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Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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wieder eiskalt werden, das wusste sie.
    Trockenes Reisig zu finden war leicht und Tally wog ein paar kleine Holzscheite in der Hand, um die leichtesten zu finden, da sie am wenigsten Wasser enthalten würden. Ihr ganzes Smokey-Wissen schien sich wieder eingestellt zu haben, und vom Pretty-Denken war nach ihrer Flucht nichts übrig geblieben. Jetzt, da sie die Stadt verlassen hatte, war Tally endgültig geheilt.
    Aber sie zögerte, ehe sie den Feuerzünder ansetzte, eine unbestimmte Angst hielt sie zurück. Der Wald machte noch immer seine Geräusche - tropfendes Wasser, schreiende Vögel, kleine Tiere, die zwischen den Bäumen herumhuschten - und es war leicht, sich vorzustellen, dass etwas sie aus den dunklen Stellen zwischen den Bäumen beobachtete.
    Tally seufzte. Vielleicht dachte sie ja doch noch wie eine Pretty und erfand unsinnige Geschichten über den leeren Wald. Je länger sie hier draußen allein war, umso besser konnte Tally verstehen, warum die Rusties und ihre Ahnen an unsichtbare Wesen geglaubt, warum sie gebetet hatten, um die Geister zu besänftigen, während sie die Natur um sich herum zerstörten.
    Aber egal, Tally jedenfalls glaubte nicht an Geister. Wenn sie sich über etwas Sorgen machen musste, dann über die Specials, und die suchten sicher am Fluss, viele Kilometer von ihr entfernt. Es war dunkel geworden, während sie das Feuer aufgeschichtet hatte, und sie fing schon an zu frieren. Sie konnte es nicht riskieren, hier allein in der Wildnis noch einmal Fieber zu bekommen.
    Der Feuerzünder in ihrer Hand erwachte zum Leben, Tally hielt ihn an die Zweige und eine Flamme loderte auf. Sie fütterte das Feuer mit größeren und längeren Zweigen, bis es stark genug war, um die leichtesten Holzscheite zu erfassen, dann legte sie die anderen an den Rand, um sie zu trocknen.
    Bald war es so heiß, dass Tally ein wenig zurückwich, und sie spürte, zum ersten Mal seit Tagen, wie ihr schien, die Wärme in ihre Knochen kriechen .
    Sie starrte lächelnd in die Flammen. Die Natur war hart, sie konnte gefährlich sein, aber anders als Dr. Gable oder Shay oder Peris - anders als Menschen überhaupt - ergab sie einen Sinn. Die Probleme, vor die sie einen stellte, konnten mit Vernunft gelöst werden. Wenn man friert, macht man ein Feuer. Wenn man irgendwohin muss, geht man hin. Tally wusste, dass sie es bis zu den Ruinen schaffen konnte, ob mit oder ohne Hubbrett unter ihren Füßen. Und von dort aus würde sie irgendwann Zane und New Smoke finden und dann wäre alles gut.
    In dieser Nacht, dachte Tally glücklich, würde sie gut schlafen. Auch ohne Zane neben sich hatte sie ihren ersten Tag der Freiheit in der Wildnis überstanden, sie war noch immer prickelnd und noch immer unversehrt.
    Sie legte sich hin und sah zu, wie das Feuer warm neben ihr pulsierte. Nach einer Weile flatterten Tallys Augenlider, dann fielen sie zu.
    Tally war tief in schönen Träumen versunken, als sie von den Schreien geweckt wurde.

 
Jagd
    Zuerst glaubte sie an einen Waldbrand.
    Flammen bewegten sich zwischen den Bäumen, sie warfen zitternde Schatten über die Lichtung und jagten wie wilde brennende Insekten durch die Luft. Überall war Geschrei zu hören, unmenschliches Kreischen und unverständliche Wörter.
    Tally kam mühsam auf die Beine und stolperte prompt über die Reste ihres Feuers. Die Glutreste erwachten funkend zum Leben. Sie spürte heiße Nadeln durch ihre Stiefelsohlen und fiel in die glühende Asche. Wieder hörte sie aus der Nähe einen Schrei - einen schrillen Wutausbruch. Eine menschliche Gestalt kam auf sie zu gerannt, in der Hand hielt sie eine Fackel. Die Fackel zischte bei jedem Schritt, als ob sie ihren Träger antreiben wollte.
    Die Gestalt schwenkte etwas hin und her - einen langen, polierten Stock, der im Feuerschein leuchtete. Tally sprang gerade noch rechtzeitig zurück und die Waffe pfiff durch leere Luft. Sie ließ sich rückwärts auf dem Boden fallen und spürte das Brennen der Asche in ihrem Rücken. Sie sprang auf, wirbelte herum und stürzte auf die Bäume zu. Eine weitere Gestalt vertrat ihr den Weg und schwenkte ebenfalls eine Keule.
    Das Gesicht des Mannes war von einem Bart verdeckt, aber sogar im flackernden Licht der Fackel konnte Tally sehen, dass es ein Ugly war – fett, mit aufgedunsener Nase, die bleiche Haut seiner Stirn voller pockenartiger Narben. Er hatte außerdem Ugly-Reflexe- schwang seine Keule langsam und vorhersehbar. Tally rollte unter der Waffe hindurch und trat zu, um

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