Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
was ihnen im vergangenen Monat passiert war: die Pillen, der steigende Prickel-Faktor des Heilmittels und Zanes entsetzliche Kopfschmerzen.
    "Also hatte Shay Recht, was euch angeht!", sagte er. "Deshalb habt ihr euch so verändert ..."
    Shay war die Einzige gewesen, die Tally darauf angesprochen hatte, aber sicher hatten alle Krims die Veränderungen re gistriert und sich gefragt, was da passiert war. Alle wollten sie dieses neue prickelnde Lebensgefühl haben, das Tally und Zane besaßen. Jetzt, da Fausto wusste, dass es ein Heilmittel gab, dass man einfach nur eine Pille zu nehmen brauchte, würde es ihm vielleicht nicht mehr so verrückt vorkommen, im Stößel ein paar Hände zu riskieren.
    Tally seufzte. Vielleicht war es ja nicht verrückt. Noch heute Morgen hatte sie gezögert, Zane ins Krankenhaus zu bringen, hatte vielleicht kostbare Minuten damit vertan, im Regen zu warten - hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt und nicht nur eine Hand.
    Sie schluckte. Was für ein Wort hatte Fausto da noch benutzt? Verflüssigt?
    Der gläserne Gegenstand wuchs in den Händen der Frau, aus Blasen bildeten sich überlappende Schichten, die ungeheuer zart aussahen, unmöglich zu reparieren, falls sie zerbrachen. Die Frau hielt das glühende Objekt vorsichtig fest; es gab Dinge, die eben nicht zusammengeflickt werden konnten, wenn man sie zerbrach.
    Tally dachte an Davids Vater, Az. Als Dr. Cable versucht hatte Az’ Erinnerungen zu löschen, hatte dieser Prozess ihn umgebracht. Das Gehirn war noch zerbrechlicher als die menschliche Hand - und sie hatten alle keine Ahnung davon, was sich jetzt in Zanes Kopf abspielte.
    Sie schaute ihren eigenen linken Handschuh an und krümmte langsam die Finger. War sie mutig genug, um die Hand zwischen die Metallkiefer des Stößels zu schieben? Vielleicht.
    "Bist du sicher, dass wir die New Smokies da draußen finden können?", fragte Fausto gerade. "Ich dachte, die hätten sich schon seit einer Weile nicht mehr blickenlassen."
    "Die Uglies, die wir heute Morgen getroffen haben, sagen, es gibt Anzeichen dafür, dass sie wieder da sind."
    "Und sie können dich heilen?"
    Jetzt hörte Tally es in Faustos Stimme - er versuchte die Sache vor sich selbst zu rechtfertigen, sprach es laut aus, langsam, aber sicher, und letztlich würde er sich bereit erklären, den Stößel zu bedienen. Auf eine entsetzliche Weise ergab das alles sogar einen Sinn. Irgendwo draußen in der Wildnis existierte ein Heilmittel f+r Zanes Qualen, und wenn sie ihn nicht hinbringen könnten, wäre er ohnehin so gut wie tot.
    Was für eine Rolle spielte es da, eine Hand aufs Spiel zu setzen?
    Tally drehte sich um und sagte: "Ich mach es. Ich drücke auf die Hebel."
    Die beiden sahen sie einen Moment lang verblüfft an, dann lächelte Zane. "Gut. Es ist mir lieber, wenn du es tust."
    Sie schluckte. "Warum?"
    "Weil ich dir vertraue. Ich will ja nicht zittern."
    Tally atmete tief durch und versuchte die Tränen aus ihren Augen zu drängen. "Da sollte ich wohl Danke sagen."
    Es folgte ein Augenblick unbehaglichen Schweigens.
    "Bist du sicher, Tally?", fragte Fausto dann endlich. "Ich könnte es auch machen."
    "Nein. Das ist meine Aufgabe."
    "Na gut, kein Grund, noch zu warten." Zane ließ seine Winterjacke auf den Boden fallen. Er wickelte den Schal von seinem Handgelenk und streifte den Handschuh ab, der seine Manschette verdeckt hatte. Seine nackte Hand sah neben dem wuchtigen dunklen Stößel dünn und zerbrechlich aus. Zane ballte die Faust, schob sie in den Sektkübel und fuhr zusammen, als das eisige Wasser seine Körperwärme verzehrte. Mach dich bereit, Tally."
    Sie schaute auf die Rucksäcke auf dem Boden, griff zur Sicherheit nach ihrem Bauchsensor, überprüfte ein weiteres Mal die Hubbretter am Rand der Halle; die Drähte auf der Unterseite waren auseinandergerissen und nicht mehr mit dem Stadtsystem verbunden. Sie waren aufbruchbereit.
    Tally schaute ihre Manschette an. Wenn die von Zane erst einmal zerstört war, würde das Spürsignal unterbrochen sein. Und dann mussten sie sofort Tallys Manschette erledigen und sich in Bewegung setzen. Allein bis zum Stadtrand würde es schon lange genug dauern.
    Zwei Dutzend Krims warteten überall auf der Insel, bereit sich draußen in der Wildnis zu verteilen und die Verfolger in möglichst viele Richtungen zu locken. Alle hatten Römische Kerzen in einer besonderen Farbmischung - lila und grün - um die Nachricht zu verbreiten, dass Zane und Tally frei waren.
    Frei.
    Tally

Weitere Kostenlose Bücher