Pretty Little Liars - Herzlos: Band 7
Spencer schoss zur Kücheninsel und versuchte, unbeteiligt und ahnungslos zu wirken. Ihre Mutter kam von ihrem morgendlichen Spaziergang zurück und hatte die beiden Labradoodle der Familie an einer
Doppelleine. Spencer hörte, wie die Tür zur Waschküche zuknallte, dann sah sie Melissa, die um das Haus herum zur Einfahrt stürmte.
Mrs Hastings leinte die Hunde ab und legte die Leine auf die Kücheninsel. »Hi, Spence«, sagte sie mit viel zu fröhlicher Stimme, als wolle sie unbedingt entspannt und lässig rüberkommen. »Schau dir die Handtasche an, die ich gestern Abend im Einkaufszentrum entdeckt habe. Kate Spades Frühjahrskollektion ist einfach traumhaft.«
Spencer konnte nicht antworten. Ihre Glieder zitterten und ihr Magen fühlte sich zerfetzt an. »Mom«, sagte sie schwach. »Worüber hast du gerade mit Melissa geredet?«
Mrs Hastings drehte sich schnell zur Kaffeemaschine um und schenkte sich eine Tasse ein. »Ach, nichts Wichtiges. Über das Zeug, das sie noch für ihr Stadthaus braucht.«
Das Telefon klingelte wieder, aber Spencer machte keine Anstalten, den Anruf anzunehmen. Ihre Mom schaute auf das Telefon, dann auf Spencer, ging aber ebenfalls nicht dran. Als der Anrufbeantworter drangegangen war, berührte sie Spencers Schulter. » Alles okay?«
In Spencers Kehle steckten unzählige Worte fest. »Danke, Mom. Mir geht’s gut.«
»Willst du wirklich nicht darüber reden?« Eine Sorgenfalte formte sich zwischen Mrs Hastings’ perfekt gezupften Augenbrauen.
Spencer wandte den Blick ab. Sie wollte mit ihrer Mom über so vieles reden, aber all das schien tabu zu sein. Warum hatten ihre Eltern ihr nie erzählt, dass ihr Dad zusammen
mit Alis Dad in Yale Jura studiert hatte? War das ein Grund dafür, dass Mrs Hastings Ali nicht gemocht hatte? Als Ali nebenan gewohnt hatte, waren die Familien sich kühl aus dem Weg gegangen und hatten sich verhalten wie Fremde. Als Spencer in der dritten Klasse freudig verkündet hatte, dass ein Mädchen in ihrem Alter nebenan eingezogen war und sie es gerne besuchen würde, hatte Spencers Dad sie am Arm gefasst und gesagt: »Wir sollten ihnen nicht auf die Pelle rücken. Lass sie sich erst einmal einleben.«
Als Ali Spencer dann zu ihrer besten Freundin machte, wirkten ihre Eltern … nun ja, nicht gerade verärgert, aber auch nicht sonderlich begeistert. Mrs Hastings hatte Spencer nie aufgefordert, Ali zum Abendessen einzuladen. Das machte sie sonst immer, wenn Spencer eine neue Freundschaft geschlossen hatte. Damals hatte Spencer geglaubt, ihre Eltern seien nur neidisch – sie dachte, auf Alison müssten alle neidisch sein, sogar Erwachsene. Aber offenbar hatte Spencers Mom ihre Freundschaft zu Ali als ungesund für sie eingestuft.
Ali hatte sicherlich ebenfalls nicht gewusst, dass ihre Väter gemeinsam in Yale gewesen waren – sonst hätte sie es definitiv erwähnt. Sie machte allerdings oft abwertende Bemerkungen über Spencers Eltern. Meine Eltern halten deine Eltern für protzig. Braucht ihr denn wirklich noch einen Anbau? Und am Ende ihrer Freundschaft hatte sie Spencer mit vor Verachtung triefender Stimme immer wieder Fragen über ihren Vater gestellt. Warum trägt dein Dad diese
engen Schwuchtel-Klamotten, wenn er Rad fahren geht? Warum nennt dein Dad seine Mutter immer noch »Nana«? Igitt!
»Deine Eltern werden nie zu unseren Gartenpartys eingeladen werden«, hatte Ali kurz vor ihrem Verschwinden verkündet. Und so, wie die Dinge zwischen ihnen standen, hätte sie auch hinzufügen können: Und du auch nicht.
Spencer hätte ihre Mutter gerne gefragt, warum die Familien so getan hatten, als würden sie sich nicht kennen. Du findest das schon verrückt?, hatte A. geschrieben. Dann durchsuch noch mal die Festplatte deines Dads – guck nach dem Buchstaben J.
Spencers Hände begannen zu zittern. Und wenn A. sie nur verarschte? Endlich verstand sie sich besser mit ihrer Mutter. Andrew hatte recht. Warum schlafende Hunde wecken, solange sie noch nicht alle Informationen hatte?
»Bin gleich zurück«, murmelte sie und schob ihre Schale mit Haferbrei in die Spüle.
»Okay, aber komm bald wieder runter. Ich will dir zeigen, was ich gekauft habe«, zwitscherte Mrs Hastings.
Der erste Stock roch nach Scheuermittel und der Lavendel-Handseife aus dem Flurbadezimmer. Spencer drückte die Tür zu ihrem Zimmer auf und schaltete das brandneue MacBook Pro ein, das ihre Eltern ihr gerade gekauft hatten. Ihr alter Computer hatte letzte Woche den Geist aufgegeben
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