PR2618-Flucht von der Brückenwelt
Faland vielleicht nur gewählt, um den Konflikten mit den Fagesy aus dem Weg zu gehen. Dass sie dafür einen Teil ihrer Erinnerungen opfern mussten, empfinde ich als Verbrechen. Wir könnten so vieles haben, so vieles wissen ... stattdessen haben sie uns so viel entrissen, dass wir erst vor wenigen Geburtszyklen wieder gelernt haben, Elektrizität zu benutzen. Ich sehe nicht, was es notwendig gemacht haben kann, unsere Vorfahren so sehr zu beschneiden. Und darum denke ich sogar darüber nach, ganz hierzubleiben.«
»Hier? In Alldar-Shath? Aber du bist auf dem Weg, ein hoch geachteter Maschinenerbauer auf Faland zu werden! Hier dagegen ...«
»Alles, was ich jetzt noch erfinden würde, wäre schal, nachdem ich das hier gesehen habe«, antwortete Shimco. »Es wäre Nachahmung, nicht mehr. Aber hier kann ich versuchen, mehr zu lernen und vielleicht auf der Grundlage davon doch wieder Neues zu erfinden. Wirklich Neues.
Oder zumindest kann ich den Fato'Fa helfen zu versuchen, die Unterdrückung durch die Allgegenwärtige Nachhut abzuschütteln. Wir haben jetzt gesehen, dass es keine Grundlage für deren Handeln gibt, vielleicht schon lange nicht mehr. Wer weiß, seit wie vielen Jahren sie ihr Versagen schon vertuschen? Das muss ein Ende haben.«
»Unsere Aufzeichnungen könnten dabei helfen.«
»Das hoffe ich. Und wenn das nicht ausreicht, werde ich eben tun, was ich kann, um weitere Hebel zu bauen, mit denen man diese Herrschaft aus den Angeln heben kann.«
Jenke musste unwillkürlich über das Bild lächeln, das der junge Favadarei gewählt hatte. Er konnte eben nicht aus seiner Haut – nicht einmal, wenn er sich einem politischen Kampf verschrieb.
»Was wird Blaspa dazu sagen?«
»Er wird es verstehen. Und vielleicht kann ich ja irgendwann nach Faland zurückkehren, ohne dabei meine Erinnerung am Tor abgeben zu müssen, und auch meinem eigenen Volk wirklich helfen.«
Sie nickte. »Ich kann dich gut verstehen. Wir Terraner mögen es auch nicht, wenn man unsere Erinnerungen einschränkt oder uns mit Halbwahrheiten abspeist.«
Was nur leider das übliche Vorgehen von Superintelligenzen zu sein scheint. Womöglich haben die Fagesy nur einfach gut von ihrer Herrin gelernt. Und wir? Wie weit haben wir schon die Eigenarten unseres schützenden Quälgeistes ES angenommen? Wie oft weihen wir unsere Verbündeten nur in die Hälfte unserer Pläne ein – nur zu ihrem Besten natürlich? Ich mag gar nicht darüber nachdenken.
Jenke schüttelte den Kopf. »Reden wir später darüber, wenn klarer ist, wie es weitergeht. Jetzt sollten wir erst einmal den Fato'Fa die Wahrheit unterbreiten. Sehen wir, wie sie es aufnehmen.«
4.
Einer Entmachtung beizuwohnen zählte nicht unbedingt zu den Pflichten, die Facao besonders schätzte. Aber er war der Oberste Marschgeber, und er selbst hatte dieses Urteil verhängt. Es führte kein Weg daran vorbei.
Vorher musste jedoch erst einmal etwas anderes geklärt werden.
Der Oberste Marschgeber ruhte in seinem erhöhten Kelchsessel, die Arme so über die geneigten künstlichen Blütenblätter ausgebreitet, dass er mit allen Sinnen den Raum voll erfassen konnte. Die Mitte wurde von der Entmachtungsanlage erfüllt, an deren Kontrollen an der Seite des Saales ein weiterer Fagesy ruhte, bereit, die notwendigen Schritte zu initiieren, sobald der Delinquent auf der dafür vorgesehenen Fläche fixiert war.
Soeben wurde Mareetu von zwei Wachen in den Raum gebracht. Sie zogen ihn mehr, als sie ihn führten. Die Arme des Hohen Marschgebers zuckten nur schwach und hätten ihm kaum erlaubt, sich schneller als im Kriechtempo vorwärts zu bewegen. Seine Haut zeigte ein müdes Grau, die Sinneszellen waren matt, als würde der Körper sie nicht mehr abrufen. Die Stacheln seiner Arme, zuvor stets herausfordernd aufgestellt, waren weich und neigten sich zu allen Seiten.
Als die Wachen Mareetu schließlich bis zu der Markierung in der Mitte gebracht hatten und losließen, sackte er zusammen wie ein Gallertstern. Nichts in ihm zeigte irgendwelchen Halt. Lediglich die Armspitzen zuckten ab und zu, als wollten sie eine nur für ihn sichtbare Gefahr abwehren. Obwohl körperlich unversehrt, war der Hohe Marschgeber sichtbar gebrochen.
Während die Wachen Mareetus Glieder streckten und vier davon mit Fesselfeldern in den vorgesehenen Positionen fixierten, glitt ein weiterer Fagesy an den Wachen und dem Gefangenen vorbei nach vorn.
»Plaudermeister Ghoolon«, grüßte ihn der Oberste Marschgeber. »Was
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