PR2617-Der dunkelste aller Tage
alle Schwierigkeiten beseitigen konnte.
»Den letzten Schritt zu unserer Befreiung musst du selbst machen«, sagte Lia in dem Moment. »Befreie mich!« Sie schrie geradezu. »Befreie uns alle aus diesem Raum!«
Er zögerte.
Es war so anstrengend gewesen, diesen Raum zu bauen. So viel von sich selbst hatte er hineingesteckt und sich mit der Kraftquelle, die ihm diese Leistung erst ermöglich hatte, förmlich verschränkt – er würde die Zerstörung des Raumes womöglich nicht überleben.
Lia lächelte. »Würde ich es überstehen?«
Kannte sie seine Gedanken? Korbinian reagierte überrascht, dass sie das wusste. Allerdings – ja, wenn er länger darüber nachdachte, Lia würde sehr wahrscheinlich unbehelligt davonkommen. Das hieße jedoch ...
»Nein!«, sagte seine Schwester. »Lass es sein! Bring dich wegen mir nicht in Gefahr. Wir sind hier in Sicherheit. Ich bin bei dir, auch wenn wir hier nicht wegkommen. Aber so soll es bleiben.«
Ihre Stimme klang plötzlich verändert. Mühsam verhaltener Schmerz schwang darin mit. Sie wich seinem Blick aus, schaute auf ihre Arme, und ihr Gesicht verzerrte sich, als könne sie nicht glauben, was sie sah.
Korbinian konnte es ebenso wenig glauben. Flammen leckten über Lias Arme und griffen nach ihren Schultern. Er sah ihr an, dass sie die Hitze kaum aushielt. Wie schrecklich war es für sie, ihren Schmerz vor ihm zu verbergen, sogar einen Aufschrei unterdrücken zu müssen?
Wie hatte sie damals geschrien, als sie ihn gesucht, aber nicht gefunden hatte und den Flammen zum Opfer gefallen war?
Nicht noch einmal.
Lia darf nicht wieder meinetwegen solche Qualen leiden, und auch unser Vater ist daran unschuldig.
Ich habe das getan, ich.
Ich muss alles wiedergutmachen!
Er musste die beiden Menschen freisetzen, die er am meisten liebte und denen er so viel Schmerz zugefügt hatte.
Sofort. Nicht erst, wenn Stradprais so weit war.
Sofort!
5.
Terrania, Handelsraumhafen Point Surfat
15. September, 11.25 Uhr
Das also war die LADY LAVERNA. Ein wohlklingender Name, doch dahinter verbarg sich eine uralte Springerwalze.
Toja Zanabazar nickte nur, als der Kontrolleur das Holo des Landefeldes für sie projizierte. Weit draußen stand das Schiff, abseits der üblichen hektischen Geschäftigkeit, die für gewöhnlich den Handelsraumhafen und sein näheres Umland in einen quirlig überquellenden Wurmtopf verwandelte.
Seit das Solsystem aus dem Gefüge der heimischen Milchstraße herausgerissen und in diesen kahlen Weltraum versetzt worden war, hatte sich der Eifer auf Point Surfat merklich gelegt. Nur wenige Schiffe standen auf der weitläufigen Piste, wahllos hingestreut wie Spielsteine auf einem Brett mit vielen Feldern. Die schweren Entladevorrichtungen standen still. Einige tausend große Frachtcontainer stapelten sich entlang der Peripherie als stählernes Gebirge, das dem Lärmschutzwall rings um den Handelsraumhafen Konkurrenz machte.
Vielleicht fühlte sich niemand mehr für die Fracht zuständig. Ausgeliefert, aber nicht abgeholt. Das Risiko mochte bei den Empfängern der vielfältigen Waren liegen, doch die waren in der Milchstraße zurückgeblieben.
Ein absonderlicher Gedanke, dass Tausende, vielleicht Zehntausende von Raumschiffen – ein buntes Sammelsurium aus Einheiten der meisten raumfahrenden Völker – wie ein aufgescheuchter Wespenschwarm genau dort kreuzten, wo Sol sein sollte, es aber nicht mehr war. Was mochte die Galaxis überhaupt davon mitbekommen haben?
»... soll ich das für dich erledigen?«
»Bitte?« Toja Zanabazar schaute den Kontrolleur verwirrt an. Sie war mit ihren Gedanken zu weit weg gewesen und hatte von seiner Frage nur den Schluss mitbekommen. Außerdem hatte sie sich eben zu ihren Kindern umgewandt, die ein paar Meter hinter ihr warteten.
»Ich informiere Kapitän Surtland ...«
Toja wehrte ab. »Ich will ihn überraschen, wir haben uns lange nicht gesehen.«
Noch gar nicht wäre die volle Wahrheit gewesen. Aber das wollte sie dem Roboter nicht sagen. Erst recht nicht, dass sie gespannt darauf war, endlich einem anderen abwesenden Freund zu begegnen. Wer war er, wie lebte er? Das war es, was sie interessierte. Schon an den Robotern in seinem Umfeld würde sie erkennen können, was für ein Mensch er war.
Ein wenig enttäuscht war sie nur, dass die Initialen auf den beiden Umschlägen, die Adams ihr mitgegeben hatte, nicht mit dem Namen des Frachterkapitäns übereinstimmten.
Flint Surtland.
Möglich, dass er ein Freund
Weitere Kostenlose Bücher