formulierten sich die Gedanken von selbst.
Langion war der Beschützte. Lailah, die Urenkelin
Waikantachs, hatte ihm den Talisman gegeben. Sie mußte geahnt
haben, daß er mit Otkod zusammentreffen würde. Es bestand
Abneigung zwischen den Cyrglarern, die in der Stadt wohnten, und
jenen, die das wahre Leben gewählt hatten. Aber sie waren
dennoch von einem Stamm, und Otkod hatte sich vor etlichen Jahren
schon geschworen, Lailah als seine Frau in den Wohnplatz der
Flachblattbauern zu führen. Er hatte ihr den Talisman gegeben,
und sie hatte ihn an Langion weitergereicht, als sie spürte, daß
dieser in Gefahr geraten würde.
Iff hatte Urd herbeigerufen, einen aus seinem Volk, der von nun an
Langions Begleiter sein sollte. Urd verbreitete Zuversicht und innere
Wärme. Aber er hatte es bislang noch nicht für nötig
gehalten, auf die Frage zu antworten, die Langion am heißesten
auf der Seele brannte.
„Warum tut ihr das, ihr Eis-Elfen?“
Am nächsten Morgen sandte Otkod Boten zu den Wohnplätzen
der benachbarten Sippen. Sie hatten den Auftrag,
Weitere Kostenlose Bücher