Prag

Gebieten blickten die Menschen deshalb sehnsüchtig ins Reich, wo die Nazis nach der Weltwirtschaftskrise für Aufschwung sorgten, während in der ČSR allein 500.000 Deutsche arbeitslos waren. Die Deutschböhmen formierten sich daraufhin alsSudetendeutsche (die Bezeichnung existierte zuvor noch nicht) und forderten die Selbstbestimmung. 1933 wurde die „Sudetendeutsche Heimatfront“ gegründet, aus der später die „Sudetendeutsche Partei“ hervorging. Ihr Führer warKonrad Henlein, der die Nähe zum Führer in Berlin suchte.

Geschichte
Braune Hosen
    Am 29. September 1938 unterzeichneten Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier dasMünchner Abkommen, das die Abtretung der Sudetendeutschen Gebiete ans Deutsche Reich regelte. Zwei Tage später marschierten deutsche Truppen ein. Doch die Nazis wollten mehr. Im März 1939 besetzten sie das restliche Staatsgebiet Tschechiens – die Slowakei war inzwischen auf deutschen Druck formal unabhängig geworden – und etablierten das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren. Sie trafen kaum auf Widerstand, angesichts ihrer militärischen Überlegenheit war das auch kein Wunder. Lediglich in Prag gingen ein paar Studenten auf die Straße – Brutalität war die Antwort. Aufgrund einschüchternder Vergeltungsmaßnahmen der Nazis blieb Widerstand auch in der Folgezeit selten. Ein Beispiel: Auf das tödliche Attentat auf den ReichsprotektorReinhard Heydrichim Prager Vorort Libeň wurde das ganze DorfLidice nordwestlich von Prag – dort vermutete man die Herkunft der Widerstandskämpfer – dem Erdboden gleichgemacht und alle männlichen Bewohner über 14 ermordet. Mit Unterdrückung und Terror ist für die Tschechen der Stadt das Kapitel Nazizeit verbunden, für ca. 36.000 Prager Juden, die nach 1941 über Theresienstadt in die Vernichtungslager deportiert wurden, mit dem Tod. Die Stadt selbst überstand den Krieg weitestgehend unversehrt. Nur einen Luftangriff musste Prag erleiden: Am 14. Februar 1945 hatten 62 Kampfflieger der US Army bei schlechtem Wetter Dresden mit Prag verwechselt. 637 Einwohner fielen dem Bombenangriff zum Opfer.
    Am 9. Mai 1945 kam die Befreiung Prags durch die Russen. Der bereits erwähnte Henlein beging in alliierter Haft Selbstmord, der letzte Reichsprotektor Frick wurde in Nürnberg zum Tod verurteilt. Und nach dem Motto „Auge um Auge“ folgten Vergeltungsmaßnahmen gegen die deutsche Bevölkerung und mutmaßliche tschechische Kollaborateure. Ihnen wurden die gleichen Lebensmittelrationen zugeteilt, wie sie die Juden während des Krieges erhielten. Tausende starben an Hunger. Andere wurden in Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet.

Geschichte
Rote Socken
    Kurz nach Kriegsende wurde die Tschechoslowakische Republik (ČSR) wieder hergestellt undEdvard BeneÅ¡ihr erster Präsident. Unter seiner Führung wurden 1945 auch jene von der Potsdamer Konferenz gebilligten Dekrete verabschiedet, die der deutschen Bevölkerung das Recht auf die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit aberkannten und deren gewaltsame Abschiebung zur Folge hatten. Fast drei Millionen Deutsche waren davon betroffen. Nur rund 200.000 Deutsche durften bleiben, insbesondere jene, die für die Industrie „unersetzlich“ waren. Noch heute sind zwei Drittel der Tschechen davon überzeugt, dass die Vertreibung der Deutschen richtig war.
    Ein Jahr später erhielten die Kommunisten bei den Wahlen zur Nationalversammlung knapp 40 %, das beste Ergebnis, das eine kommunistische Partei je in einer freien Wahl erzielte. 1948 führten sie eine Regierungskrise herbei, riefen den Generalstreik aus und organisierten die größte Demonstration, die Prag je gesehen hatte. Sie zwangen BeneÅ¡ zum Rücktritt, neuer Staatspräsident wurdeKlement Gottwald, eine tschechischeAusgabe Stalins. Mit ihm kam eine neue Verfassung und die Entmündigung des Volkes. Es folgten die kommunistische Ideologisierung von Kultur und Wissenschaft, die Verstaatlichung von Industrie und Handel, die gewaltsame Kollektivierung der Landwirtschaft und Fünfjahresplan auf Fünfjahresplan. Etwa zwei Millionen Tschechen und Slowaken verließen ihr Land.
    1960 zählte Prag eine Million Einwohner und rühmte sich der größten Stalinstatue der Welt. Auf arg viel mehr konnte man jedoch nicht stolz sein. Die einseitige Förderung der Schwerindustrie, Korruption