PR2610-Die Entscheidung des Androiden
Mühe, seinen Weg zu verschleiern. Die Zeit der Heimlichkeiten war vorüber.
*
»Du bist bereits der Zweite deiner Art, der hier auftaucht.« Die Stimme klang leise, gleich einem verzerrten Piepsen.
Fallun Vierauf drehte sich ruckartig um. Neben ihm stand plötzlich ein seltsames Etwas, viel kleiner als er selbst. Wo es wohl hergekommen war?
Es ging auf vier Beinen, die in zierlichen Pfoten endeten. Seine Oberfläche glänzte metallisch und ähnelte dennoch einem Fell. Von dem possierlichen Gesicht ragten dünne Fäden auf beide Seiten.
Schnurrhaare, erkannte der Zwergandroide. Dies ist das etwas veränderte Abbild eines Kaninchens, wie man es auf Terra, der Heimatwelt des Übergangs-Kommandanten, findet.
»Ich weiß«, sagte er. »Eroin Blitzer war schon vor mir hier.«
»Wieso überrascht es mich nicht, dass nun auch du kommst? Scheinbar wird es selbstverständlich für die Offiziere. Wer hätte das früher für möglich gehalten? Vorher ist für Ewigkeiten nichts dergleichen geschehen. Das sollte einem doch zu denken geben.«
»Wer bist du?«, fragte Fallun Vierauf, den das Gerede nicht interessierte. Er war an diesen Ort gekommen, um einen selbstauferlegten Auftrag zu erfüllen, weil er es für nötig hielt, und aus keinem Grund sonst.
»Ich bin einer der Wächter über das private Heiligtum der Samburi Yura. Die Kommandantin hat mich erschaffen.« Das Wesen hoppelte näher. »Ich gebe allerdings zu, dass es in Ordnung ist, dass du mich weder kennst noch erkennst. Bis vor Kurzem schlief ich, seit langer Zeit. Nun werde ich alle naselang gestört.«
»Wer war noch hier, außer Eroin Blitzer?«
»Warum interessiert es dich?«
»Weil ich für das Wohl und Wehe des Schiffs verantwortlich bin.«
Das Wächterwesen stellte sich auf seine Hinterbeine. Die Schnurrhaare zitterten, als sich das metallene Näschen blähte. »Keine schlechte Antwort. Dennoch erscheint mir das alles wie das Haschen nach Wind.«
Fallun Vierauf beschloss, sein Gegenüber zu ignorieren. Er ging an ihm vorüber.
Das Wesen eilte erstaunlich schnell voraus und stand plötzlich vor ihm, verbaute ihm den Weg. Oder wollte es zumindest – es war zu klein, um ohne weitere Hilfsmittel ein ernsthaftes Hindernis zu bilden.
»Warte!«, forderte es.
»Wieso?«
»Ich bin der Wächter. Es ist meine Aufgabe, dich nicht einfach passieren zu lassen. Du musst mir den Sinn meiner Existenz schon zugestehen.«
»Aber du hast Eroin Blitzer nicht aufgehalten.« Das wusste Vierauf nicht, es stellte eine reine Vermutung dar. Einen Schuss ins Blaue, wie Saedelaere diese Handlungsweise einmal genannt hatte. Eine seltsame Redewendung, deren Ursprung der Zwergandroide nicht kannte, die ihm aber eingängig erschien.
»Ich hatte einen guten Grund, ihn nicht aufzuhalten.«
»So?« Vierauf schritt weiter aus. »Vielleicht vermochtest du es einfach nicht, wie du mich auch nicht stoppen kannst.«
Der Wächter wuchs plötzlich, nahm die Gestalt eines Androiden an. Die Logik diktierte dem Commo'Dyr, dass es sich um eine optische Täuschung handeln musste. Er glaubte nicht, dass ein einfaches Wächterwesen tatsächlich über formwandlerische Fähigkeiten verfügte. »Eroin Blitzer hat mich überzeugt, dass es besser sei, ihn gewähren zu lassen. Inzwischen weiß ich allerdings nicht mehr, ob meine Entscheidung richtig gewesen ist.«
»Dieses Gefühl kenne ich«, sagte Vierauf. »Es ist uns nicht bestimmt, solche Entscheidungen zu treffen, aber es kommen Momente, in denen uns keine andere Wahl bleibt.«
»Uns?«, fragte das Wächterwesen. »Ich bin nicht wie du, auch wenn ich gerade so aussehe.«
Aber du bist mir ähnlich, dachte Vierauf. »Warum hast du diese Gestalt angenommen?«
»Weil es angemessen ist.«
Der Commo'Dyr dachte nach. »Eine seltsame Antwort. Du redest ohnehin auf ...«
»Es spielt keine Rolle«, unterbrach das Kaninchen. »Wichtig ist nur, was Eroin Blitzer gefunden hat. Und warum er es entdecken konnte.« Eine kurze Pause folgte, dann ergänzte der Wächter: »Außerdem frage ich mich, weshalb er daraus keine Konsequenzen gezogen hat, obwohl die Kommandantin in ihm eine Flamme sah. Vielleicht ist die Zeit doch noch nicht gekommen, in der das Glimmen sich ausweitet.«
Fallun Vierauf verstand nicht, wovon sein Gegenüber sprach. Der Sinn der Worte blieb ihm verborgen. Doch eines erschien ihm logisch. »Du irrst dich, wenn du glaubst, Eroin Blitzer habe keine Konsequenzen gezogen. Das hat er, denn er schickte mich hierher.«
»So?
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