Pretty - Erkenne dein Gesicht
vermasselt und wieder war es ihre Schuld. Irgendwann überwältigte Tallys Erschöpfung ihre Sorgen und sie versank in einen gequälten Schlaf.
Allein
Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin.
Sie war in einem hohen Turm eingesperrt, einem Turm, dessen intelligente Wände kluge Löcher aufwiesen, die ihr einfach alles geben konnten: Essen, fantastische Freunde, wunderbare Kleidung. Und das Beste von allem war das Spieglein an der Wand, in dem die Prinzessin den ganzen Tag sehen konnte, wie schön sie war.
Das einzige Problem war, dass kein Weg aus dem Turm hinausführte. Die Konstrukteure hatten vergessen einen Fahrstuhl oder wenigstens eine Treppe einzubauen. Die Prinzessin war also gefangen.
Eines Tages ging der Prinzessin auf, dass sie sich langweilte. Der Blick aus dem Turm - sanfte Hügel, Wiesen mit weißen Blumen und ein tiefer dunkler Wald - faszinierte sie. Sie verbrachte mehr Zeit am Fenster als vor ihrem Spiegelbild, wie das bei unangepassten Mädchen ja oft der Fall ist.
Und es war ziemlich klar, dass kein Prinz auftauchen würde, oder zumindest war er ganz schön spät.
Also blieb ihr nichts anderes übrig, als aus dem Turm zu springen.
Das Loch in der Wand gab ihr einen wunderschönen Sonnenschirm, der ihren Fall abbremsen sollte, und ein prachtvolles Kleid, das sie auf den Wiesen und im Wald tragen könnte, dazu einen Messingschlüssel, damit sie wieder in den Turm zurückkehren könnte wenn nötig. Aber die Prinzessin lachte stolz und warf den Schlüssel in den Kamin, denn sie war überzeugt, dass es keinen Grund geben würde, in den Turm zurückzukehren. Ohne einen weiteren Blick in den Spiegel schritt sie hinaus auf den Balkon und hinein in die Leere.
Es war nur so, dass es sehr weit war bis nach unten, viel weiter als die Prinzessin angenommen hatte, und der Sonnenschirm erwies sich als völliger Schrott. Im Fallen ging der Prinzessin auf, dass sie um eine Bungeejacke oder einen Fallschirm hätte bitten sollen, oder zumindest um irgendetwas, das besser war als ein Sonnenschirm.
Sie schlug hart auf den Boden auf und blieb dort liegen wie ein Häufchen Elend, voller Schmerzen und verwirrt, und sie begriff nicht, wie das alles so gekommen war. Es war kein Prinz in der Nähe, der sie aufhob, ihr neues Kleid war ruiniert und durch ihren Stolz gab es keinen Weg zurück in den Turm.
Und das Schlimmste war, dass es in der Wildnis kein Spieglein gab, und deshalb wusste sie nicht, ob sie überhaupt noch schön war... oder ob der Sturz die Geschichte total verändert hatte.
***
Als Tally aus diesem Pfusch-Traum erwachte, hatte die Sonne die Hälfte des Himmels schon durchlaufen.
Sie kämpfte sich aus der saugenden Umarmung des Schlamms frei und kam mühsam auf die Beine. Irgendwann während der Nacht hatte ihre Winterjacke aufgehört zu heizen. Ohne Batterien war sie nichts als ein kaltes Stück Stoff, das auf Tallys Haut klebte, sie war noch immer feucht vom Bad im Fluss und roch seltsam. Tally riss sich die Jacke vom Leib und legte sie über einen breiten Felsen in der Hoffnung, dass die Sonne sie trocknen würde.
Zum ersten Mal seit Tagen zeigte sich der Himmel wolkenlos. Aber die klare Luft war kalt und scharf geworden - das wärmere-Wetter, das den Regen begleitet hatte, war auch wieder mit ihm verschwunden. Auf den Bäumen glitzerte Reif und der Schlamm war mit einer dünnen Frostschicht bedeckt, die unter Tallys Füßen knackte.
Ihr Fieber war verflogen, aber im Stehen wurde es Tally schwindlig, deshalb kniete sie sich neben ihren Rucksack, um seinen Inhalt durchzugehen - alles, was ihr geblieben war. Fausto hatte einiges von der üblichen Smokey-Überlebensausrüstung auftreiben können: ein Messer, Wasserfilter, Positionsfinder, Feuerzünder und einige Sicherheitsstrahler, dazu ein paar Dutzend Seifenstücke. Weil sie sich daran erinnert hatte, wie wertvoll dehydrierte Nahrung in Smoke gewesen war, hatte Tally genug für etwa drei Monate eingepackt, alles in wasserdichte Folie gehüllt. Als sie die zwei Rollen Toilettenpapier sah, die im Rucksack steckten, stieß Tally allerdings ein Stöhnen aus. Sie waren völlig durchnässt und eigentlich nur noch glitschige weiße Fussel. Sie legte sie neben ihre Jacke auf den Felsen, obwohl es wahrscheinlich sinnlos war, sie trocknen zu wollen.
Sie seufzte. Nicht einmal in ihren Smokey-Zeiten hatte sie sich an die Sache mit den Blättern gewöhnen können.
Tally fand ihren erbärmlichen Reisighaufen und erinnerte sich daran, wie sie in
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