Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Johannesburg wegen der ganzen Gewalt einen furchtbar schlechten Ruf hat, und auf der Fahrt vom Flughafen kamen mir die Häuser auch alle vor wie grimmige, eintönige Festungen. Meine Verleger hatten meinen Herzallerliebsten und mich in einem gemütlichen Hotel in einem Vorort untergebracht, wo die Wahrscheinlichkeit, dass wir vergewaltigt und erschossen wurden, etwas geringer war. Trotzdem war ich ganz darauf eingestimmt, dass alles afrikanisch und damit »anders« sein würde, und deshalb kamen mir beim Anblick unseres roten Teppichs und unseres rosa Blümchenzimmers fast die Tränen.
Untröstlich machte ich den Fernseher an, auf der Suche nach dem südafrikanischen Wer wird Millionär? (ich wollte meine Sammlung unbedingt erweitern – ich hatte es schon auf Japanisch, Tschechisch und Deutsch gesehen), und stieß stattdessen auf die panafrikanischen Nachrichten. Mit einer tiefen Erregung durchflutete mich die Erkenntnis, dass ich mich nun auf diesem riesigen Kontinent befand.
Da wir mit dem Nachtflug gekommen waren, verschliefen wir
einen großen Teil des Tages, was ein Glück war, weil wir die Anweisung hatten, nicht allein auszugehen. Nirgendwohin .
Gegen sieben Uhr abends, gerade als die rosaroten Wände beengend zu werden drohten, erschien Karen, meine Publicity-Frau, und führte uns in eine Gegend mit Bars, Restaurants, Musik und scharenweise dünner Xhosa und Zulu. Vollkommen anders als Surrey. Meine Stimmung hob sich etwas. Aber nachdem Karen ihren Jeep geparkt hatte, suchte sie ein Rand für den Mann, der auf die Autos aufpasste. Dabei murmelte sie vor sich hin, wie peinlich es sei, dass man ständig auf die Sicherheit achten musste. Also erzählte ich ihr, dass wir in Irland dieselbe Situation haben, dass man die Leute »lock-hard men« nennt … aber dann fiel mir plötzlich etwas auf, und ich hielt schnell den Mund. Irische Wachleute tragen keine AK-47 bei sich.
Sonntagvormittag hatte ich einen Friseurtermin. (Da sich der Friseursalon im Hotel befand, war Karen einverstanden, mich ohne Eskorte hingehen zu lassen.) Erst mal ein kurzes Wort über meine Haare. Sie sind dick, kraus und ungebärdig und lassen sich nur von hochtalentierten Profis zähmen. Ich hatte eine Woche Publicity vor mir, angefangen mit der südafrikanischen Version des Vormittagsprogramms Ireland AM, furchtbar früh am nächsten Morgen – zu früh, um vorher meine Haare richten zu lassen. Daher hatte Karen eigens dafür gesorgt, dass sich der Hotelfriseur um mich kümmern würde.
Er war ein gezierter Kerl aus der Schweiz und ziemlich genervt darüber, dass er am Sonntag arbeiten musste. Aber er gehörte zu den passiv-aggressiven Typen und erzählte mir, es würde ihm überhaupt nichts ausmachen, nur sei Sonntag eben sein einziger freier Tag, und wenn er nicht genug Schlaf bekomme, würde er unweigerlich krank: Letzten Monat habe er sich eine richtig üble
Halsentzündung eingefangen, denn wenn er nicht genug schliefe, sei er immer total anfällig für Halsentzündungen, aber das sollte ich um Himmels willen nicht falsch verstehen, es mache ihm wirklich nichts aus, sich hier und heute um mich zu kümmern! Als er mir ein Fläschchen mit extra teurem Antisplisszeug »anbot« (das die Haarspitzen reparieren sollte – schön wär’s! ) und mir sagte, es stehe mir natürlich völlig frei, es zu erwerben oder nicht, da fühlte ich mich verpflichtet, es zu kaufen.
Sobald ich in unser Zimmer zurückkehrte, sprang mein Herzallerliebster auf und teilte mir mit, dass ihm schon wieder die Decke auf den Kopf zu fallen drohe. Er klang ziemlich fertig. Doch Karen hatte uns eingeschärft, sie anzurufen, wenn wir raus wollten. Andererseits wollte ich sie am Sonntag nicht belästigen. (Womöglich brachte sie mich sonst auch noch dazu, aus lauter schlechtem Gewissen irgendwelches Zeug für meine Haarspitzen zu kaufen.)
Wir standen also vor einem Dilemma. Von unserem Fenster aus konnten wir in gerade mal fünfzig Metern Entfernung ein Einkaufszentrum sehen, und es machte ganz und gar nicht den Eindruck, als würde man dort vergewaltigt und erschossen. Aber dann fielen mir wieder die Männer mit der AK-47 ein – und die waren die Guten!
Am Ende beschlossen wir, es zu versuchen, aber auf der kurzen Strecke hatte ich ständig das Gefühl, ich wäre in Sarajewo und könnte jeden Moment von einem Heckenschützen getroffen werden.
Das Tolle war, dass das Einkaufszentrum zwar genauso klein und gewöhnlich aussah wie das Donaghmede Shopping
Weitere Kostenlose Bücher