Pretty Daemon
er befürchtete, dass seine verrückte Mutter gleich wieder wie eine Irre durch die Straßen von San Diablo rasen würde. Ich drehte mich zu Timmy um und lächelte. »Du hast dich ganz toll geschlagen, Liebling«, versicherte ich ihm. »Ich glaube, schon bald werden ein paar Salzfischchen in deine Richtung schwimmen.«
»Fischchen?«
»Für so brave Jungen wie dich? 0 ja.«
»O ja!« Timmys Tränen verschwanden ebenso wie seine verzweifelte Miene. Wie es schien, war das Leben mit fast drei Jahren einfacher zu bewältigen. Aber mit fast vierzig? Ich hatte Probleme, die sich mit Salzgebäck leider nicht so leicht aus der Welt räumen ließen.
Ich löste den Sicherheitsgurt und stieg aus. Eine Weile stand ich da und genoss es, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Natürlich war das eine Illusion. Mit Eric an meiner Seite konnte ich jeden Moment ins Wanken geraten – und das meist ohne Vorwarnung. Aber das Gefühl, auf gleicher Augenhöhe mit ihm zu sprechen, anstatt vor ihm zu sitzen und mich verletzlich zu fühlen, gab mir eine gewisse Stärke, die ich dringend brauchen konnte.
»Was ist passiert?«
»Ich habe ihn fast umgebracht«, sagte David mit ausdrucksloser Stimme. »Ich habe diesen Mistkerl beinahe umgebracht. Der kleine Widerling hat mich angegriffen, und ich wollte ihn nur noch tot sehen. Es war fast so, als ob in mir ein wildes Feuer lodern würde.«
Offenbar hatte ihn der Dämon stärker verärgert, als das normalerweise bei einem Dämonenangriff der Fall war. Ich verstand allerdings nicht ganz, warum. »Du bist doch auch dazu ausgebildet worden, Dämonen umbringen zu wollen«, gab ich zu bedenken.
»Es geht nicht um einen Dämon«, entgegnete er. »Ich hätte fast einen Menschen getötet. Der Kerl hat nämlich versucht, mich umzubringen.«
»Vielleicht war es ein menschlicher Diener«, sagte ich, als wir im Wagen saßen und in Richtung Jahrmarkt fuhren, wo wir gemeinsam nach der Wahrsagerin mit dem Amulett suchen wollten. »Es könnte doch ein Handlanger Abaddons gewesen sein.« Dämonen benutzten immer wieder Menschen für ihre Zwecke, weshalb meine Idee durchaus Hand und Fuß hatte.
»Nein, das war kein Diener«, erwiderte David. Er klang noch immer aufgebracht.
»Erklär mir das. Warum sollte dich ein Mann einfach so aus heiterem Himmel heraus angreifen, wenn er nicht für irgendwelche Dämonen arbeitet?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er. Aber seine Worte klangen nicht sehr überzeugend. Ich sah, wie er mit seinem Stock auf den Boden des Wagens klopfte, als ob er in Gedanken nicht ganz bei mir wäre.
»Eric«, murmelte ich leise. Allmählich machte ich mir Sorgen. »Was ist hier los? Geht es um die Lazarus-Knochen?« Allein diese Möglichkeit in Betracht ziehen zu müssen ließ mich in Schweiß ausbrechen. Hatte vielleicht jemand erfahren, was geschehen war, und hielt David nun für eine Ausgeburt der Hölle? Aber wie? Würde man dann auch mich bestrafen, weil ich ihn ins Leben zurückgeholt hatte?
Den restlichen Weg legten wir schweigend zurück. Ich wusste kaum mehr, wohin mit meinen Schuldgefühlen und der Angst. David hingegen blickte aus dem Fenster und war in Gedanken ganz woanders.
Wir parkten den Wagen am Pacific-Coast-Highway und liefen dann gemeinsam zum Zelt der Wahrsagerin. Ich trug Timmy, der sich eng an mich schmiegte.
Zum Glück befanden sich die Frau und ihr Zelt noch an der selben Stelle wie beim letzten Mal.
»Sie«, sagte die Wahrsagerin, als sie von dem mit Seidentüchern bedeckten Tischchen aufblickte, an dem sie saß. Auf dem Tischchen lag eine Kristallkugel auf einem goldenen Reifen. Der Blick der Frau wanderte zu David, der kurz nach mir ins Zelt getreten war. »Und wie ich sehe, haben Sie einen Freund mitgebracht.«
»Wer sind Sie?«, wollte ich ohne Umschweife wissen und setzte Timmy auf meine Hüfte, damit ich das Stilett in meiner Handtasche jederzeit herausholen konnte. »Und lügen Sie uns nicht an. Ich möchte alles über das Himmelsschwert wissen.«
»Ich weiß nichts von einem Schwert, Kate«, erwiderte die Frau mit fester Stimme. Ihre Augen hielt sie auf mein Gesicht gerichtet.
Wachsam blickte ich sie an. »Dann sagen Sie uns, was Sie wissen. Abgesehen von meinem Namen.«
»Ich kenne ihn«, erklärte sie und zeigte über meine Schulter. Ich hörte, wie David einen seltsamen Zischlaut von sich gab.
Als ich mich umdrehte, entdeckte ich einen ziemlich lädierten und blutverschmierten Dukkar. Er stand hinter David und hielt ihm die scharfe
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