PR2609-Im Reich der Masken
das nicht zum ersten Mal.
Offenbar besaßen sie ein Levitationsorgan, mit dem sie die Schwerkraft manipulieren konnten. Oder bedienten sie sich winziger Technologie?
Beide schwebten auf ihn zu, landeten auf seiner Schulter und girrten und fiepten hörbar vergnügt. Mochten sie noch so fremdartig sein, diese Emotion war ihnen deutlich anzuhören.
Eines hüpfte auf die linke Schulter, und im nächsten Augenblick schmiegten sie sich von beiden Seiten an seinen Hals. Äußerst angenehm, das konnte er nicht leugnen. Die Pelzhaare kitzelten ihn unter dem Kinn.
»Eroin, versuch einen Translator so einzustellen, dass er ihre Sprache übertragen kann.«
»Es wird schwer möglich sein«, kündigte der Commo'Dyr an. »Die piepsenden Laute unterscheiden sich völlig von normaler Kommunikation. Ich bezweifle, dass es sich um eine echte Sprache mit Syntax und ...«
»Sie sind intelligent, nicht wahr? Sie benutzen Raumschiffe. Also werden sie auch kommunizieren. Weshalb sollte es Kosmokratentechnologie nicht möglich sein, die Kommunikation von einfachen Lebewesen zu verstehen?« Saedelaere wählte bewusst scharfe Worte, um den Zwergandroiden herauszufordern. Vielleicht nutzte es etwas, ihn bei seiner Ehre zu packen.
Zwischenspiel
Eroin Blitzer
Ich wusste genau, was Alraska plante und wieso er es derart herausfordernd formulierte. Er dachte, er müsste mich zusätzlich motivieren.
Sein Volk, die Terraner, nennen das wohl Psychologie; er glaubte, er könnte mich manipulieren. Nun, ich ließ ihn in dem Glauben, schließlich verschaffte es mir endlich wieder die nötige Zeit. Während der schwierigen Manöver in der Librationszone und als wir in den Kernbereich der Anomalie eingedrungen waren, musste ich meine volle Aufmerksamkeit der Gegenwart widmen.
Nun konnte ich erneut nachdenken und reflektieren, was geschehen war, nachdem ich den Privatbereich der Frau Samburi Yura erreicht hatte.
Den Befehl, sich um die Sprachanalyse dieser Wollkugeln zu kümmern, erteilte ich dem Bordrechner. Das sollte zunächst ausreichen – er würde es genauso gut erledigen wie ich; es galt lediglich, Datenmaterial aufzunehmen und zu analysieren.
Also blieb mir genug Zeit.
In Gedanken betrat ich erneut den privaten Rückzugsraum unserer Kommandantin. Sofort überkam mich wieder dieser Druck und diese elende Übelkeit, weil ich etwas getan hatte, was mir nicht erlaubt war.
Für das ich nicht geschaffen worden war.
Mein Handeln widerstrebte mir zutiefst, und es schmerzte, es sich erneut in Erinnerung zu rufen. Doch ich schüttelte dieses Empfinden ab. Das Ergebnis hatte doch gezeigt, dass es richtig und notwendig gewesen war.
Oder?
Diese eine, simple Frage war es, die mich fast verzweifeln ließ.
*
Das Wächterwesen taucht nicht wieder auf. Es lässt mich gewähren.
Seltsam, sicher könnte es mich daran hindern, weiter vorzudringen. Doch weder es noch die Sicherheitssysteme der LEUCHTKRAFT halten mich auf. Eigentlich ist das Beweis genug, dass ich keinen Fehler begehe.
Das rede ich mir zumindest ein. Also setze ich weiterhin einen Fuß vor den anderen, und ich schäme mich.
Dafür, dass ich nun Dinge sehe, die ich nicht sehen sollte. Die der Kommandantin vorbehalten sein sollten. Dies ist Samburi Yuras privates Gebiet.
Etwa dieses Bild an der Wand, die holografische Darstellung eines ... was immer es sein mag. Ich verstehe es nicht, aber allein indem ich es anschaue, komme ich mir wie ein Verräter vor. Ich entheilige es.
Ich hintergehe Samburi Yura. Es ist nicht anders, als würde ich offen einen Dolch in ihre Seele stoßen.
Aber ich muss es tun, um ihr gerecht zu werden. Um zu erfüllen, was sie von mir verlangt.
Das fühle und das hoffe ich.
Und doch droht mich mein Tun von innen aufzufressen und all das, was mich zu dem macht, was ich bin, auszuhöhlen.
Der Geruch der Umgebung ändert sich. Wonach hat es bislang gerochen? Ich glaube, nach gar nichts. Oder nach etwas, das ich so lange und ständig rieche, dass ich es einfach nicht mehr wahrnehme.
Nun jedoch ist es anders. Ich kann es nicht benennen, finde kein Wort dafür. Ich bleibe stehen, schließe die Augen, atme ein, versuche es auch zu schmecken, um eine Vorstellung zu bekommen.
Steinstaub?
Vermischt mit dumpf-erdigen Ausdünstungen von feuchten Pilzgewächsen?
Eine Erinnerung nimmt Gestalt an, das Aufblitzen eines Bildes, das ich niemals gesehen habe: ein Wald aus reliefgeschmückten Stelen. Als ich ihn sehe, zündet eine Assoziation, ich empfinde
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