Prag
zwei Drittel dezimiert. Prag wurde vorübergehend von einem sächsischen Heer besetzt, und als der Westfälische Friede 1648 kam, waren die Schweden gerade dabei, die Kunstschätze der Prager Burg zu plündern.
Geschichte
Doba temna, das dunkle Zeitalter
Der Friede sollte sich für die Tschechen kaum vom Krieg unterscheiden. Die Habsburger regierten Böhmen von nun an aus Wien und lieÃen das Land durch hohe Steuern förmlich ausbluten. Prags kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung war vorüber. Die nächsten zwei Jahrhunderte unter Habsburger Herrschaft bezeichnen die Tschechen daher als das âdunkle Zeitalterâ, die tschechische Geschichtsschreibung verwendet dafür den Begriff Doba temna .
Die Rekatholisierung des Landes wurde flächendeckend durchgesetzt. Alle Formen des Protestantismus wurden verboten. Die Tschechen wurden zu Menschen zweiter Klasse, ihre Sprache zu einem verachteten Dialekt, der nur von Leibeigenen, Bauern, Handwerkern und Dienstboten gesprochen wurde. Hingegen bestand die Händlerschicht überwiegend aus Deutschen, und die deutsche Sprache, die Lingua franca des habsburgischen Zentralismus, wurde zur alleinigen Amtssprache erhoben. Auch wenn die Tschechen unter den Habsburgern litten, der architektonischen Entwicklung Prags kam es zugute. Kirchen und Paläste schwelgten nun im Barock, der heute noch das âGoldene Pragâ ausmacht.
1713 erlebte Prag ein verheerendes Jahr: Zum letzten Mal brach die Pest aus, 13.000 Menschen fielen ihr zum Opfer. In eine schwere Zeit geriet die Stadt zudem nach dem Tod Karls VI. 1740. Prag wurde von Bayern, Sachsen, Franzosen und PreuÃen belagert, die seiner ThronfolgerinMaria Theresia das Erbe streitig machen wollten. Dem PreuÃen Friedrich II. gelang es 1745 sogar, mit einem Heer von 80.000 Mann Prag vorübergehend einzunehmen. 12 Jahre später versuchte er sein Glück erneut: Diesmal stand er mit über 100.000 Mann vor den Toren der Stadt, und fast genauso viele Kanonenkugeln hagelten auf sie nieder, doch einnehmen konnte er Prag nicht mehr.
Maria Theresias SohnJoseph II. (1765â1790) reformierte das Habsburgerreich nach den Ideen der Aufklärung. 1774 lieà er die Schulpflicht einführen, 1781 wurde die Leibeigenschaft abgeschafft, was viele Tschechen vom Lande veranlasste, ihr Glück in Prag zu suchen. 1782 gewährte das sog. Toleranzedikt die Glaubensfreiheit. Sie kam v. a. den Juden zugute. Protestanten gab es ohnehin fast keine mehr, denn die Rekatholisierung des Landes hatte Wirkung gezeigt, 90 % der Bevölkerung waren nunmehr katholisch. Aber weiterhin hielten die Spannungen zwischen reichem Bürgertum und armem Volk an, oder anders ausgedrückt, zwischen dem, was âdeutschâ war, und dem, was âtschechischâ war.
August 2002 : Prag unter Wasser
Dem Volksglauben nach heiÃt es, dass groÃes Unheil die Stadt heimsucht, wenn der Klöppel der Sigmundsglocke im Turm des Sankt-Veits-Doms springt. Das war im August 2002 öfters der Fall. Und das Moldau-Hochwasser, das folgte, war die verheerendste Katastrophe, die die Tschechische Republik bisher erlebt hatte. Im ganzen Land mussten 250.000 Menschen ihre Häuser verlassen â d. h. jeder 40. Tscheche war von den Fluten betroffen. In Prag mussten rund 50.000 Einwohner evakuiert werden. Die Moldau führte 30-mal mehr Wasser als sonst. Am meisten litt der Stadtteil KarlÃn (â S. 239), wo viele Einwohner nicht nur ihre Wohnung verloren, sondern auch ihre Arbeit. Denn so manch kleinerer Betrieb besaà nicht die Mittel, nach dem Desaster einen Neuanfang in die Wege zu leiten. Ebenfalls schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde die Kleinseite, insbesondere die Insel Kampa. Mit Metallbarrieren hingegen konnte man die Altstadt vor dem Allerschlimmsten bewahren. Aber selbst dort liefen viele Keller voll, darunter Archive von Bibliotheken. Noch heute sind Tausende Bände bei -30 °C eingefroren, um sie so bis zu ihrer Restaurierung zu konservieren.
Geschichte
Die nationale Frage stellt sich
Dank der Bildungsreform entstand zu Anfang des 19. Jh. ein kleines intellektuelles Bürgertum. Aus diesem ging die Národnà obrozenà hervor, eine Bewegung, die zunächst die Gründung tschechisch-nationaler Vereinigungen in Kunst und Literatur zur Folge hatte. Diese fanden regen Zulauf, zumal durch die industrielle Revolution immer mehr Tschechen nach Prag kamen, so
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