Prada Party und Prosecco - Roman
stand, mit Esperanza scherzte und versuchte, ein weiteres Croissant fürs Frühstück zu stibitzen, bevor Gail ihm eins auf die Finger gab.
Die Wohnung sah inzwischen viel besser aus. Ich hatte die Küchenvorhänge abgenommen und gewaschen. Leider war auch ein Slip von mir mit in die Maschine geraten, sodass sie jetzt leuchtend rosa erstrahlten, aber ich fand, dass die neue Farbe eine gewisse Partyatmosphäre verbreitete.
Ich hatte mir eigentlich eingeredet, dass heftig geflirtet wurde, wenn Cal und ich uns unterhielten, aber in letzter Zeit schien er nur noch Augen für sein neues Mädchen zu haben, das schon ein paarmal hier gewesen war. Nachdem eine ganze Reihe zauberhafter Wesen durch die WG geschwebt waren, wurde mir irgendwann klar, dass die Spanierin nur eine einmalige Sache gewesen war. Aber die hier war jetzt schon zum zweiten Mal wieder da – ein echter Rekord. Wehe, du verliebst dich in die, dachte ich aufsässig. Jetzt, wo er mich direkt vor der Nase hatte. Erstaunlicherweise hatten die Frauen, die Cal mit nach Hause brachte, absolut nichts miteinander gemein, mal abgesehen davon, dass sie alle atemberaubend schön waren. Ich wusste nicht, ob er ein guter Bildhauer war, aber er hatte zweifellos ein Auge für den weiblichen Körper. Seine momentane Gespielin war eine zierliche Chinesin mit feinen Gesichtszügen, einem perfekten Teint und guten Manieren. Mein früheres Ich hätte ihr vermutlich den Stinkefinger gezeigt. Mein neues Ich würde den Freund einer anderen nicht einmal ansehen, also kochte ich ihr stattdessen Tee und machte ihr Komplimente darüber, wie gut sie in Cals alten T -Shirts aussah. Was sogar stimmte. Ätzend. Zwei süße Typen in der Wohnung, und es lief einfach nichts.
Und dann bekam ich mein erstes richtiges Gehalt! Okay, die Erfahrung war nicht ganz so aufregend, wie ich gehofft hatte. Es hätte kaum für einen Brunch bei The Wolseley gereicht, und ich hätte nur fünf Minuten gebraucht, um es bei Sephora durchzubringen. Es war ein läppischer, jämmerlicher Betrag, von dem ich auch das meiste sofort Eck aushändigen musste. Aber im Moment war es alles, was ich hatte.
Ich musste nicht bei Gail zu Kreuze kriechen. Sie sollte nicht etwa denken, dass ich auf sie angewiesen war. Und tief in meinem Inneren wünschte ich mir insgeheim auch, sie damit zu beeindrucken, dass ich mit einem richtigen Job und einem richtigen Leben wieder auftauchte. Na ja, um ehrlich zu sein, war es eher ein Leben von der Hand in den Mund und vermutlich auch nicht das gesündeste, stellten wir fest, nachdem wir uns den dritten Abend hintereinander den Fizzel-Ouzo reinzogen (nach den ersten vier Dosen war er gar nicht mehr so schlecht), aber immerhin war es mein Leben. Esperanza hatte ich eine Postkarte geschickt, denn ich wusste ja jetzt, dass sie an mich denken und sich meinetwegen Sorgen machen würde.
Hurra, hurra, hurra!, dachte ich trotz allem, als ich bezahlt wurde. Denn ein Gutes hatte es zumindest: Ich musste nicht mehr putzen! Ich hatte mir schon überlegt, den Jungen damit zu drohen, dass ich nachts in ihr Zimmer kommen und ihnen mal ordentlich in die Eier treten würde, wenn sie die Wohnung wieder in einen Saustall verwandelten, aber jetzt würden wir die Aufgaben ja unter uns aufteilen … und dann bat mich Eck in entschuldigendem Tonfall um meinen Beitrag zu Strom, Heizung, Gas und Wasser. »Wasser? Im Ernst? Ich dachte, das fällt vom Himmel?«, meinte ich, aber Eck nickte nur. »Okay«, seufzte ich schließlich, »dann will ich mal einen Eimer mit diesem kostbaren Nass füllen und den Wischmopp schwingen.« Sein einziger Kommentar lautete: »In Ordnung.« Als ich den Flur entlangging, rief er mir wenigstens noch »Danke« hinterher. Was mich zumindest ein bisschen aufmunterte.
Also war ich, während ich im Regen die Straße entlanglief, ein wenig in meine eigene kleine Welt versunken, als plötzlich hinter mir ein Auto langsamer wurde. Ich war inzwischen daran gewöhnt, dass mir auf der Straße jemand etwas hinterherrief, egal, ob Bauarbeiter, Betrunkene, Schulkinder oder einfach die ganz stinknormalen Verrückten. So war nun mal das Leben in der Old Kent Road. Bauarbeiter riefen Mädchen hinterher; alte Damen fauchten Busfahrer an; Autofahrer und Brummifahrer beleidigten sich gegenseitig; Taxifahrer schrien Radfahrer an; Schulkinder stritten sich mit Kindern von anderen Schulen; und ein paar Typen schrien einfach nur sich selbst an. Am Anfang hatte mich das ein wenig abgeschreckt. Jetzt
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