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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ich dann doch in ein neu eröffnetes Nagelstudio. Wo ich lange, langweilige – und schmerzhafte  – neunzig Minuten verbrachte: Meine wohlmeinende Seele hatte mich nicht davor gewarnt, dass es verdammt wehtut , wenn die falschen Nägel auf die eigenen blöden Nägel geklebt werden. Aber es lohnte sich. Anderthalb staunende Stunden später kam ich mit zehn Supermodelnägeln wieder heraus. Unglaublicherweise sahen sie nicht mal falsch aus, keine Spur, sie waren einfach nur sehr, sehr schön.
    Und mit meinen langen, wunderschönen Nägeln war ich plötzlich auf wundersame Weise wie verwandelt. Ich fand mich einfach TOLL. Nicht nur meine Nägel waren besser, nein, meine ganze Hand war aufgewertet. Sogar meine Arme und meine Schultern wirkten eleganter. Ich trommelte ungeduldig mit meinen neuen Nägeln, auch wenn ich gar nicht ungeduldig war – einfach weil ich es konnte  … Ich wurde dynamischer, ich redete schneller und lauter
und gestikulierte mehr. Zu meiner Überraschung wurde ich auch leicht zickig; ich glaube, es ist leichter, mit fiesen Bemerkungen durchzukommen, wenn man lange Fingernägel hat. Irgendwie hatte ich sogar das Gefühl, es würde etwas Derartiges von mir erwartet .
    Natürlich war nicht alles rosig, es gibt ja leider bei allen schönen Dingen auch unerwünschte Nebenwirkungen: Ich konnte nicht mehr tippen, ich musste mit einem Stift wählen, wenn ich telefonieren wollte, und ich brauchte zehn Minuten, um eine Sicherheitsnadel vom Teppich aufzuheben (am Ende musste ich sie mit der Stiefelspitze hochkicken und in der Luft auffangen). Aber das alles war für mich kein echtes Problem. Ich fand mich einfach nur fantastisch schön.
    Aber was sollte ich jetzt tun, wenn ich gestresst war und nicht mehr an meinen Nägeln knabbern konnte? Ich spielte mit der Idee, mir extra falsche Nägel zum Beißen zuzulegen, wie Leute sich unechte Zigaretten beschaffen, wenn sie das Rauchen aufgeben wollen. Oder ich konnte ja einfach mit Rauchen anfangen.
    Zum ersten Mal in meinem Leben kaufte ich mir Nagellack; ich fühlte mich, als wäre ich endlich in einen Club aufgenommen worden, von dem ich immer ausgeschlossen gewesen war. Da ich nicht aus meiner Haut konnte, tat ich des Guten etwas viel, geriet in einen Kaufrausch und schwelgte in deckenden, klaren, glitzernden, schimmernden und Metallic Varianten …
    Natürlich unterliefen mir auch Fehler. Zum Beispiel kaufte ich einen Lack in der Farbe »Pflaume«, der korrekterweise »Kastanie« hätte heißen sollen – mit anderen Worten »Braun«. Ich sah aus, als hätte ich mir alle zehn Finger in der Tür eingeklemmt. Aber man lernt ja nie aus. Ich jedenfalls befand mich auf einer steil nach oben weisenden Lernkurve und hatte gelegentlich auch einen Erfolg zu verbuchen. So kaufte ich beispielsweise eine extrem glamouröse
Sorte, von der in der Werbung behauptet wurde, sie sei »inspiriert vom Strahlen eines Edelsteins«. Es sah tatsächlich aus, als trüge ich kleine Granaten auf den Fingerspitzen, und ich erzählte ständig dramatische Geschichten, damit ich möglichst viel gestikulieren und rote Leuchtspuren in der Luft hinterlassen konnte. Wundervolle Zeiten …
    Im Handumdrehen war ich von meinen Nägeln abhängig. Ohne sie fühlte ich mich wie Samson ohne Haare – nackt und ohnmächtig. Doch ich war nicht darauf gefasst, wie viel Pflege die Dinger brauchten. Alle zwei Wochen musste ich sie mir machen lassen, weil sie so rasant wuchsen – was echt sonderbar war, denn mein ganzes bisheriges Leben, als ich noch darauf angewiesen war, dass meine eigenen stummeligen Nägel wuchsen, hatten sich die kleinen Mistviecher geweigert, länger zu werden. Es war die gleiche Plage wie mit dem Haaransatz, nur noch schlimmer, denn um den Ansatz brauchte ich mich nur alle drei Wochen zu kümmern. Und er wächst auch nicht plötzlich über Nacht zwei Zentimeter in Grau nach – doch einen falschen Nagel abzubrechen war das Werk eines Augenblicks. Und es passierte fast ständig. Das erste Mal machte mich der Anblick von neun langen, glänzenden Klauen und einem kurzen, kahlen und seltsam geformten Stummel rasend. In alten Zeiten wäre ich eine der Ersten gewesen, die ein Mädchen, das sich über einen abgebrochenen Nagel aufregt, lauthals auslachen. Doch jetzt war alles anders. Ich wusste ganz genau, wie schlimm so etwas war, und ein abgebrochener Nagel hatte auf mich die gleiche Wirkung wie Kryptonit auf Superman. Das war eine wichtige Lektion fürs Leben: Mir wurde klar,

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