Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
was die mich gerade gefragt hat.«
Ich versuchte es bei einer anderen Firma. Und bei einer dritten. Jedes Mal begann das Gespräch recht ermutigend. Ja, sie konnten mir ein Verdunkelungsrollo besorgen. Bis ich erklärte, dass ich nicht bloß irgendein schäbiges Rollo mit schwarzem Zeug auf der Rückseite wollte. Dann war alles vorbei.
Beim fünften Versuch war ich schon ein bisschen aggressiv (meine Toleranz ist aufgrund meines fortgeschrittenen Alters etwas strapaziert, wie Sie wissen) und fragte das Mädchen, warum sie behauptete, ihre Firma könnte jede Art von Rollo liefern, wenn das doch ganz offensichtlich nicht der Fall war. Empört entgegnete sie: »O doch! Wir machen sogar Rollos für Treibhausdächer!« Als würde das irgendwas beweisen. (Tut es das? Vielleicht schon. Da ich kein Treibhaus besitze, weiß ich es nicht hundertprozentig.)
Ich gebe zu, es war ein schwarzer Tag. Ich war sehr entmutigt. Auf einmal fasste ich eine Abneigung gegen Irland. Ich wollte nicht hinterm Mond leben, an einem Ort, wo man glaubte, Treibhausrollos wären ein Durchbruch in der Rollokultur. Ich würde nach London ziehen. Oder nach New York. Oder irgendwohin, wo ich in Frieden und Freiheit leben und mir ordentliche Verdunkelungsrollos kaufen konnte.
Dann – oh, sind nicht die dunkelsten Stunden die kurz vor der Morgendämmerung? – gab mir der Freund meiner Freundin Eileen eine Telefonnummer, und ich verbannte meine Auswanderungspläne
fürs Erste aufs Regal. Ein Mann kam, um mein Fenster auszumessen. Mein richtiges Verdunkelungsrollo wird in zwei Wochen eingepasst. Ich bin ganz aus dem Häuschen.
Erstmals veröffentlicht in Cara , Oktober 2003.
Dieses Jahr müssen wir es aber wirklich schaffen, uns zu treffen
Nicht dass ich Weihnachten hassen würde – es ist schließlich die Zeit der Schokolade ohne Grenzen, wie könnte ich es also hassen? Und die Geschenke sind natürlich auch schön. Ganz zu schweigen vom Trifle am ersten Feiertag. Und es ist auch immer lustig, überausgeruhte Geschäftsmänner zu sehen, die mit großen, verrückten Rentiergeweihen schwankend im Zug zurück nach Hause sitzen und ihren Kopfputz gänzlich vergessen haben.
Aber – wie meine Mutter (eine eifrige Kirchgängerin) mir oft ins Gedächtnis ruft – es geht an Weihnachten nicht nur um Geschenkboxen und Duschgel/Körperlotion-Sets von Trésor. Nein, meine Mutter hat absolut Recht, Weihnachten ist verdammt harte Arbeit.
Ich meine damit nicht mal, dass man schon in aller Herrgottsfrühe aufstehen muss, um den Truthahn zu füllen und achttausend Kartoffeln zu schälen. (Aufgrund eines exzellenten Arrangements mit meiner Mutter drücken wir uns beide erfolgreich vor der Erkenntnis, dass ich erwachsen bin. Sie ist die Mutter, also kocht sie und hat bislang nie etwas gegessen, was ich zubereitet habe. Nie. Allerdings muss man dazu sagen, dass die meisten Leute das lieber vermeiden würden.)
Nein. Was mich an Weihnachten so nervt, sind die Weihnachtskarten. Aber was an dieser speziellen Aktivität erzeugt in mir den Wunsch, mein Leben zu beenden? Trauer darüber, dass es so viele
Leute gibt, die ich mal gekannt und zu denen ich jetzt keinen Kontakt mehr habe? Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass es eher die pure Mühsal ist, die mir das Leben aus den Adern saugt. Vor allem, wenn die Leute ellenlange Adressen haben. (Die schlimmsten Verbrecher in diesem Bereich sind diejenigen mit eigenen Hausnamen: Traveller’s Rest, Formentera Revisited etc. So eine Verschwendung! Verschwendete Tinte, verschwendeter Platz, verschwendete zehn Sekunden meiner kostbaren Zeit!)
Ich brüte über meiner Liste, einer Ansammlung von Dutzenden von Leuten, an die ich voller Zuneigung denke, die ich aber fünfzehn Jahre nicht mehr gesehen und mit denen ich nichts mehr gemeinsam habe, und schon überfällt mich eine schreckliche Trägheit. Ich wünsche mir eine kleine, harmlose Explosion im Haus, irgendetwas, was mich vom Kartenschreiben erlöst. Nächstes Jahr könnte ich dann erklären: »Tut mir Leid, aber unser Wäscheständer ist in die Luft geflogen. Noch bis weit ins neue Jahr hinein mussten wir die Unterhosen von den Hecken klauben!«
Dann ist da noch die Herausforderung, die Namen der Partner unserer Bekannten zu behalten. Soweit sie noch zusammen sind natürlich. Denn obwohl ich möglicherweise darauf brenne zu fragen: »Bist du immer noch mit dem sonderbaren Typen zusammen, der auf Kaninchen fixiert ist und dessen Bart aussieht wie
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