Prador-Mond: SF-Thriller (German Edition)

aber seine Neugier regte sich. »Ich weiß nicht recht, ob ich richtig verstehe, worauf du hinaus möchtest.«
    »Na ja, offensichtlich bist du der Flachwichser an Bord dieses Greifschiffs, der gerade eine KI ermordet hat.«
    Mechanisch antwortete Conlan: »Man kann Maschinen nicht ermorden.«
    Jetzt, wo sie wussten, dass er auf diesem Schiff war, kam auch eine Landung auf dem Planeten nicht mehr in Frage, denn sie würden ihm bis zur Oberfläche nachspüren, wo ihn dann ECS-Truppen erwarteten, sobald er ausstieg. Nur eine Option blieb noch: das System zu verlassen und sich den anfliegenden Pradorschiffen zu nähern. Aber mal angenommen, dass er genug Vorräte an Bord hatte, um diese Reise zu überleben, wie reagierten dann wohl diese Bundesgenossen der Separatisten? Vielleicht hatte er die KI umgebracht, aber er hatte ganz gewiss nicht das Runcible gesichert. Dabei lag allen Separatistenplänen zugrunde, dass man dieses bedeutsame Druckmittel in der Hand hatte. Conlan hatte die Sendungen der Nachrichtennetze verfolgt. Er vermutete, dass die Prador eher noch weniger zur Barmherzigkeit neigten als die ECS. Eine Müdigkeit bemächtigte sich seiner plötzlich, als er sah, wie sich ihm alle Wege versperrten.
    »Mit wem spreche ich?«, fragte Conlan.
    »Oh, begegnen wir uns doch auf der freundschaftlichen Basis der Vornamen. Ich heiße U-cap, und du?«
    »Ich bin Conlan, und weißt du, U-cap, wir begegnen uns sehr bald.« Conlan schob den Lenkhebel ganz nach vorn und steuerte mit dem Greifschiff die bereits installierten Runciblepuffer an. Falls er schnell und heftig genug aufprallte, müsste die Kettenreaktion spektakulär ausfallen. Besser trat er auf diese Weise ab als in irgendeiner ECS-Zelle oder stückweise in einem außerirdischen Magen.
    »Das denke ich nicht, Scheißkerl.«
    Conlan erkannte auch diese Stimme nicht und bemerkte erst zu spät, dass sie von hinter ihm kam. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um seine Copilotin Anna Vasco zu sehen, das Gesicht von Blut maskiert, und dann krachte auch schon der schwere Griff eines Multischraubenziehers an seinen Kopf und beförderte ihn an einen dunklen Ort.
 
    Die Occam Razor tauchte aus dem Subraum auf und jagte auf das Planetensystem zu. Gewaltige Kondensatoren und Laminarbatterien speicherten die Energie der Fusionsreaktoren; gigantische Waffenkarusselle saugten Strom; Roboterhände hielten Ersatzteile für Laser und Maser bereit, und die Innenstruktur des Schiffs rekonfigurierte sich für die Schlacht.
    »Ich benötige die Geschützvollmacht von meinem Menschenkapitän«, meldete Occam über die gemeinsame Verbindung.
    Die augenscheinliche Ironie dieser Anforderung brachte Kapitän Tomalon auf die Frage, wie sehr seine Erlaubnis tatsächlich gebraucht wurde. Je näher er der KI kam, desto mehr wurde ihm klar, wie umfassend sie beide sich allmählich miteinander verknüpften. Er gewährte Vollmacht, ohne auch nur die Sensorendaten zu sichten, auf denen die Anforderung beruhte. Er verfolgte, wie innerhalb des riesigen Schiffs diese Karusselle jetzt Geschosse an die Verschlusssektionen von Schienenkanonen führten und Geschützplattformen und -türme auf titanischen Widdern zur Außenhülle hinauffuhren. Eine Außenansicht zeigte ihm, dass Geschütztürme aus dem Schiff aufragten wie Stacheln von einem Streitkolben, wie sich die Luken der Schienenkanonen und die Abstrahlmündungen von Energiekanonen öffneten und zu guter Letzt eine Plattform für Datenangriffe auftauchte. Das Schiff verfügte über eine beängstigende Zerstörungskapazität - neben den Strahlenkanonen und Schienenkanonen auch über Raketen mit kontraterrenen Sprengköpfen - CTDs -, also Antimateriewaffen von grotesk hoher Sprengkraft. Aber ob das alles reichte? Die Pradorschiffe hatten schon demonstriert, dass sie dem meisten widerstanden, was die ECS auf sie abfeuern konnte, und es im Gegenzug dann zehnfach zurückgaben. Tomalon nahm jetzt die Sensorendaten in Augenschein.
    »Wo zum Teufel sind wir hier?«, fragte er laut.
    Occam antwortete nicht. Tomalon sah im Navigationslog nach und stellte fest, dass dort alles in Ordnung war. Er verglich die gespeicherten Daten über ihr Zielsystem mit diesem System hier. Es war dasselbe.
    »Oh Jesus, das ist Grants Planet!«
    Mit den Sensoren der Occam Razor betrachtete er den verwüsteten Planeten. Zurzeit herrschte dort eine statische Temperatur: Die Hitze der da unten eingesetzten Waffen und die sich anschließende Vulkanaktivität wirkten dem