Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Centre bei Dublin, aber es fand gerade ein großer Markt statt, mit afrikanischen Holz- und Metallarbeiten, grotesk aussehendem Gemüse und exotischen Kochgerüchen. Es war grell und aufregend und wimmelte von Bantu und von Indern, und wir erblickten sogar
ein, zwei Weiße. Kaum zu vergleichen mit Donaghmede. Oder Sarajewo.
Alle waren furchtbar nett zu uns, niemand versuchte uns umzubringen, und ich kaufte ein besticktes Tischtuch – das erste meiner Sammlung von auf Lesereisen gekauften Tischtüchern. (Das Komische daran ist, dass ich eigentlich gar kein Tischtuchtyp bin. Wahrscheinlich irgendeine Stressreaktion.) Wir aßen sogar noch zu Mittag, bevor wir wieder ins Hotel zurückkehrten.
Schwindlig und in Hochstimmung, weil wir dem Tod von der Schippe gesprungen waren, überstanden wir einen großen Teil des Nachmittags, aber dann fiel uns die Decke erneut auf den Kopf. Wir mussten raus. Zuvor hatten wir im Einkaufszentrum ein kleines Kino entdeckt, und da wir bei unserer ersten selbstständigen Unternehmung nicht ermordet worden waren, beschlossen wir, unser Glück noch einmal zu versuchen. Zu sehen gab es nur Chocolat, und unter normalen Umständen hätten wir uns vielleicht über seine Harmlosigkeit lustig gemacht, aber in unserem zerbrechlichen, desorientierten Zustand war es genau das, was wir brauchten.
Doch als wir aus dem Kino kamen, hatte es angefangen zu regnen. Als Irin dachte ich, ich wüsste alles, was es über Regen zu wissen gibt. Aber der afrikanische Regen ist von einem anderen Kaliber: Riesige Wassermassen stürzten vom Himmel und prallten in Eimerladungen wieder vom Boden ab.
Mein Herzallerliebster sagte: »Wir werden patschnass.«
Patschnass? Wir würden uns eine Gehirnerschütterung zuziehen! Und was noch schlimmer war: Wenn ich mich in diese Sintflut hinauswagte, waren die Mühen des grantigen Schweizers innerhalb von zwei Sekunden zunichte, und ich würde bei meinem Fernsehauftritt am nächsten Morgen eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Jack Osbourne aufweisen. Zehn angespannte Minuten
lang warteten wir, aber es wurde nur noch schlimmer. Die Straßen verwandelten sich in reißende Sturzbäche, kein Auto war weit und breit zu sehen.
Also gingen wir wieder rein, um nach etwas zu suchen, womit ich meine Haare schützen konnte. Der einzige Laden, der noch offen hatte, war der mit den Süßigkeiten, und ich erklärte der freundlichen Xhosa-Frau meine Situation. Sie fertigte mir aus einem Stück Zellophan ein niedliches Regenhütchen, so ähnlich wie das an allen vier Zipfeln geknotete Taschentuch, das die Engländer so gern am Strand aufhaben. (Unterdessen hatte die Putzkolonne Wind davon bekommen, dass sich im Süßwarengeschäft ein menschliches Drama entspann, und sich um uns geschart, um ein bisschen zu kichern.) Als mein Kopf endlich wasserdicht verpackt war, drapierte ich noch meine Jeansjacke darüber und band die Ärmel unter dem Kinn zusammen. Ich sah super aus. Na ja, eigentlich eher das Gegenteil.
Unser Heimweg wäre auch als Wildwasser-Rafting-Strecke durchgegangen. Aus unseren Klamotten konnte man so viel Wasser wringen, als wären sie gerade gewaschen worden. Und meine Haare? Tja, die waren perfekt.
Erstmals veröffentlicht in Abroad , September 2003.
Nach Sibirien verschickt
Neuigkeiten! Man hat mich nach Russland geschickt! An einen Ort namens Nowosibirsk.
Ich habe mich sehr gefreut, denn ich wollte schon immer mal an einen Ort, der mit »sk« aufhört. Omsk, Tomsk und Murmansk waren meine Favoriten, aber Nowosibirsk war auch vollkommen in Ordnung.
Aber wo in der riesigen Weite von Russland lag Nowosibirsk? »Wir kaufen einen Reiseführer für Sie.« Was haben wir gelacht. Doch das Lachen blieb mir im Halse stecken, als ich Nowosibirsk im Internet fand. Mein Herzallerliebster hatte den Raum verlassen, und ich schrie so laut nach ihm, dass fast das Haus eingestürzt wäre. »HERZALLERLIEBSTER! Ich habe rausgefunden, wo es liegt! Nowosibirsk ist die Hauptstadt von Sibiiiierien!«
In halsbrecherischem Tempo kam er angerannt, und dann standen wir grimmig und stumm vor dem Bildschirm und scrollten uns durch die Details. Durchschnittstemperatur im Februar (unser angepeilter Reisetermin): sechzehn Grad unter null. Es konnte aber auch minus fünfundzwanzig geben. »Wir brauchen Handschuhe«, lautete unsere Schlussfolgerung.
Die Zeitdifferenz herauszukriegen erwies sich als knifflig. Acht Stunden weiter als Greenwich Mean Time. »Vorausgesetzt, die haben dort keine
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