Pretty Daemon
meine Augen auf die Fahrbahn. »So etwas geht, meinst du?«
»Offenbar. Allie hat in einem alten Text einen Hinweis darauf gefunden«, sagte er voll väterlichen Stolzes.
»Aber warum? Welcher Vorteil sollte sich daraus für die beiden ergeben?«
»So weit sind wir leider nicht mehr gekommen«, musste David zugeben. »Da hast du angerufen, und wir mussten abbrechen.«
»Verstehe«, erwiderte ich finster. »Aber wohin müssen wir jetzt?«
»Das ist die große Frage«, meinte er. »Es könnte überall sein.«
Mein Handy klingelte. David klappte es auf und stellte es laut, damit wir beide mithören konnten. »Leider hatte ich kein Glück«, ertönte Lauras Stimme. »Ich kann nichts finden. Das Einzige, was mir einfällt, ist eine Kirche. Die ganzen religiösen Hinweise scheinen darauf hinzudeuten.«
»Im Schatten des Herrn«, murmelte David.
»Dann fahren wir zur Kathedrale«, schlug ich vor.
»Das ist aber nicht die einzige Kirche in der Stadt«, gab Laura zu bedenken.
»Das nicht«, entgegnete ich. »Aber sie ist die älteste. Und wir wissen, dass sich schon früher einmal Dämonen für diesen Ort interessiert haben.«
Da die beiden auch keinen besseren Vorschlag hatten, fuhr ich also in Richtung Kathedrale. Laura versprach, währenddessen weiterzusuchen. David klappte das Handy zu, und ich begann noch schneller als bisher zu rasen, meine beide Hände fest ans Lenkrad geklammert.
»Wird er Allie nichts antun?«, fragte David. »Stuart, meine ich.«
Ich warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Natürlich nicht«, erwiderte ich. »Allerdings bin ich ihm eine Erklärung schuldig. Ich hätte es ihm schon vor langer Zeit sagen sollen.«
»Es tut mir leid. Ich wollte nie…«
»Nicht jetzt«, unterbrach ich ihn schärfer als beabsichtigt. Ich holte tief Luft. »Momentan will ich nicht darüber nachdenken. Zuerst müssen wir herausfinden, wohin es geht. Und dann diese Dämonen aufhalten, ehe sie sich zusammentun – oder was auch immer sie vorhaben.«
Man erreichte die Kathedrale, die auf einem der höchsten Hügel von San Diablo stand, über eine schmale gewundene Straße. Ich raste sie in einem gefährlichen Tempo hinauf. Der Motor des Mietwagens gab sein Bestes, während ich einen langsam dahinkriechenden Lastwagen in einem waghalsigen Manöver überholte. David klammerte sich ängstlich an das Armaturenbrett.
»Sorry.«
»Du musst dich nicht entschuldigen«, sagte er. »Fahr so schnell du kannst.«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Wir rasten den restlichen Hügel hinauf. Der Parkplatz vor der Kathedrale war voller Autos, denn die Gründonnerstagsmesse hatte bereits begonnen. Ich stellte den Wagen auf dem Behindertenparkplatz ab, und wir sprangen heraus.
»Und wohin jetzt?«, fragte ich, während ich das Himmelsschwert vom Rücksitz nahm. Derart ausgerüstet, würde ich zwar etwas auffallen, doch momentan gehörte Unauffälligkeit nicht zu meinen Prioritäten.
»Schau in der Kirche nach«, schlug David vor. »Ich sehe mich hier draußen um.«
Ich warf einen Blick in die Kirche, wo alles normal zu verlaufen schien. Der Bischof war gerade dabei, seine Predigt zu beenden. Ich schloss das Kirchenportal so leise wie möglich hinter mir.
Draußen traf ich wieder auf David. »Nichts«, sagte er enttäuscht.
»Die Kirche könnten die Dämonen sowieso nicht betreten«, gab ich zu bedenken. »Es sei denn, das Ritual verlangt von einem der beiden besondere Qualen.«
Ein Dämon vermag nicht über geweihten Boden zu gehen, ohne unerträgliche Schmerzen zu leiden. Doch leider brachte uns das nicht weiter. Nun wussten wir zwar, dass das Ritual nicht in der Kathedrale stattfinden sollte, aber mit einem anderen Vorschlag konnte keiner von uns aufwarten.
»Es muss irgendwo hier in der Nähe sein«, meinte David. »Schließlich heißt es ›Im Schatten des Herrn‹. Das muss doch Nähe bedeuten.«
Dem konnte ich nur beipflichten. Allerdings waren keine Schatten zu sehen. Die Sonne war bereits untergegangen, und es war zudem ein bedeckter Tag gewesen.
»Dort ist Westen«, sagte ich. »Das bedeutet, dass unser Ereignis bei Sonnenuntergang…« Ich warf ihm einen gestressten Blick zu, da seitdem mindestens zehn Minuten vergangen waren. »… im Osten stattfinden muss, da die Schatten abends in Richtung Osten zeigen.«
Wir drehten uns beide um und sahen über den Parkplatz zu den Bäumen hinüber, deren Kronen von hier oben gerade noch zu sehen waren.
»Der Park«, sagte ich und dachte an die Unterhaltung, die
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