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Prada Party und Prosecco - Roman

Prada Party und Prosecco - Roman

Titel: Prada Party und Prosecco - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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wehtaten.
    Sie saß in der Ecke. Sie hatte immer so weich und jung und zart ausgesehen, überhaupt nicht wie Mitte vierzig. Jetzt wirkte ihr Gesicht eingefallen, als hätte ihr wahres Alter sie von einem auf den anderen Tag eingeholt. Sie war erbärmlich dünn, und tiefe Furchen durchzogen ihr Gesicht. Sie tat mir augenblicklich leid. Es tat mir leid für sie und für mich; dass immer ein Abgrund zwischen uns stehen würde und dass ich nicht nur daran gegraben, sondern ihn auch instand gehalten hatte.
    »Hallo, Sophie.« Sie stand auf. Ihr Gesichtsausdruck war freundlich. Es kam mir vor, als seien wir zwei alte Feinde in einem Krieg, an dessen Ursache sich keiner von beiden mehr erinnern konnte.
    »Hallo«, sagte ich und trat einen Schritt auf sie zu, berührte sie aber nicht. »Möchtest du, dass ich Tee mache?«
    Sie zog die Augenbrauen in die Höhe. Ich rollte mit den Augen. »Ich weiß, wie man Tee kocht.«
    »Natürlich weißt du das. Das habe ich auch nicht bezweifelt.«
    Ich lächelte ein wenig und ging auf den Kessel zu. Bevor ich mich jedoch in der Küchennische zu schaffen machte, drehte ich mich noch einmal um. Es gab da etwas, das ich unbedingt so schnell wie möglich loswerden musste. Etwas, das ich schon vor langer Zeit hätte sagen sollen, bevor alles den Bach runterging.
    »Gail«, begann ich, »es tut mir wirklich, wirklich …« Aber noch bevor ich zu Ende reden konnte, fiel Gails Fassade in sich zusammen. Es sah aus, als würde ihr Gesicht in Trauer verschwimmen, und die Tränen rannen über ihre Wangen.
    » O Sophie!«, ächzte sie. »Es tut mir so, so leid.«
    Ich kniete mich neben ihren Stuhl.
    »Was meinst du?«, fragte ich, während sie vor sich hinweinte. »Weshalb tut es dir denn leid? Ich wollte dir sagen, wie leid es mir tut.«
    »Nein«, schluchzte sie. »Wie konnte ich dich bloß aus dem Haus werfen? Ich dachte, dass dein Vater genau das gewollt hatte … Bitte, das musst du mir glauben, ich hatte keine Ahnung, ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie die Dinge standen.«
    Ich sah mich wieder in der schäbigen kleinen Wohnung um.
    »Ich glaube dir«, beteuerte ich und atmete geräuschvoll aus. Meine letzte Hoffnung – dass sie heimlich Geld beiseitegeschafft und etwas davon für mich zurückgelegt hatte – hatte sich im staubigen Treppenhaus so ziemlich in Luft aufgelöst.
    »Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dir die Taschen mit all den Diamanten vollgestopft, die wir im Haus hatten. Alles. Alles hätte ich dir gegeben.« Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ist denn nichts mehr davon übrig?«
    »Nichts. Ich hatte sämtliche Wertgegenstände im Safe deponiert, so wie vorgesehen … Ich wollte dein Erbe schützen, Sophie. Ich wusste, dass du mich nicht mochtest und mir nicht getraut hast, also wollte ich, dass alles sorgfältig dokumentiert wird.«
    »Und dann haben sie das gesamte Inventar mitgenommen.«
    »Ich bin so ein Idiot.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Nimmst du Zucker?«, fragte ich schließlich. Mir war klar, dass ich das eigentlich wissen sollte.
    »Nein. Nur Milch.«
    Sie griff nach der Tasse und seufzte schwer.
    »Ich meine, ich bin früher schon mal arm gewesen, aber für dich ist es so viel schwieriger … ich komme wieder auf die Beine, das habe ich vorher auch schon mal geschafft.«
    »Und ich schaffe es auch«, versicherte ich ein wenig pikiert.
    »Wirklich, Sophie? Wirst du das können?«
    »Warum bist du nicht ans Telefon gegangen, wenn ich dich angerufen habe?«, wollte ich wissen.
    »Ich dachte, du wärst wütend auf mich, weil ich deine Sachen nicht retten konnte … Ich hätte deine Gehässigkeit nicht ertragen können, Sophie, nicht in meiner Verfassung nach dem Tod deines Vaters. Ich weiß, dass du mich hasst. Aber du sollst eines wissen: Wenn mir klar gewesen wäre …«
    Ich nickte. »Ich habe dich nicht gehasst.«
    Sie verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln. » O Sophie«, seufzte sie und nippte an ihrem Tee. »Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich gehofft und gehofft und gehofft habe, dass wir Freundinnen werden könnten. Ich träumte davon, dass du für mich die Tochter werden würdest, die ich nie bekommen durfte. Als ich mich in deinen Vater verliebte, da stellte ich mir vor, dass du zu mir kommen und mir von der Schule erzählen würdest und dass wir uns vielleicht zusammen kitschige Filme angucken würden und dass ich, na ja, vielleicht nur ein ganz kleines bisschen für dich da sein könnte, ein wenig wie eine

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