PR2610-Die Entscheidung des Androiden
Eroin Blitzer während der letzten Tage nach. Ein Holo zeigte in einer schematischen Darstellung des Schiffs seinen Aufenthaltsort, ehe er in der ROTOR-G von Bord gegangen war.
Die Abbildung bewegte sich dabei rückwärts durch die Zeit. Lange Zeit blieben die ermittelten Daten nichtssagend. Fallun Vierauf interessierte sich nicht dafür, was Blitzer in der Zentrale oder auf den Korridoren getan, ob er diesen oder jenen Weg eingeschlagen hatte.
Mit stoischer Geduld starrte der Commo'Dyr auf das schematische Holo. Nach einiger Zeit beschleunigte er die Wiedergabe, um Zeit zu gewinnen.
Dabei fiel ihm das Stocken zum ersten Mal auf, und ab diesem Zeitpunkt geschah es immer wieder, wohl wenn DAN genauere Berechnungen durchführen musste.
Zunächst hielt Vierauf das für einen Zufall, dann häufte es sich jedoch. Und das durfte nicht sein! Eine derart einfache Aufgabe konnte den Bordrechner nicht überlasten.
Sofort regte sich Misstrauen in dem Zwergandroiden. Was sollte das bedeuten? Er erinnerte sich, wie DAN die von ihm geforderte Neuberechnung verweigert hatte. Arbeitete der Bordrechner etwa gegen ihn? Sabotierte er die Ermittlungen oder fälschte er sogar die Daten?
Der Gedanke kam ihm absonderlich und irreal vor, aber alles sprach dafür, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
Als Fallun Vierauf den ersten Schock über diese Erkenntnis überwand, kam ihm eine andere, ebenso einleuchtende Idee.
»DAN«, wendete er sich per Sprachsteuerung an den Bordcomputer, »gibt es Zeiten, in denen Eroin Blitzer seinen Weg verschleiert hat?«
»Eine Auskunft ist nicht möglich.«
Selbstverständlich nicht; wenn Blitzer so gehandelt hatte, ließ sich das für den Rechner nicht nachvollziehen. Zumindest nicht auf direktem Weg. Das war ja gerade der Sinn einer Verschleierung.
Vierauf beschloss, dass die Zeit der außergewöhnlichen Handlungen gekommen war. Also ging er an die Arbeit und wühlte sich tiefer ins System.
*
Wie lange er sich bereits tiefer in das Speichersystem vorarbeitete, wusste er nicht mehr. Ihm kam jegliches Zeitgefühl abhanden.
Jede Aufzeichnung führte zu einer anderen, jede Sackgasse zu einer neuen Idee. Fallun Vierauf stellte verlorene Daten wieder her und interpretierte oberflächliche Bilder auf neue Weise. So konnte er hinter die von Eroin Blitzer gefälschten Aufnahmen blicken und die Wahrheit ans Licht bringen.
Dabei entstand ein erstaunliches Bild der Vergangenheit. Blitzer hatte tatsächlich seinen Weg verschleiert, daran gab es nun keinen Zweifel mehr. Nur mit höchster Entscheidungsgewalt war ihm dies überhaupt möglich gewesen.
Die Frage war nur, wieso er es getan hatte. Vor wem und aus welchem Grund hatte Eroin Blitzer etwas verheimlichen wollen?
Erst als sich der Zwergandroide eine weitere Schicht tiefer wühlte und die Aufzeichnung dessen sah, was tatsächlich geschehen war, verstand er.
Es war in der Tat ungeheuerlich: ein Vertrauensbruch gegen die Kommandantin persönlich!
Darum also ging es. Eroin Blitzer war in den privaten Rückzugsbereich der Frau Samburi Yura eingedrungen!
Zunächst wollte Vierauf ihn dafür verachten, dann fiel ihm ein, wie er genau diesen Fehler schon einmal begangen hatte und eines Besseren belehrt worden war. Vielleicht gab es einen guten Grund für Blitzers Handlungen. Nein, mehr noch: Ganz sicher gab es einen solchen.
Es gelang, ein Echtbild zu rekonstruieren. Das Holo zeigte Eroin Blitzer, wie er durch die Gänge schlich, als wäre er ein Eindringling der Chaotarchen. Das Bild war kurz vor dem Privatbereich der Kommandantin entstanden – danach brachen sämtliche Aufzeichnungen ab.
Dort hinein reichten die internen Sensoren des Schiffes nicht; auch DAN hatte keinerlei Möglichkeit, diese Räumlichkeiten einzusehen. Was sich dort abspielte, wusste niemand.
Niemand außer Samburi Yura persönlich, und nun auch Eroin Blitzer. Das Bild zeigte den Commo'Dyr, wie er sich schämte, den Blick der großen Augen nach unten gerichtet, die Arme fast auf dem Boden schleifend.
Ein Anblick, der Fallun Vierauf erschütterte.
Und doch wusste er vom ersten Augenblick an, dass ihm genau derselbe Weg bevorstand. Er zog sich aus dem Speichersystem zurück, löschte das Protokoll der letzten Stunden und beendete die Arbeitssitzung.
Dann eilte er los. Es konnte nur ein Ziel geben. Er durfte nicht darüber nachdenken, sonst würde ihn der Mut verlassen.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger eilte er hocherhobenen Hauptes voran und machte sich nicht die
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