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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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überirdischen Macht des Sonnenlichts weiterzuschlafen.
    Dabei ist es keineswegs so, dass ich kein Rollo hätte. Ich habe eins. Ein gutes Leinenrollo. Ich dachte, es wäre ziemlich robust, aber in letzter Zeit kommt es einfach nicht mehr gegen das gleißende Licht an. Es könnte genauso gut gar nicht vorhanden sein. Aber das ist nicht das Schlimmste daran. O nein, das Schlimmste ist die schmale Lücke zwischen dem Rollorand und der Wand. Winzig, aber tödlich. Ein rasiermesserdünner Lichtstrahl dringt
ein und brennt sich direkt in meine Netzhaut, sodass, wenn ich wach bin, in den ersten Stunden große gelbe Bälle vor meinen Augen tanzen und ich, weil ich nicht richtig sehen kann, meine Fußcreme für Zahncreme halte und Soßenbinder für Kaffee und mir sonst noch alle möglichen anderen Dinge passieren, die für abgrundtief miese Laune sorgen.
    Das Seltsame ist, dass ich seit sechs Jahren in diesem Haus wohne und in meinem Schlafzimmer geschlafen habe, ohne den großen gelben Ball am Himmel überhaupt zu bemerken . Deshalb verstehe ich wirklich nicht, warum er jetzt plötzlich zum Problem wird. Schließlich hat doch keiner die Erdachse verschoben oder mein Schlafzimmerfenster ein paar Grad nach Osten bewegt (oder etwa doch? Könnte es sich um einen Beitrag zum Reality TV handeln ?). Daher muss ich widerstrebend eingestehen, dass es wohl an mir liegt.
    Natürlich war ich nicht schon immer so. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich jung und tolerant war. Rucksackferien in Griechenland, wo man in vorhanglosen Zimmern aufwachte, in denen es so hell war wie unter dem Suchscheinwerfer eines Helikopters bei einem Gefängnisaufstand. Und meine Reaktion darauf war stets: »Oh, seht doch, die Sonne, wie schön!« Anfang zwanzig verbrachte ich glückliche, vorhangfreie Jahre in Mietwohnungen, und es kam mir nie in den Sinn, irgendwelche »Fensterdekorationen« zu erstehen. Es gab wesentlich wichtigere Dinge, für die ich mein Geld ausgeben konnte. Friseurbesuche zum Beispiel. Alkohol. Und niedliche Notizbücher mit Fellrücken.
    Aber diese glücklichen Zeiten sind nun vorbei, ich kann das Sonnenlicht nicht mehr ertragen. Deshalb fasste ich den Entschluss, dass ein Verdunkelungsrollo die Antwort auf mein Problem war. In London durfte ich einmal die Freuden eines solchen erleben, und echt, ich sage Ihnen, das Zimmer war stockdunkel
wie ein Kohlenkeller, auch wenn draußen die Sonne noch gnadenlos herniederbrannte. Nicht mal ein Vampir hätte sich beschweren können. Es kam nicht nur kein Licht durch, sondern (und das ist das, was ich am tollsten finde) das Rollo war ans Fenster angepasst , wie ein Bild in einen Rahmen. Dank solch eines Rollos würde ich mich nie wieder mit meinem alten Ärgernis herumschlagen müssen  – mit diesem hinterlistigen Streifen Ninjalicht, der jeden Morgen meine Netzhaut ansengt.
    Voller Hoffnung rief ich also einen Rollospezialisten an. In der Firmenwerbung stand etwas in der Art von: »Rollos, Rollos, Rollos! Sie sagen uns, was Sie sich wünschen, wir haben es auf Lager! Ihr Rollo ist uns Befehl!« Viel versprechend, oder nicht?
    Hmm, nein.
    Ich erklärte dem jungen Mann (dem jungen Mann? Da sehen Sie mal, wie alt ich schon geworden bin): »Ich suche ein richtiges Verdunkelungsrollo. Haben Sie so etwas da?«
    »Aber selbstverständlich«, antwortete er mit großem Selbstvertrauen.
    »Wirklich? Großartig. Sie haben also richtige Verdunkelungsrollos, die in den Fensterrahmen eingepasst werden?«
    Eine Pause trat ein.
    Es war, als hätte ich gesagt: »Ich habe neulich eine Dokumentation gesehen, ich glaube, der Titel lautete Star Trek . Und da gab es eine tolle Maschine, mit der man weite Strecken in nur wenigen Augenblicken zurücklegen konnte. Ich bin ziemlich sicher, dass sich die Maschine Beam-me-up-Scotty nannte. Haben Sie so was auf Lager?«
    Sanft, aber unfähig, seine Heiterkeit zu verbergen, erwiderte der junge Mann: »So was gibt es nicht.«
    »Doch, ich habe eins in London gesehen.«
    »So was gibt es nicht«, wiederholte er, diesmal etwas fester.
Dann versuchte er es auf einer anderen Schiene. »Es sei denn, Sie suchen etwas für ein Velux-Fenster. Ist es so?«
    »Nein, für ein normales Fenster.«
    »Aha, gut. Dafür gibt es so was nicht.« Vermutlich hätte er am liebsten hinzugefügt: »Nehmen Sie Ihre Psychopharmaka lieber weiter.« Dann legte er auf. Und ich wusste genau, dass er sich anschließend zu seinen Arbeitskollegen umdrehte und kicherte: »Ihr werdet nicht glauben,

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