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PR2604-Die Stunde der Auguren

PR2604-Die Stunde der Auguren

Titel: PR2604-Die Stunde der Auguren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Epoche: Mittelalter«. Auf dem dazugehörigen Holo streckte eine rothäutige Humanoide mit einem dezenten Hörnerpaar, den klimatischen Bedingungen ihres Arbeitsortes entsprechend luftig bekleidet, dem Zuschauer eine spitze rosafarbene Zunge entgegen.
    Die Kabine traf ein und kam rumpelnd zum Stehen. Inez schob das antike Gitterwerk auseinander. Die Scharniere quietschten.
    Dann ging es abwärts.
     
    *
     
    Sie fanden Anicee und Auris weder im turbulenten Mittelalter noch auf der Etage neun: 1400 alter Zeit – italienische Lebenslust ; nicht bei den Gewürzfahrern, Piraten und anderen Hamburger Kaufleuten auf Etage sieben oder auf Etage sechs: Die Dritte Macht, die ganz neue und verwegene Einblicke boten in das Gebaren von Rhodan, Thora und zahllosen anderen, blutjungen Arkonidinnen unter der legendären Energiekuppel in der damaligen Wüste Gobi.
    Das fünfte Stockwerk war den Meistern der Inseln gewidmet. Seine Besatzung verdankte diese Etage, wie ein Werbeholo Routh eine Weile lang mit Richtschall in die Ohren plärrte, einem »von tefrodischen Archäologen gefundenen Multiduplikator samt Atomschablone von Mirona Thetin, technisches Gerät, das zum Wohl ihrer Kunden anzuschaffen die Reeperbahn weder Kosten noch Mühen gescheut hat.«
    Die hier zuhauf auftretenden Mirona Thetins waren von einer geradezu einschüchternden Schönheit. Die allgegenwärtigen Mundschenke waren wohlgestaltet, nur mit einem Lendenschurz bekleidet und offenbar dem legendären Don Redhorse nachgebildet.
    Auf Etage drei – Aphilie – fand sich Routh unter einer roten Sonne im leicht flackernden Holohimmel wieder: Medaillon. Das Publikum wie das Personal gaben sich eisgekühlt-emotionslos, und Routh hätte nicht in jedem Fall zu sagen gewusst, ob er es mit einem Androiden zu tun hatte, der nicht weniger menschlich wirkte als Inez, oder mit einem Menschen, der sich als Androide kostümiert hatte.
    Anicee und Auris standen, die Arme einander um die Schulter gelegt, inmitten einer Menge junger Leute. Obwohl die Menge fast unüberschaubar war – Puc erinnerte ihn kurz darauf an die genaue Zahl: 1025 –, hatte Routh sie beinahe unmittelbar entdeckt.
    Anicee trug ihr Kleid aus dem mimetischen Tuch, den er ihr zum Abschluss ihres Pädagogikums geschenkt hatte. Der Schneider hatte daraus ein Kleid gefertigt, das eine Handbreit über die Knie reichte, die Arme aber vollständig frei ließ. Im Augenblick strahlte das Kleid in einem fast transparenten Weiß, unter dem die Linien ihres Leibes sichtbar schienen. Wenn sie wollte, würde der Stoff die Farben der Umgebung annehmen.
    Routh hatte ein Monatsgehalt für diesen Stoff und seinen Zuschnitt gegeben.
    Helle Schlieren schienen über das Kleid gelegt, lichten, luftigen Schals gleich, einem leichten Gürtel. Auch das waren Effekte des mimetischen Tuches.
    Die beiden gehörten zu den letzten Reihen der Menge, die sich konzentrisch um ein Podest geschart hatte. Auf der kleinen, runden Tribüne stand ein Mensch. Er war nicht groß, vielleicht 1,60 Meter, beinahe zierlich. Aber Routh spürte das gewisse Charisma, das er ausstrahlte.
    Dass Routh nicht sicher war, ob diese Gestalt Mann oder Frau war, irritierte ihn in dieser Umgebung wenig. Die Reeperbahn spielte mit allem Geschlechtlichen, setzte auf das überbetont Weibliche oder Männliche ebenso wie auf eine Verwischung der Grenzen, auf erotische Travestie und Transvestitentum. Insofern fiel das hermaphroditische Wesen nicht weiter auf.
    Viel merkwürdiger mutete es Routh an, dass dessen Gesicht weiß wie das eines archaischen Clowns war – und auch wieder nicht. Das Weiß schillerte immer wieder in allen Regenbogenfarben, als bestünde es aus Perlmutt.
    Für einen Moment überlegte Routh, ob diese Gestalt vielleicht eine Maske trug. Aber dem war wohl nicht so. Das Gesicht schien auf undefinierbare Weise eigenschaftslos.
    Routh schloss die Augen, und tatsächlich: Er konnte sich an keinen Gesichtszug mehr erinnern, hätte nichts beschreiben, hätte nicht einmal sagen können, ob es schön oder hässlich war.
    Das Einzige, was sich Routh förmlich eingebrannt hatte, war das Lächeln auf diesem Gesicht: warm und wissend und tröstend.
    Das Lächeln der Auguren.
    Denn er hatte keinen Zweifel, dass dort, leicht erhaben und unter der fiktiven roten Sonne, einer dieser Auguren stand.
    »Bin ich dir noch vonnöten?«, erkundigte sich die Androidin an seiner Seite.
    »Nein. Aber du kannst bleiben, wenn es dich interessiert.«
    »Es gibt nichts, was mich

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