Pretty Daemon
ich. »Volle fünfzehn Minuten, ehe die Gäste eintreffen. Und ich hatte schon befürchtet, ich müsste ohne dich zurechtkommen.«
»Ich liebe dich, Schatz«, sagte Stuart.
»Das solltest du auch.« Ich gab ein Kussgeräusch von mir und klappte dann das Handy wieder zu. Meine Stimmung bewegte sich rapide auf den Nullpunkt zu.
Die Kinder, die wohl spürten, dass sich ein Sturm zusammenbraute, verhielten sich auffallend still, während ich den Einkaufswagen zum Spirituosen- und Weinregal schob. Ich musste dringend unsere Hausbar wieder aufstocken, denn eines war sicher: Sobald der erste Gast eintraf, hing ich heute Abend an einem Glas.
Nachdem ich den Wagen mit Wodka, Gin, Wein, Bier und dazu passend Tonic, Orangensaft und Limonade gefüllt hatte, machte ich mich auf die Suche nach einer Belohnung für den Kleinen. Vermutlich würde ich wie üblich Timmy mit Schokolade oder Ähnlichem erpressen müssen, um in Ruhe und ohne mir dabei vor lauter Verzweiflung alle Haare einzeln auszureißen, das Essen vorbereiten zu können.
»Käsehasen!«, brüllte Timmy und brach damit sein Schweigen. Wir waren gerade vor dem Regal mit Keksen und Chips angekommen. »Bitte! Bitte! Käsehasen und Kräcker!«
Da ich die Kräcker belegen und sie unseren Gästen als Appetithäppchen anbieten konnte, ließ ich mich von Timmy dazu überreden. Auf diese Weise konnte ich mir sogar vormachen, einen Teil des Buffets selbst zubereitet zu haben.
Ich warf also die Kräcker und die Käsehasen in den Einkaufswagen und überlegte, was sonst noch infrage kam. In unserem Kühlschrank gab es nie genügend Milch, weshalb ich Allie bat, kurz auf ihren Bruder aufzupassen, während ich zum Kühlregal eilte und einen Vier-Liter-Kanister holte. Ich konnte nur hoffen, dass Timmy in der Zwischenzeit nicht einen seiner berühmten Tobsuchtsanfälle bekommen würde.
Doch leider schien mich das Glück tatsächlich verlassen zu haben.
Als ich nämlich mit der Milch in der Hand zu meinen Kindern zurückeilte, konnte ich bereits die lauten empörten Rufe meines Sohnes hören: »Nein, nein! Mami! Stinker! Stinker! Stinker! Nein! Nein!«
Ich hatte keine Ahnung, wen er mit Stinker meinte. Aber da ich annahm, dass die anderen Kunden vermutlich keine Lust hatten, Timmys Geruchsempfindlichkeit allzu lautstark mitzuerleben, eilte ich so schnell wie möglich zu dem Gang zurück, wo unser Einkaufswagen stand. Als auch noch Allie ein lautes panisches »Mami!« von sich gab, nahm ich meine Füße in die Hand.
Ich rannte um die Ecke und blieb abrupt stehen, als ich Wanda Abernathy sah. Die alte Frau wirkte diesmal weder blass noch schwach. Sie stand hinter meinem Sohn in seinem Rennwagen und presste ihm eine Grillgabel an die Kehle. Der Anblick schockierte mich dermaßen, dass mir zuerst einmal übel wurde. Mein Sohn befand sich nicht nur in Gefahr, sondern diese Frau war zudem gestern in meinem Haus gewesen. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Es war wahrhaftig nicht viel Zeit vergangen, seit sie noch quicklebendig und liebenswürdig wie immer mit meinen Kindern gespielt hatte.
Allie stand etwa einen Meter von Timmy und Wanda entfernt und wusste nicht, was sie tun sollte. Sie sah mich verzweifelt an. Als sie blinzelte, lief ihr eine Träne über die Wange.
Es wird alles gutgehen, sagte ich mir.
Ganz gleich, was ich tun musste – ich war wild entschlossen, dieser Dämonin keinerlei Gelegenheit zu geben, Timmy auch nur ein Haar zu krümmen.
Dafür musste ich allerdings schnell handeln. Momentan standen wir noch allein in dem Gang. Falls jemand anderer dazukam, würde die Situation auf einen Schlag anders aussehen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie Wanda dann reagieren würde.
»Gib mir das Schwert, und ich lasse den Jungen am Leben«, sagte sie mit einer widerwärtig süßlichen Stimme, wie sie die echte Wanda nie gehabt hatte.
»Weshalb soll ich das Schwert haben?«
»Weil du die Erwählte bist. Die Prophezeiung nennt deinen Namen, und die Zeichen weisen alle auf dich. Wenn er kommt, muss der Weg für ihn frei sein.« Sie lächelte auf dieselbe Weise, wie Wanda beim Anblick eines Kindes gelächelt hatte. »Gib uns das Schwert, oder der Junge ist tot. Du hast die Wahl.« Sie wandte sich an Allie. »Auch das Mädchen wird sterben, aber ihr Tod wird qualvoller sein. Viel qualvoller. Ein Streifen Haut nach dem anderen.«
Allie wurde bleich. Ich konnte mich gerade noch davon abhalten, zu ihr zu eilen, um sie beschützend in die Arme zu nehmen. »Lass
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