PR TB 240 Die Grösste Schau Des Universums
dauerte es noch lange, bis er die Weisen aufsuchte.
Er holte sie aus ihren Eremitagen und trieb sie zusammen. Dann riß
er sie aus ihren Träumen und versuchte, sie wachzurütteln.
»Ihr müßt nicht sterben«, sagte er ihnen.
»Ihr dürft den Tod nicht herbeisehnen. Denn wenn das
Lebenslicht des letzten Milcaers erloschen ist, dann gibt es auch
keinen Träger der Volksbewußtseins mehr. Und dann gibt es
nichts mehr, was an unser Volk erinnert.«
Die Weisen verstanden ihn nicht, sie wollten es nicht. Sie flohen
wieder in ihre Träume, aber Cloug holte sie daraus in die
Wirklichkeit zurück. Immer wieder. Er verwies auf die
verglimmende Sonne und stellte die kraftvoll funkelnden Sterne
dagegen. Er zeigte ihnen die endlose Wüste - ihr Grab.
Aber anstatt sie aufzurütteln, erregte er nur ihren Unwillen.
Und er lenkte gar ihren Zorn auf sich, als er damit begann,
zeugungsunwillige Milcaer zu den Lebensbäumen zu treiben und sie
an ihre Pflichten als Arterhalter zu erinnern.
»Träumt nicht vergangene Leben, schafft neues Leben!«
Das hörten die Milcaer gar nicht gern. Es war gegen ihre
Lebensphilosophie, es störte ihre süße Agonie, es
brachte die Realität in ihre Träume.
»Cloug, du bist ein Rebell«, sagten die Weisen.
»In der Tat, das bin ich - ein Rebell«, sagte Cloug
voll Stolz.
Und er wurde immer aufrührerischer und trieb es ärger
und ärger mit seinen Artgenossen. Sie fanden kaum mehr
Gelegenheit zum Träumen. Cloug hetzte sie durch die Wüsten,
zwang sie zum Ausharren bei den
Lebensbäumen und nötigte sie, sich über die Zukunft
Gedanken zu machen.
Er hatte damit sogar Erfolg, doch auf andere Weise, als er es sich
wünschte. Die Weisen begannen darüber nachzusinnen, wie sie
diesem Rebellen Herr werden konnten.
So passierte es, daß Cloug zwar nach fernen Gefahren
Ausschau hielt, die doch nie den Weg zur Welt der Milcaer fanden, die
Bedrohung aus unmittelbarer Nähe jedoch nicht erkannte.
Sie wuchs auf einem Lebensbaum, reifte in jenem Kokon, den er in
die Sonne gehängt hatte und den zu betreuen die Weisen ihm
versprochen hatten. Das taten sie ausgiebig und intensiv. Und wie
einst Cloug legten sie auch in diesen Kokon viele ihrer verkümmerten
Eigenschaften, die in der Summe jedoch jene Kraft ergaben, die Helden
schaffen konnte.
Es währte nicht lange, da war das neue Leben gereift. Ein
ausgewachsener Milcaer hing am Baum und verbrauchte die letzten Reste
des Kokons. Die Weisen nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn
Cloug vor.
»Du hast ausgedient, Cloug«, sagten sie. Und: »Dein
Geist ist wirr, und du trägst die falschen Waffen«, sagten
sie. »Dies ist Moung, der dich als Held ablöst.«
Cloug erkannte in Moung sich selbst. Moung war ein großer
und kräftiger Milcaer wie er. Er strahlte Tatkraft und
Entschlossenheit aus, die der seinen um nichts nachstand. Er blickte
nicht zurück, sondern sah nach vorn, wie es auch Cloug immer
getan hatte.
Und weil er ein Spiegelbild seiner selbst vor sich zu haben
glaubte, lud er Moung zur gemeinsamen Rebellion gegen die Alten ein.
Doch da zeigte Moung sein wahres Ich. Er war nicht aus dem Kokon, aus
dem Cloug erschaffen worden war. Er war ein Sproß der alten
Weisen, ein Träumer und Verfechter der Träume, ein Kämpfer
für das Recht des tödlichen Dahindämmerns.
»Leg die Heldenrüstung ab«, sagte er zu Cloug.
»Deine Zeit ist um. Von jetzt an werde ich der Wächter
über das Glück unseres Volkes sein.«
»Niemals«, sagte Cloug. Und so kam es zum Kampf
zwischen den ungleichen Helden.
Cloug entschied ihn für sich. Er hatte gegenüber Moung
einen großen Vorteil. Denn während er selbst ein Milcaer
der Tat war, war Moung letztlich doch nur ein Träumer. Moung
focht für die Erhaltung der Werte, Cloug kämpfte für
eine veränderte Zukunft.
Als es nach langer gegenseitiger Jagd quer über den
Wüstenplaneten zur letzten entscheidenden Konfrontation kam,
setzte Moung all seine Überredungskunst ein, um Cloug im Sinn
der Weisen zu bekehren.
»Du mußt mich töten, um meinen Widerstand zu
brechen. Und selbst wenn ich hier sterbe und mein Geist in die
Ahnengalerie eingeht, werde ich meine Vorstellungen von einer
besseren Zukunft an spätere Generationen von Träumern
weitergeben.« So sprach Cloug.
»Du wirst nicht sterben«, erwiderte Moung. »Ich
werde dich an einen Lebensbaum hängen, so daß dein Körper
mit allem Lebensnotwendigem
versorgt wird. Irgendwann wirst du dieser Gefangenschaft
überdrüssig sein und zu träumen
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