Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Aber seltsamerweise habe ich in Russland in fünf Tagen mehr Tränen vergossen als in meinem ganzen restlichen Leben zusammengenommen. Es waren nicht nur die Lebensgeschichten der Kinder, so herzzerreißend sie auch sein mögen. Was mich am meisten bewegte, war ihre angeborene Würde. Trotz allem, was sie hatten durchmachen müssen, waren sie nette, hoffnungsvolle menschliche Wesen. Wie ein Bund strahlend bunter Blumen in einem verbrannten Land.
Nähere Informationen unter www.torussiawithlove.ie .
Erstmals veröffentlicht im Sunday Independent, März 2004.
KURZGESCHICHTEN
Mammy Walshs Kummerkasten
Diejenigen, die schon eins der Bücher gelesen haben, in denen die Walsh-Familie vorkommt, kennen Mammy Walsh bereits. Ich hoffe, dass auch alle anderen Spaß an ihr haben.
Ich stelle vor: Mammy Walsh, Mutter, Ehefrau, Hausfrau, Friedensstifterin. Sie bauscht nichts auf, sie redet nichts schön. Mammy Walsh nennt die Dinge beim Namen.
Hallo, mein Name ist Mammy Walsh. Schicken Sie mir eine Schilderung Ihres Problems zu, und ich werde mein Bestes tun, um Ihnen zu helfen. Also, damit Sie es gleich wissen: Ich habe keine offizielle Ausbildung. Aber ich habe an der »Universität des Lebens« gelernt – mit anderen Worten, ich habe fünf Töchter, die zu verschiedenen Zeiten meinem Herzen schwer zugesetzt haben. Meine Älteste, Claire, war immer ein bisschen wild, aber schließlich heiratete sie und wurde schwanger, und ich dachte schon, alles sei in Butter, da ließ dieser Mistkerl von ihrem Ehemann sie sitzen, am gleichen Tag, als ihr erstes Kind zur Welt kam. Ich meine, am Ende wurde alles wieder gut, aber zuerst war das überhaupt nicht lustig, das kann ich Ihnen sagen. 1 Dann kam die mittlere Tochter, Rachel, auch noch auf die Idee, sie hätte ein Drogenproblem und müsse in
eine Suchtklinik, die ein Vermögen kostet. 2 Für das Geld hätten ich und Mr Walsh im Orient Express nach Venedig fahren und einen Monat in diesem Chipper-Iani-Hotel wohnen können. Dann – und das war der größte Schock überhaupt – dann läuft Margaret, die einzige gute Tochter, ihrem (zugegebenermaßen stinklangweiligen) Ehemann davon und flitzt nach Los Angeles, wo ihre Freundin Emily wohnt. 3 Anna, die Zweitjüngste, war schon immer ein bisschen wirr im Oberstübchen. Um ganz ehrlich zu sein, ich dachte, sie sei nicht ganz richtig im Kopf. Aber das zeigt mal wieder, wie man sich irren kann, denn nachdem sie jahrelang nur herumhing, hat sie jetzt einen tollen Job in New York und arbeitet für eine Kosmetikfirma. Vermutlich haben Sie von denen schon gehört, es ist so eine angesagte Marke namens Candy Grrrl, und ich und die Mädels kriegen jede Menge kostenloses Zeug, oft schon bevor man es im Laden kaufen kann. Wir sind alle furchtbar stolz auf Anna, auch wenn wir es noch gar nicht recht glauben können. Und Helen, die Jüngste, war ebenfalls eine von den total Nutzlosen, aber jetzt hat auch sie eine prima Arbeit. Sie ist nämlich Privatdetektivin, ein »Private Eye«, wie wir sie manchmal nennen. (Oder auch eine Nervensäge – Mr Walsh meint, das soll ich einfügen, aber das ist bloß seine Art Humor.) Manchmal, wenn sie sehr beschäftigt ist, bittet sie mich, mit ihr eine »Beschattung« zu machen, und wenn es nicht gerade mein Bridgeabend ist, geh ich natürlich mit, denn ich will sie schließlich nicht im Stich lassen. Zweimal hab ich ihr geholfen, in eine Wohnung einzusteigen und nach Dokumenten und anderem Kram zu suchen, und ich sag Ihnen was, Sie glauben gar nicht, wie dreckig anderer Leute Häuser sind, wenn die keinen Besuch erwarten. Von all meinen Töchtern
hat Helen wahrscheinlich den besten Job – mal abgesehen von dem Abend, als jemand einen Backstein durch unser Wohnzimmerfenster geschmissen hat, während wir EastEnders guckten, um ihr einen »heilsamen Schrecken« einzujagen.
Frage: Liebe Mammy Walsh, ich schreibe Ihnen, weil ich sonst niemanden habe, an den ich mich wenden kann. Ich glaube, meine Frau hat eine Affäre. Wir sind seit siebzehn Monaten verheiratet, aber fünf Mal im letzten Monat waren Reifenspuren in unserer Auffahrt, die nicht von meinem Auto stammen. Möglicherweise sind sie von einem Saab. (Ich fahre einen Ford Mondeo.) Dann fand ich ein Stück Folie unter meinem Kopfkissen, die aussieht, als gehört sie zu einer Kondomverpackung, aber sie ist nicht von der Marke, die ich benutze. Außerdem glotzt mein Nachbar mich auf einmal richtig mitfühlend an, so, als wäre jemand
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