PR2611-Gegen den Irrsinn
schießen!«
»Niemand hat derzeit eine Chance, auch nur in die Nähe der Zentrale zu kommen. Ich kann mich selbst kaum noch auf meine Aufgaben konzentrieren – und ich bin weit von ihm entfernt.« Seruans Maske hellte sich auf. »Kannst du nicht einen Kampfroboter entsenden?«
Eines der Datenwesen irrte auf Pridon zu. An der Wand abgestützt, wich ihm der Gardeleutnant aus. Dann hob er das Multifunktionsband am Handgelenk wieder an. Seruan blickte ihm von dem kleinen Display entgegen.
»Das geht nicht«, stieß Pridon aus. »Die Roboter werden ebenfalls von der Zentrale aus gesteuert.«
»Was können wir denn dann tun?«
Schwer atmend lehnte sich Pridon gegen die Wand. Die Strapazen nach der Reanimation forderten ihren Tribut. Zudem hatte er sich in den letzten Stunden weder ernährt noch ausreichend Flüssigkeit zu sich genommen – von der abgebrochenen Medizinalbehandlung ganz zu schweigen.
Lange würde er sich nicht mehr auf den Beinen halten.
»Nichts«, sagte er mit schwerer Zunge. »Wir können gar nichts tun. Saedelaere hat uns in unserem eigenen Palast gefangen genommen. Nun sind wir ihm ausgeliefert. Er kann mit uns machen, was er will, und wir können nichts dagegen tun.«
»Du willst aufgeben?«
Pridon antwortete nicht mehr. Wozu auch? Er unterbrach die Kom-Verbindung zu Seruan.
Das Datenwesen stakste auf ihn zu, hob die Tentakelarme, durch die farbige Informationsflitter pulsierten. Es zitierte aus der Heldenballade von Fura'chur, erzählte die Geschichte des legendären Maskenfertigers, der auf tragische Weise ums Leben gekommen war, als er die Ultimaske selbst aufgesetzt hatte, die er für seinen Hohen Herrn gefertigt hatte.
Würde das Datenwesen ihn töten? Erzählte es dann die Geschichte des Versagers Pridon, der selbst den Feind in den Verwaltungspalast gebracht hatte?
Er hätte Saedelaere nie trauen dürfen. War es nicht von vornherein klar gewesen, dass er mit den Hohen Mächten gemeinsame Sache machte? Die billige Maske. Eine simple, aber gefährliche Puppe der Geißeln?
Das Datenwesen hob einen Tentakel, strich tastend über Pridons Maske.
»Und Fura'chur nahm sein Werk aus der Mulde und besah es. Sein Gesicht spiegelte sich im goldenen Material. Er sah sich selbst im Angesicht der Macht, die ihm die Ultimaske verleihen würde, wenn er seine Angst überwinden würde und sie sich aufsetzte«, verkündete das Datenwesen. »Fura'chur ängstigte sich, und das Haus ängstigte sich mit ihm. Fura'chur lachte, und das Haus lachte mit ihm. Fura'chur setzte sich die Ultimaske auf, und das Haus wendete sich von ihm ab.«
Pridon wich zurück. Schritt für Schritt. Er wollte nicht sterben. Solange er Luft durch die Atemöffnung bekam, würde er weiteratmen. Solange Kraft in seinen Armen war, würde er kämpfen.
Ein kratzendes Geräusch ließ ihn aufblicken.
Der Gardeleutnant benötigte einige Augenblicke, bis er zwischen den Raub- und Fabeltieren den Körper ausgemacht hatte, der für die Kratzgeräusche verantwortlich war.
Sholoubwa.
Pridon hatte ihn einmal kurz gesehen, nachdem er aus der Zentrale zurückgekehrt war. Ob Saedelaere ihn fortgeschickt hatte oder ob Sholoubwa geflohen war, hatte Pridon zu diesem Zeitpunkt nicht interessiert. Zu stark war er von den Schreckensgestalten vereinnahmt worden, die auf ihn einstürmten. Er hatte nur gesehen, wie sich der spinnenbeinige Konstrukteur in einer Ecke in sich zusammengesunken war, als wäre er von den Geistern genauso ermüdet wie alle Besatzungsmitglieder.
Sholoubwa.
Er genoss Saedelaeres Vertrauen. Nicht nur das: Der Terraner hatte von Anfang an außerordentlich großes Interesse an dem Roboter gezeigt.
Fiebrige Aufregung erfasste den Gardeleutnant. Wie würde Saedelaere reagieren, wenn Sholoubwa in die Zentrale zurückkehrte? Würde er ihn aufhalten oder ihn gewähren lassen?
Pridon fühlte Hoffnung in sich aufsteigen, stark wie ein Krafttrunk. Wenn er in diesem Augenblick handelte, gelang es ihm womöglich, den Irrsinn zu stoppen, bevor die Herzogin tot und der Verwaltungspalast komplett zerstört wäre.
Eine letzte Chance.
Pridon sah sich um. Sein Blick blieb an der Tür zu einem Lagerraum hängen. Darin wurden allerlei Gegenstände aufbewahrt, die für Kommandoaktionen Verwendung finden konnten.
Der Gardeleutnant ignorierte zwei Gaufern, die sich zwei Armspannen über seinem Kopf gegenseitig attackierten. Schuppen regneten herab. Er wankte auf den Lagerraum zu, erreichte ihn gerade rechtzeitig, bevor eines der Datenwesen
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