Prador-Mond: SF-Thriller (German Edition)
wurde. Bei einem ähnlichen Bremsvorgang zitterte und rumpelte das eigene Schiff überall ringsherum. Allerdings verfügte es ja auch über wesentlich mehr Trägheit als der Shuttle und über im Verhältnis zur Masse kleinere Triebwerke, sodass es zum Abbremsen um Boh herumschwenken musste, ehe es zwischen dem Runcible und dem näher kommenden Polisschiff in Position ging. Immanenz schmatzte frustriert, rülpste erneut Säure und verfluchte alle Menschen. Während das Bremsmanöver seinen Lauf nahm, rief er Krabbler und noch jemanden herbei.
»Bist du bereit, die Stellung des Primus einzunehmen?«, fragte er das Erstkind.
Krabbler tanzte ein wenig herum. »Ja, Vater. Ja, das bin ich!«
»Das Polisschiff schießt vielleicht auf das Runcible. Im unwahrscheinlichen Fall, dass ich nicht alle seine Raketen abschießen kann, ist sehr gut möglich, dass Gnores nicht überlebt. Dann bist du Primus. Ich möchte, dass du den zweiten Shuttle für einen ähnlichen Einsatz gegen das Trajeenruncible vorbereitest. Man muss immer vorbereitet ...«
»Jetzt gleich, sollte ich es nicht jetzt gleich tun ... Vater?« Krabbler konnte sein Frohlocken kaum bändigen.
Das zweite Individuum, das Immanenz gerufen hatte, tauchte jetzt an der Tür zum Sanktum auf und wartete dort unentschlossen. Immanenz winkte es mit der Klaue herein. Krabbler drehte sich um und musterte das Zweitkind - eines, das inzwischen etwas größer als normal war.
»XF-458, tritt vor mich! Krabbler, du kannst gehen.«
Krabbler drehte sich um und ging unsicheren Schrittes zur Tür, während seine Augenstiele zitterten, und vielleicht hatte er jetzt eine Ahnung vom Umfang der Vorbereitungen, die sein Vater getroffen hatte.
Während Immanenz auf das aufblühende Zweitkind hinabblickte, dachte er darüber nach, wie oft er das schon getan hatte. Krabbler würde sein dreiundvierzigster Primus werden - oder war es schon der dreiundfünfzigste?
»XF-458, man wird dich fortan Gurnax nennen«, sagte Immanenz. Als er später das neue Erstkind entließ, das noch nicht groß genug geworden war für diesen Titel, prüfte er, welche weiteren Kandidaten unter den verbliebenen Zweitkindern in Frage kamen, und sandte ihnen Instruktionen, die sie zu anderen Nahrungsvorräten an Bord leiteten. Dann erteilte er den Befehl, einige Drittkinder aufzutauen und in die Kinderkrippe zu bringen. Vorbereitungen waren alles.
Zu dem Zeitpunkt, als die Umrundung von Boh das Runcible wieder ins Blickfeld führte, hatte das Shuttle dort endlich angedockt. Immanenz schlug einen Kurs ein, der ihn zwischen Boh und das Runcible führte, und folgte anschließend einem stabilen Orbit zwischen dem Runcible und dem anfliegenden Polisschlachtschiff. Mit einem inneren Lächeln verfolgte er, wie Flugkörper vom gegnerischen Schiff starteten - ein Schwarm von Geschossen aus Schienenkanonen.
Die hättet ihr früher abschießen sollen, dachte er.
Durch Herumfrickeln an den Schubtriebwerken gelangte er näher ans Runcible, sodass das Polisschiff keinen freien Blick auf diese Konstruktion erhielt. Die Geschosse der Schienenkanonen rasten mit irrwitziger Geschwindigkeit heran und konnten ihren Kurs nicht ändern. Ein paar Stunden später prasselten sie nacheinander auf den Schiffsrumpf aus exotischem Metall ein. Immanenz bemerkte minimale Schäden und eine stetige Zunahme des Energievorrats seiner Partikelkanonen. Dann ortete er den Start von Raketen beim anfliegenden Gegner. Diese waren gefährlicher, weil man sie dazu programmieren konnte, dass sie abschwenkten und aus jeder beliebigen Richtung angriffen; es war sogar möglich, sie für eine Zeit lang abzuschalten und treiben zu lassen und dann die Triebwerke erneut für einen Angriff zu starten. Immanenz ging mit seinem Schiff noch näher an die Konstruktion heran und nahm Maser und Meteoroidenabwehrlaser online; dann schickte er einen Befehl an eine andere Schiffssektion: »Ihr werdet alle Raketen abfangen und zerstören, die an diesem Schiff vorbeikommen. Ich übermittle jedem von euch ein Einsatzgebiet. Nichts darf dort hindurchkommen. Habt ihr das verstanden?«
Ein Chor von Stimmen antwortete: »Ja, Vater.«
Durch die Sensoren im Drohnenlager verfolgte Immanenz, wie die neun kugelförmigen Kriegsdrohnen beschleunigten und das dreieckige Weltraumtor passierten. Er prüfte die Zielkoordinaten und bemerkte dabei, dass Vagule der Letzte war. Das musste Zufall sein, denn Vagule konnte keinen Überlebensinstinkt mehr haben. Über Außensensoren sah der
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