PR Tefroder 01 - Das genetische Siegel
Blick zum fernen Horizont richtete und alles davor nur noch unscharf und verschwommen wahrnahm. Die Kuppeln bildeten markante Punkte im stilisierten Abbild einer Nachbargalaxis der Milchstraße; Andromeda, die ursprüngliche Heimat der Tefroder. Jene Sterneninsel, die Rhodan
kennengelernt hatte, als die Meister der Insel sie noch beherrschten.
Caadil stand neben ihm; der Terraner fühlte ihre Blicke. Sie schienen auf seinem Gesicht zu brennen. »Du hast das Muster erkannt?«
Er nickte beiläufig. »Ungewöhnlich, einer Großstadt auf diese Weise einen architektonischen Stempel aufzudrücken. Welche Bedeutung hat Andromeda für dich? Du bist aller Wahrscheinlichkeit nach nie dort gewesen. Die Reise dorthin würde eine halbe Ewigkeit in Anspruch nehmen.«
Ihre Antwort verblüffte ihn: »Du hast also Andromeda erkannt?«
»Gibt es etwa noch ein anderes Muster?«
»Lass deinen Blick nicht zum Horizont schweifen, sondern fixiere die ersten Gebäude hinter dem Typosiumswall.«
Damit musste sie zweifellos die Hügelkette meinen, die sich rund um den Regierungssitz zog, zu symmetrisch und regelmäßig, um natürlichen Ursprungs zu sein. Rhodan musterte die erste Häuserreihe, lang gestreckte Gebäude, die maximal fünf oder zehn Stockwerke hoch aufragten. Die Fassaden waren mit Stuck und diversen Aufbauten förmlich übersät; zwischen den Fenstern ragte eine Vielzahl Säulen auf, die offenbar der reinen Zierde dienten, denn sie endeten im Nichts, ohne eine tragende Funktion zu erfüllen.
»Erkennst du es?«, fragte Caadil ungeduldig.
Rhodan versuchte, das Bild von Andromeda auszuschalten, etwas anderes zu suchen, unter der Oberfläche, etwas nicht Offensichtliches. Er kam sich vor, als mustere er ein Suchund Vexierbild, wie sie ihn in seiner Kindheit fasziniert hatten. Was siehst du?, glaubte er die Stimme seiner Lehrerin zu hören, die alte Hexe oder die junge Braut?
Die Erinnerung weckte eine weitere, die ihm einen schmerzhaften Stich versetzte, die Erinnerung an sich selbst, wie er seinen Sohn Michael fragte: Der Mausbiber oder der Maahk?, die Erinnerung an Mike, wie er kicherte und behauptete, einen Blue in der Uniform eines französischen Edelmannes zu sehen.
»Ich suche«, meinte er leise. Doch da war nichts anderes als das, was er längst gesehen hatte. Nichts, das er nicht schon längst entdeckt hatte. Die Gebäude. Der feine Dunst. Andromeda. Sonst nichts. Oder? Im selben Moment, als er versuchte, das Kristallkuppelbild Andromedas auszuschalten, formte sich etwas Neues. »Das ... es ist wundervoll.«
Unbebaute Inseln im Häusermeer, grüne Oasen und ein Fluss, der sich durch alles schlängelte, bildeten markante Eckpunkte einer anderen Sterneninsel, das Abbild einer Galaxis, seiner eigenen, wie man sie aus weiter Ferne sah. Die Milchstraße.
»Solange du auf Gorragan bist, wirst du immer wieder feststellen, dass die Transgenetische Allianz eben genau das ist - eine Allianz. Tefroder und Jülziish sind gleichberechtigt, und das spiegelt sich in unserem Alltag wider. Die Tefroder können sich kein Denkmal ihrer alten Heimat Andromeda setzen, wenn die Jülziish nicht zugleich auf die Milchstraße verweisen. Der Verbund unserer Völker ist perfekt.«
»Wie du«, sagte Rhodan, und erst, als er selbst dem Klang dieser Worte lauschte, fiel ihm auf, wie falsch sie interpretiert werden konnten. »Sagtest du nicht«, ergänzte er deshalb, »dass du das perfekte genetische Siegel eurer Verbundenheit trägst?«
»Von Perfektion war nie die Rede.«
»Warte ab«, sagte Haneul Bitna, »bis du sie in ihrem Schiff erlebst. Wenn sie das tut, wozu sie ...« Er brach ab.
»Wozu ich erschaffen worden bin?«, beendete Caadil den Satz. »Du kannst mich damit nicht schockieren. Ich weiß, dass ich weitaus mehr bin als nur eine Pilotin, und ich lasse mich darauf nicht reduzieren. Zumal du nicht sehen wirst, wie ich das Steuer eines Vortex-Raumers übernehme. Ich werde nicht navigieren.«
»Nicht?« Bitna klang enttäuscht.
»Ich werde als Schülerin fungieren. Euch nur begleiten, um zu lernen.«
Der Rahsch'kani wusste offenbar weitaus mehr, als er bislang zugegeben hatte. Rhodan war es allerdings leid, Andeutungen mit anhören zu müssen. Auf manche Fragen hätte er durchaus gerne eine Antwort erhalten. Er tröstete sich allerdings damit, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis er erfuhr, warum die Allianz ihn nach Gorragan geladen hatte. »Kannst du den Schutzschirm deaktivieren?«, fragte er unvermittelt, um vom
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