PR TB 246 Expedition Ins Totenreich
»Vergessen Sie's. Ich übernehme
den Auftrag. Zehn Millionen Solar sofort. Weitere neunzig Millionen
im Fall eines Erfolgs. Mir werden Unkosten entstehen. Richten Sie mir
ein Konto ein. Ich denke, fünfzig Millionen werden zunächst
genügen.«
»Einverstanden!« schrillte K'iin. »Ich werde.«
Sayla stand auf. Abrupt, bleich im Gesicht. Ihr schwindelte.
»Verzeihen Sie«, murmelte die Agentin. »Ich. Es ist
spät. Ich habe noch einen wichtigen Termin. Sprechen wir die
Einzelheiten zu einem anderen Zeitpunkt durch. Nach der
Jahresauktion. Ich muß gehen.«
»Keine Eile«, knirschte Haltya aus der Nacht.
»Brauchen Zeit. Muß zurück nach La-i-donyi. Muß
befehlen: Gebärt! Muß heim in wohlige Finsternis.
Sternwelten zu hell. Mein Welten dunkel.«
Dunkel, ja, durchfuhr es Sayla, während sie Hlochromir
abschiednehmend zunickte und K'iin heiser erklärte, daß
sie ihn anfonen würde. Aber nicht nur deine Welt ist dunkel,
sondern auch deine Seele. Sofern du eine hast, Haltya aus der Nacht.
Sie drückte auf die Schnalle des Schwebegürtels und
wurde federleicht. Sie stieß sich vom Boden ab und flog dem
Glitzern der Energieblase entgegen. Das Flimmerfeld teilte sich und
entließ sie in das weite Gewölbe des Gasthauses, an dessen
südpolarem Grund der Gott seine Tränen vergoß. Weine,
rief sie in Gedanken dem Götzenbildnis zu, weine um uns. Und um
die Ungeborenen von La-i-donyi, die nur zur Welt kommen, damit sie
zur Schlachtbank geführt werden.
»Ich habe auf sie gewartet, Sayla«, sagte in diesem
Moment eine Stimme zu ihr.
5. Rendezvous mit einem Seher
Eine golden funkelnde Energieblase glitt an ihr vorbei. Durch eine
ovale Strukturlücke sah sie einen hageren, braungebrannten Mann
an dem Tisch aus Echtholz sitzen und ihr auffordernd zuwinken.
»Kommen Sie«, rief er. »Setzen Sie sich einen
Moment zu mir.«
Sayla schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich ausgelaugt,
und sie sehnte sich nach der Ruhe ihres Pavillons, nach dem Frieden
der künstlichen Gärten.
»Ich bin Niccolas Skimmish«, fügte der Mann hinzu
und lächelte.
Skimmish! Der Psi-Mann!
Es ist zuviel auf einmal, sagte sich Sayla. Tayaner Bhan, der
einen Koffer voller Zeit verkaufen will, ohne zu ahnen, daß er
nicht einen einzigen Kunden finden wird; Las-Run mit den
Insektenaugen und der verpfändeten Seele;
K'iin und Haltya aus der Nacht, die die Ungeborenen eines ganzen
Planeten gegen die schrecklichste Waffe dieser Milchstraße
tauschen wollen. Und im Pfandhaus der Leidenschaften erwartet mich
Rurrgronnom. Warum sage ich diesem Skimmish nicht, er soll sich zum
Teufel scheren? Ich habe genug von allem, genug von YANINSCHA.
Doch statt dessen drehte sie an ihrer Gürtelschnalle,
beschrieb einen engen Halbkreis und flog durch die Strukturlücke
an Skimmishs Tisch. Das Flimmerfeld schloß sich.
»Setzen Sie sich«, bat der hagere Terraner. »Ich
wußte, daß Sie kommen würden.«
Sayla ließ sich müde auf den Körperformstuhl
sinken. »Was wollen Sie von mir, Skimmish?«
»Sie kennenlernen«, erwiderte der Mann. »Ich
wollte wissen, wer Sie sind. Schließlich werden wir zusammen
sterben.«
Es war wie ein Pawlowscher Reflex. Kaum hatte Skimmish
ausgesprochen, fuhr Saylas rechte Hand in die Höhe. Eine knappe
Drehung des Gelenks, und aus dem Ärmel ihre Overalls glitt der
kleine Impulsstrahler, den sie für Fälle wie diesen immer
bei sich trug. Das Abstrahlfeld der Mündung leuchtete wie die
Glut eines Kohlefeuers. Alles hatte nicht länger als eine knappe
Sekunde gedauert. Skimmish rührte sich nicht. Das Lächeln,
das um seine dünnen Lippen spielte, wurde um eine Spur breiter.
»Sie mißverstehen mich«, fügte Skimmish
hinzu. »Wir werden zusammen sterben, aber nicht hier, nicht
jetzt. Sie können Ihr Spielzeug wieder fortstecken.«
»Was soll dieses Gerede?« fauchte die SolAb-Agentin.
»Wir sind sieben«, murmelte Skimmish versonnen. »Oder
besser - wir werden sieben sein. Ein Blue, ein Haluter, ein Gurrad,
ein Tefroder, ein seltsames schwarzes, kleines Geschöpf, Sie und
ich. Wir werden zusammen sterben. Am Tag der Jahresauktion. Ich habe
es gesehen. Wollen Sie etwas essen?«
Ein weiterer Irrer, dachte Sayla. Natürlich. Habe ich etwas
anderes erwartet? Sie zögerte noch einen Moment und schob den
Impulsstrahler wieder zurück in ihren Ärmel. »Ich
habe keinen Hunger«, antwortete sie. »Mir ist der Appetit
vergangen. Schließlich habe ich soeben gehört, daß
ich nur noch zwei Tage leben werde.«
Und erst dann begriff sie
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