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PR2616-Countdown für Sol

PR2616-Countdown für Sol

Titel: PR2616-Countdown für Sol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arndt Ellmer
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»Körpertemperatur.«
    »Verstanden!«
    Während er die Wärme genoss und seine Muskulatur sich entspannte, ließ er die letzten Wochen Revue passieren.
    Für die Besatzung einer Raumstation oder eines Raumschiffs zu kochen war ganz anders, als er es gewohnt war. Die Gäste kamen zu den unterschiedlichsten Zeiten, um ihr Essen einzunehmen. Und meistens hatten sie keine Zeit. Alles musste schnell gehen.
    Korbinian hatte sich rasch daran gewöhnt, auf Verzierungen und Feinheiten zu verzichten. Die Männer und Frauen der Besatzung wussten es nicht zu schätzen. Die Geschmacksknospen in ihren Gaumen waren nicht aktiviert wie bei einem Besuch im Restaurant. Das Ambiente fehlte zudem, das ihnen feinschmeckerisch auf die Beine half.
    Wenn er ihnen Gänseleberpastete vorsetzte, aßen sie es wie einen Brotaufstrich, und wenn er Schnecken anbot, schmatzten sie darauf herum, als sei es Kaugummi.
    Das eng begrenzte Budget störte ihn nicht weiter. Als Meisterkoch zauberte er aus wenig ganz viel. Eine Scheibe Brot, ein Ei und eine Scheibe Speck ergaben einen leckeren Strammen Max. Jüngst hatte er mit der Fähre eine Lieferung Eisbein erhalten und war gespannt darauf, wie die Besatzung mit Haxe, Kartoffelbrei und Sauerkraut umgehen würde. Vorsichtshalber hatte er Stauraum in der Gefrierstation freigemacht. Oder sie mussten eine Woche lang dasselbe essen.
    Korbinian schloss die Augen und döste ein, bis ihn der Servo mit lauter Stimme weckte.
    »Du verpasst deine Rouladen, wenn du dich nicht beeilst.«
    »Warum schreist du so?«
    »Zweimal hast du mich nicht gehört.«
    Er stieg aus der Wanne, ließ sich vom Luftstrom trocknen und zog frische Wäsche an. Den Weg zu seinem Arbeitsplatz legte er auf einer kleinen Schwebescheibe zurück.
    Die »Hiwis«, wie er sie nannte, warteten schon auf ihn. »Hiwis« war die in solchen Stationen übliche Abkürzung für Hilfswissenschaftler, die eine Aufgabe gesucht hatten und die er als Lernköche übernommen hatte.
    »Rinderroulade mit Knödeln und einer Pfifferlingrahmsoße«, sagte er. »Wer das nicht mag, bekommt heute Brot mit Ayoli. Erster Arbeitsschritt: vierzig hart gekochte Eier. Hiwi eins und zwei kümmern sich darum. Zweiter Schritt: vierzig Essiggurken abtrocknen und bereitlegen.«
    Im Love in the Bottle hätten die Automaten das gemacht. In der AMATERASU war alles solide Handarbeit.
    Korbinian holte die Rouladen aus dem Kühlraum und legte achtzig Stück nebeneinander und hintereinander auf den Edelstahltisch. Bereits am Vortag hatte er sie mit Salz und Pfeffer dezent eingerieben.
    »Hiwi drei und vier: eine Seite der Rouladen hauchdünn mit Senf bestreichen. Achtung! Nehmt den scharfen Senf mit dem Raubtierkopf auf dem Etikett, nicht den milden. Im milden ist zu viel Zucker drin. Hauchdünn, sagte ich. Man muss durchsehen können. Anschließend werden die Gurken und die geschälten, abgekühlten Eier mit je einer Scheibe Bacon eingerollt. Dann ab in die Rouladen. Vierzig mit Gurke, vierzig mit Ei. Wenn es nicht aufgeht, habt ihr heimlich genascht.«
    Allgemeines Gelächter brandete auf, allerdings klang es ein wenig merkwürdig. Die »Hiwis« fingen herzhaft an, dann jedoch versiegte ihnen irgendwie die Stimme. Es endete in einem Gurgeln und seltsame Stille folgte.
    Nach ein, zwei Sekunden hob Korbinian den Kopf. »Was ist ...?«
    Hiwi eins und zwei fielen rohe Eier zu Boden. Statt sich zu bücken und die Bescherung aufzuwischen, setzten sie ihre Arbeit ungerührt fort. Die nächsten Eier zerschellten.
    »Sofort aufhören!«
    Im Spurt hetzte Korbinian um den langen Tisch herum und zerrte die beiden von den Eiern weg. Bei den Essiggurken fiel einer der Kübel um, mindestens zehn Liter Saft und fünfzig Gurken ergossen sich über den Boden.
    »Servo, Prallfelder einsetzen!«
    Die Hiwis rührten sich nicht mehr. Reinigungsroboter fuhren aus ihren Wandboxen und fingen an, die Schweinerei aufzuwischen.
    Korbinian stützte sich an der Tischplatte ab. Ihm war schwindelig. Ein paar Sekunden lang drehte sich die gesamte Küche um ihn. Eine 180-Grad-Drehung. Er sah alles auf dem Kopf stehen. Irgendwann klappte das Bild wie in Zeitlupe um, bis die Möbel wieder richtig herum standen.
    Eigentlich müsste die Küche jetzt seitenverkehrt sein, überlegte er. Aber das war nicht der Fall.
    Medoroboter rückten an und kümmerten sich um die Männer und Frauen. Auch um Korbinian Boko. Der aber wimmelte ab. Er war wieder klar im Kopf, während die »Hiwis« nach wie vor völlig desorientiert

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