Prag
Sein Denkmal blickt heute in Bronze über den Altstädter Ring. Berühmt in der Stadt wurde der Priester durch seine Predigten in der Bethlehemskapelle, wo er dem einfachen Volk aus der Seele sprach. In Anlehnung an die Thesen des englischen Reformators Wyclif forderte er die Abkehr der Kirche von Besitz und weltlichem Machtstreben. Das konnte nicht gut gehen. 1414 wurde er zum Konzil nach Konstanz beordert. Man sicherte ihm freies Geleit zu. Doch um der Gefahr einer immerwährenden Spaltung der Kirche entgegenzuwirken, verbrannte man ihn auf dem Scheiterhaufen. In Prag und Böhmen erreichte man mit seinem Tod genau das Gegenteil: Hus wurde zum Märtyrer. Die sozialen Spannungen verschärften sich. Es kam zu Unruhen und 1419 mit dem ersten Prager Fenstersturz (â Kasten âPrager Fensterstürze â eine lange Traditionâ, S. 198) zur Revolte. Darüber erboste sich Wenzel IV. so sehr, dass er einen Herzinfarkt erlitt und, so überlieferte es ein Zeitgenosse, âbrüllend wie ein Löwe starbâ.
Für den Papst waren die Hussiten nichts anderes als Ketzer aus Böhmen, und so erlieà er eine Kreuzzugsbulle. Doch die Hussiten stellten Heere auf, triumphierten in der berühmten Schlacht auf dem VÃtkov (Veitsberg) mitJan Žižka als Anführer über das zahlenmäÃig weit überlegene Kreuzfahrerheer und verhinderten damit die Einnahme Prags. Krieg auf Krieg folgte, 16 Jahre lang, dann war die Niederlage der Hussiten besiegelt.
In der Folgezeit löste nun ein böhmischer König den anderen ab, darunter waren welche aus dem Geschlecht der Luxemburger, dem der Habsburger und der polnischen Jagellonen. Sie alle aber waren zu schwache Persönlichkeiten für ein Zeitalter religiöser Umwälzungen. Immer wieder kam es zu Konflikten zwischen den konfessionellen Richtungen. Es herrschte Misstrauen und häufig auch Gewalt. Zudem brach im 15. Jh. mehrmals die Pest in Böhmen aus. Die Vorzeichen für ein wieder erblühendes Prag waren alles andere als gut. Aber dennoch sollte sich die Stadt in der zweiten Hälfte des 16. Jh., mittlerweile zählte man rund 60.000 Einwohner, noch einmal zu einer der glanzvollsten Metropolen des Heiligen Römischen Reiches entwickeln.
Am Ende der Regierungszeit von Ferdinand I. und unter seinem NachfolgerRudolf II. leisteten sich der katholische Adel und der Klerus zahlreiche Paläste, entworfen von italienischen Baumeistern, die den Renaissancestil nach Prag brachten. Bezahlt hatten diese etliche protestantische Adelige mit ihrem Leben und Vermögen. Und das Volk in Böhmen, überwiegend reformierten Konfessionen zugehörig (70 % waren lutherisch), wurde unterdrückt: Protestantische Kirchen wurden eingerissen, Protestanten verloren Ãmter und Privilegien, teilweise sogar ihren Besitz, sie wurden mit Sondersteuern belegt und andere Schikanen mehr.
Geschichte
DreiÃig Jahre Krieg
So wundert es nicht, dass 1618 die Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken erneut eskalierten. Es kam zum berühmten zweiten Prager Fenstersturz (â S. 198), der denDreiÃigjährigen Krieg zur Folge hatte. Die protestantischen böhmischen Stände verweigerten daraufhin den katholischen Habsburgern die Gefolgschaft und verwiesen den Erzbischof und die Jesuiten des Landes. Ein Jahr später wählten sie den jungen,protestantischen Friedrich von der Pfalz zu ihrem neuen König. Als âWinterkönigâ sollte er in die Geschichte eingehen, was ungefähr die Zeitspanne seiner Regentschaft beschreibt. Denn bereits 1620 fügte der HabsburgerFerdinand II.mit seinem kaiserlichen Heer in der Schlacht amWeiÃen Berg (BÃlá hora) den Protestanten eine böse Niederlage zu, mit der er seine Thronrechte über Böhmen wieder durchsetzte. Die Strafe für die Aufständischen folgte auf dem FuÃ: 27 Adelige wurden am Altstädter Ring in einem Schauprozess hingerichtet, andere spieÃte man am Altstädter Brückenturm auf â 10 Jahre lang blieben ihre Ãberreste dort hängen. Fast die gesamte protestantische Aristokratie und alle nichtkatholischen Geistlichen wurden verfolgt. Wer konnte, verlieà das Land. Grund und Vermögen der Geflüchteten fiel loyalen katholischen Adelsfamilien zu, die sich damit prächtige Palais finanzierten.
Als Folge des DreiÃigjährigen Krieges war das Land verwüstet, die Bevölkerung um fast
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